My sir, it’s Mysore

Dieser Morgen beginnt ähnlich früh wie mein letzter, dank der benachbarten Moschee neben dem Hotel sitze ich pünktlich zum ersten Gebetsruf senkrecht im Bett. Zu meinem Glück hat aber ein schlauer Mensch Ohropax erfunden und deshalb ignoriere ich den Weckruf und bleibe noch ein wenig im Bett liegen.

Wahrsager! Im Hotel!

Wahrsager! Im Hotel!

Das Hotel bedarf an dieser Stelle übrigens schon allein deshalb einer Erwähnung, weil es sogar über einen hauseigenen Wahrsager verfügt. Die zentrale Lage und das sehr günstige Zimmer sind in diesem Zusammenhang vielleicht eher zweitrangige Informationen. (Vielleicht auch nicht. Aber ein Wahrsager toppt halt schon ziemlich viel.)

Nach dem Frühstück setze ich meine Stadtbesichtigung am gleichen Ort fort, an dem ich den vorherigen Tag beendet hatte: Auf dem Devaraja-Markt. Da ich am Vorabend kurz nach einem heftigen Gewitter unterwegs war und ich teilweise durch knöchelhohes Wasser gewatet bin, möchte ich nun den Markt noch einmal im trockenen Zustand und bei Tageslicht sehen.

Devaraja-MarktDevaraja-MarktDevaraja-MarktDevaraja-MarktDanach wandere ich durch Mysores Straßen bis zum Jaganmohan-Palast, der heute eine Kunstgallerie beherbergt. Leider kommen gleichzeitig mit mir ungefähre 10 Reisebusse voll mit Schülern an (das ist weder ein Witz noch eine stilistische Übertreibung). So wird der Museumsbesuch ein wenig lauter und voller als erwartet.

Jaganmohan-PalastMeine wundervolle Kollegin hatte mir noch empfohlen zum Chamundi-Hill, dem Hausberg Mysores, zu fahren. Dorthin fährt sogar ein Stadtbus und den finde ich sogar auch noch auf Anhieb. (Ein Jackpot-Moment.) Mein Reiseführer erzählt mir, dass es auf dem Berg einen Tempel gibt, dass er neben dem Palast Mysores wichtigstes Ausflugsziel ist und das er auch bei Indern sehr beliebt ist.

Mein Kopf ist allerdings noch auf (nord)europäische Dimensionen von Menschenansammlungen eingestellt und so staune ich bei meiner Ankunft sowohl die Menschenmassen als auch die Stände und Verkäufer an. Vielleicht sollte ich mal anfangen, meinem Reiseführer zu glauben, wenn der mir erzählt, dass ich viele Menschen erwarten soll.

Chamundi HillChamundi HillSuchbild. Wer findet den Affen?

Chamundi HillAngesichts der Schlange verzichte ich auf einen Tempelbesuch...

Angesichts der Schlange verzichte ich auf einen Tempelbesuch…

Für den Rückweg entscheide ich mich spontan für einen anderen Bus, allein weil ich den letzten Punkt seiner Route als eine weitere Sehenswürdigkeit wiedererkenne. Der Busfahrer warnt mich zwar, dass man nur in der Nähe halten würde, aber ich fühle mich gerade ein wenig abenteuerlustig und steige trotzdem ein. Es stellt sich heraus, dass der Bus auf der anderen Seite des Berges runterfährt und einen etwas größeren Schlenker über ein Dorf außerhalb der Stadt macht. Ich finde es aber eher witzig als irgendwas anderes und genieße die Aussicht über die Felder. Und die frische Luft. Es gibt Momente, da vermisse ich frische Luf (kann ich mir auch nicht erklären). Jetzt atme ich tief ein und freue mich über den Augenblick.

Feld„In der Nähe“ stellt sich ein wenig später als circa 1 km Entfernung heraus, die ich in Mittagshitze und mit Gepäck zurücklege, bevor ich an der St. Philomena-Church ankomme. Ich bin einfach nur platt und möchte fast behaupten, dass sich die Kirche nicht gelohnt hat. Das kann aber auch nur die Erschöpfung und die Unterzuckerung sein, wer weiß. Immerhin ein Foto habe ich gemacht, von daher: Seht selbst.

St. Philomena ChurchMeine Rückfahrt nach Bangalore verläuft unproblematisch. Im Bus werde ich von einem indischen Film unterhalten. Leider war der auf Kannada. Ich versuche, die Storyline zu verstehen, scheitere aber auf ganzer Linie. Auf jeden Fall ging es um Liebe und getanzt wurde auch, so viel kann ich wiedergeben.

In Bangalore angekommen, stellt sich der Weg vom Busbahnhof bis zu mir nach Hause als die Schwierigkeit des Tages heraus. Nach bester Deutscher-Bahn-im-Winter-Tradition wird immer noch ein Fahrgast mehr in den Bus gedrückt, bis ich mich wie in der vielzitierten Sardinenbüchse fühle. Nur, dass die Büchse in diesem Fall zusätzlich noch in der Sauna liegt. Über zwei Stunden brauche ich für den Weg, den ich am Vortag in einer Stunde zurückgelegt habe. Der Verkehr zur Rush-Hour ist buchstäblich der Wahnsinn und ich bin mehr als froh, als ich endlich ankomme. Alles in allem war meine Reise ein voller Erfolg.

MysoreMysoreFür den Titel gibt es übrigens keine Story oder Erlebnis oder irgendwas, dass ihn relevant werden lässt. Aber ihr glaubt doch nicht, dass ich mir so einen fantastisch schlechten Wortwitz entgehen lasse?