Mein Wecker klingelt viel zu früh. Eigentlich wollte ich das Haus zwischen 6 und 7 Uhr verlassen und eigentlich hätte mir klar sein sollen, dass ich das nicht schaffe. Ich beschließe, meinen eigenen Zeitplan nicht ernst zu nehmen und mache mich leicht verspätet auf den Weg.
Zwischen mir und der Abreise steht allerdings noch die Aktion Geld abheben. Das ist leider manchmal ein bisschen schwieriger als angedacht, doch 20 Minuten später verlasse ich die fünfte Bank strahlend mit meinem Geld.

Dann mache ich mich auf den Weg nach Mysore. Mysore liegt gute 140km südwestlich von Bangalore und gehört nach allgemeiner Übereinstimmung zu einem der Must-sees Karnatakas (das ist der Bundesstaat, in dem ich lebe). Die Stadt datiert zurück bis ins 12. Jahrhundert und war immer wieder der Regierungssitz. Die Fürstenfamilie gibt es sogar immer noch, seit der Unabhängigkeit Indiens von den Briten 1947 haben sie jedoch keinen politischen Einfluss mehr.
Nach einer Stunde Stadtbus fahren und anschließenden drei Stunden Überlandbus stehe ich in Mysore. Eine meiner wundervollen Kolleginnen hatte mir am Vortag bei der Hotelbuchung geholfen und mir den Weg erklärt. Also winke ich den Rikschafahrern an der Busstation ab und mache mich zu Fuß auf den Weg.

Natürlich verlaufe ich mich trotz Wegerklärung und Handy mit Googlemaps und GPS. Das ist der Moment, an dem ich Mo treffe, der mich wieder auf den richtigen Weg bringt.
Ich finde mein Hotel und checke ein. Dann entscheide ich mich den Devaraja-Markt zu besuchen, für den Mysore sehr berühmt ist. Keine zwei Minuten später treffe ich auf der Straße wieder auf Mo. Er nimmt sich meiner an und schlägt mir vor, mich ein wenig in Mysore herumzuführen.
Während wir laufen, erfahre ich, dass Mo als Elefantentrainer im Palast arbeitet. Die Story kann ich natürlich nicht verifizieren, aber ob wahr oder nicht, es ist eine gute Story. Nachdem wir den Old Market besuchen (kleiner als der Devaraja-Markt und nur einmal wöchentlich), fragt mich Mo, ob ich sehen möchte, wie Räucherstäbchen und ätherische Öle hergestellt werden (noch so eine Sache, für die Mysore bekannt ist).
„No risk, no fun“, denke ich mir und stimme zu. Ich bin froh, dass ich mitgegangen bin, denn diesen Laden in einer Hintergasse hätte ich wohl nie selber gefunden. Im Eingangsbereich sitzt eine ältere Dame, die Räucherstäbchen rollt. Der Ladenbesitzter erklärt mir in einem sehr guten Englisch die unterschiedlichen Produktionsschritte. Hängen bleibt, dass Räucherstäbchen zwischendurch über einen langen Zeitraum trocknen müssen, sodass ein Stäbchen im Endeffekt über einen Monat Herstellungszeit benötigt.
Einen Raum weiter sind auf einem kleinen Tisch mehrere Reihen von Flakons aufgereiht. Aber meine Aufmerksam gehört erstmal der Wand, die über und über mit internationalen Grüßen beschrieben ist. Immer wieder kehren meine Augen zu einzelnen Beschrieftungen zurück. Ich erfahre, das der Laden seit 1936 existiert. Bei einem Glas Chai erzählt mir der Ladenbesitzer sehr viel über Öle, meine Hände riechen noch den ganzen Tag nach einem Potpourri aus Sandelholz, Lotus, Pfefferminze, Rose und vielem mehr.

Der nächste Punkt meines Touri-Aktionsplans ist der Stadtpalast. Das Palastgelände ist riesengroß. Den Mittelpunkt bildet der Palast, es gibt mehrere Tempel und jede Himmelsrichtung hat ein Tor. Um reinzukommen, zahle ich als Nicht-Inderin das fünffache des Eintrittspreises.





Den Palast selber kann man auch besuchen, allerdings ist das Fotografieren streng verboten. Ich schiebe mich mit gefühlten eine Million anderer Menschen durch die Räume. Ich bin schwer beeindruckt und bedauere das Kameraverbot. Tatsächlich lebt bis zum heutigen Tag die ehemalige Fürstenfamilie in dem Palast. Ich sag euch, das Gebäude kann es locker mit dem Buckingham Palace aufnehmen. Und das Wetter ist besser. Ich bin mir sicher, die Queen wäre neidisch.
Den ersten Tag beschließe ich mit einem kurzen Abstecher zum Devaraja-Markt. Ich nehme neugierig die Stimmung auf und ignoriere erfolgreiche 70% der Versuche mich zum Kaufen von *insert random thing* zu animieren. (Bei 30% lasse ich mich in ein Gespräch verwickeln. Ich bin noch am Lernen.)
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* Jeg reiser alene (=ich reise alleine) ist ein Lied, das mir während meiner Kurzreise immer wieder durch den Kopf ging. Da ich Sonntags arbeite und deshalb Freitag und Samstag unterwegs war, ist es ein wenig schwer, Reisebegleitung zu finden. Das Lied passte zu diesem Trip.



