Archiv für den Monat: Oktober 2014

My sir, it’s Mysore

Dieser Morgen beginnt ähnlich früh wie mein letzter, dank der benachbarten Moschee neben dem Hotel sitze ich pünktlich zum ersten Gebetsruf senkrecht im Bett. Zu meinem Glück hat aber ein schlauer Mensch Ohropax erfunden und deshalb ignoriere ich den Weckruf und bleibe noch ein wenig im Bett liegen.

Wahrsager! Im Hotel!

Wahrsager! Im Hotel!

Das Hotel bedarf an dieser Stelle übrigens schon allein deshalb einer Erwähnung, weil es sogar über einen hauseigenen Wahrsager verfügt. Die zentrale Lage und das sehr günstige Zimmer sind in diesem Zusammenhang vielleicht eher zweitrangige Informationen. (Vielleicht auch nicht. Aber ein Wahrsager toppt halt schon ziemlich viel.)

Nach dem Frühstück setze ich meine Stadtbesichtigung am gleichen Ort fort, an dem ich den vorherigen Tag beendet hatte: Auf dem Devaraja-Markt. Da ich am Vorabend kurz nach einem heftigen Gewitter unterwegs war und ich teilweise durch knöchelhohes Wasser gewatet bin, möchte ich nun den Markt noch einmal im trockenen Zustand und bei Tageslicht sehen.

Devaraja-MarktDevaraja-MarktDevaraja-MarktDevaraja-MarktDanach wandere ich durch Mysores Straßen bis zum Jaganmohan-Palast, der heute eine Kunstgallerie beherbergt. Leider kommen gleichzeitig mit mir ungefähre 10 Reisebusse voll mit Schülern an (das ist weder ein Witz noch eine stilistische Übertreibung). So wird der Museumsbesuch ein wenig lauter und voller als erwartet.

Jaganmohan-PalastMeine wundervolle Kollegin hatte mir noch empfohlen zum Chamundi-Hill, dem Hausberg Mysores, zu fahren. Dorthin fährt sogar ein Stadtbus und den finde ich sogar auch noch auf Anhieb. (Ein Jackpot-Moment.) Mein Reiseführer erzählt mir, dass es auf dem Berg einen Tempel gibt, dass er neben dem Palast Mysores wichtigstes Ausflugsziel ist und das er auch bei Indern sehr beliebt ist.

Mein Kopf ist allerdings noch auf (nord)europäische Dimensionen von Menschenansammlungen eingestellt und so staune ich bei meiner Ankunft sowohl die Menschenmassen als auch die Stände und Verkäufer an. Vielleicht sollte ich mal anfangen, meinem Reiseführer zu glauben, wenn der mir erzählt, dass ich viele Menschen erwarten soll.

Chamundi HillChamundi HillSuchbild. Wer findet den Affen?

Chamundi HillAngesichts der Schlange verzichte ich auf einen Tempelbesuch...

Angesichts der Schlange verzichte ich auf einen Tempelbesuch…

Für den Rückweg entscheide ich mich spontan für einen anderen Bus, allein weil ich den letzten Punkt seiner Route als eine weitere Sehenswürdigkeit wiedererkenne. Der Busfahrer warnt mich zwar, dass man nur in der Nähe halten würde, aber ich fühle mich gerade ein wenig abenteuerlustig und steige trotzdem ein. Es stellt sich heraus, dass der Bus auf der anderen Seite des Berges runterfährt und einen etwas größeren Schlenker über ein Dorf außerhalb der Stadt macht. Ich finde es aber eher witzig als irgendwas anderes und genieße die Aussicht über die Felder. Und die frische Luft. Es gibt Momente, da vermisse ich frische Luf (kann ich mir auch nicht erklären). Jetzt atme ich tief ein und freue mich über den Augenblick.

Feld„In der Nähe“ stellt sich ein wenig später als circa 1 km Entfernung heraus, die ich in Mittagshitze und mit Gepäck zurücklege, bevor ich an der St. Philomena-Church ankomme. Ich bin einfach nur platt und möchte fast behaupten, dass sich die Kirche nicht gelohnt hat. Das kann aber auch nur die Erschöpfung und die Unterzuckerung sein, wer weiß. Immerhin ein Foto habe ich gemacht, von daher: Seht selbst.

St. Philomena ChurchMeine Rückfahrt nach Bangalore verläuft unproblematisch. Im Bus werde ich von einem indischen Film unterhalten. Leider war der auf Kannada. Ich versuche, die Storyline zu verstehen, scheitere aber auf ganzer Linie. Auf jeden Fall ging es um Liebe und getanzt wurde auch, so viel kann ich wiedergeben.

In Bangalore angekommen, stellt sich der Weg vom Busbahnhof bis zu mir nach Hause als die Schwierigkeit des Tages heraus. Nach bester Deutscher-Bahn-im-Winter-Tradition wird immer noch ein Fahrgast mehr in den Bus gedrückt, bis ich mich wie in der vielzitierten Sardinenbüchse fühle. Nur, dass die Büchse in diesem Fall zusätzlich noch in der Sauna liegt. Über zwei Stunden brauche ich für den Weg, den ich am Vortag in einer Stunde zurückgelegt habe. Der Verkehr zur Rush-Hour ist buchstäblich der Wahnsinn und ich bin mehr als froh, als ich endlich ankomme. Alles in allem war meine Reise ein voller Erfolg.

MysoreMysoreFür den Titel gibt es übrigens keine Story oder Erlebnis oder irgendwas, dass ihn relevant werden lässt. Aber ihr glaubt doch nicht, dass ich mir so einen fantastisch schlechten Wortwitz entgehen lasse?

Jeg reiser alene*

Mein Wecker klingelt viel zu früh. Eigentlich wollte ich das Haus zwischen 6 und 7 Uhr verlassen und eigentlich hätte mir klar sein sollen, dass ich das nicht schaffe. Ich beschließe, meinen eigenen Zeitplan nicht ernst zu nehmen und mache mich leicht verspätet auf den Weg.

Zwischen mir und der Abreise steht allerdings noch die Aktion Geld abheben. Das ist leider manchmal ein bisschen schwieriger als angedacht, doch 20 Minuten später verlasse ich die fünfte Bank strahlend mit meinem Geld.

MysoreMysoreDann mache ich mich auf den Weg nach Mysore. Mysore liegt gute 140km südwestlich von Bangalore und gehört nach allgemeiner Übereinstimmung zu einem der Must-sees Karnatakas (das ist der Bundesstaat, in dem ich lebe). Die Stadt datiert zurück bis ins 12. Jahrhundert und war immer wieder der Regierungssitz. Die Fürstenfamilie gibt es sogar immer noch, seit der Unabhängigkeit Indiens von den Briten 1947 haben sie jedoch keinen politischen Einfluss mehr.

Nach einer Stunde Stadtbus fahren und anschließenden drei Stunden Überlandbus stehe ich in Mysore. Eine meiner wundervollen Kolleginnen hatte mir am Vortag bei der Hotelbuchung geholfen und mir den Weg erklärt. Also winke ich den Rikschafahrern an der Busstation ab und mache mich zu Fuß auf den Weg.

MysoreMysoreNatürlich verlaufe ich mich trotz Wegerklärung und Handy mit Googlemaps und GPS. Das ist der Moment, an dem ich Mo treffe, der mich wieder auf den richtigen Weg bringt.

Ich finde mein Hotel und checke ein. Dann entscheide ich mich den Devaraja-Markt zu besuchen, für den Mysore sehr berühmt ist. Keine zwei Minuten später treffe ich auf der Straße wieder auf Mo. Er nimmt sich meiner an und schlägt mir vor, mich ein wenig in Mysore herumzuführen.

MysoreWährend wir laufen, erfahre ich, dass Mo als Elefantentrainer im Palast arbeitet. Die Story kann ich natürlich nicht verifizieren, aber ob wahr oder nicht, es ist eine gute Story. Nachdem wir den Old Market besuchen (kleiner als der Devaraja-Markt und nur einmal wöchentlich), fragt mich Mo, ob ich sehen möchte, wie Räucherstäbchen und ätherische Öle hergestellt werden (noch so eine Sache, für die Mysore bekannt ist).

„No risk, no fun“, denke ich mir und stimme zu. Ich bin froh, dass ich mitgegangen bin, denn diesen Laden in einer Hintergasse hätte ich wohl nie selber gefunden. Im Eingangsbereich sitzt eine ältere Dame, die Räucherstäbchen rollt. Der Ladenbesitzter erklärt mir in einem sehr guten Englisch die unterschiedlichen Produktionsschritte. Hängen bleibt, dass Räucherstäbchen zwischendurch über einen langen Zeitraum trocknen müssen, sodass ein Stäbchen im Endeffekt über einen Monat Herstellungszeit benötigt.

Einen Raum weiter sind auf einem kleinen Tisch mehrere Reihen von Flakons aufgereiht. Aber meine Aufmerksam gehört erstmal der Wand, die über und über mit internationalen Grüßen beschrieben ist. Immer wieder kehren meine Augen zu einzelnen Beschrieftungen zurück. Ich erfahre, das der Laden seit 1936 existiert. Bei einem Glas Chai erzählt mir der Ladenbesitzer sehr viel über Öle, meine Hände riechen noch den ganzen Tag nach einem Potpourri aus Sandelholz, Lotus, Pfefferminze, Rose und vielem mehr.

Yam HerbalsYam HerbalsDer nächste Punkt meines Touri-Aktionsplans ist der Stadtpalast. Das Palastgelände ist riesengroß. Den Mittelpunkt bildet der Palast, es gibt mehrere Tempel und jede Himmelsrichtung hat ein Tor. Um reinzukommen, zahle ich als Nicht-Inderin das fünffache des Eintrittspreises.

PalastgeländePalastgebäudePalastgeländePalastgeländePalastgeländePalastgeländeDen Palast selber kann man auch besuchen, allerdings ist das Fotografieren streng verboten. Ich schiebe mich mit gefühlten eine Million anderer Menschen durch die Räume. Ich bin schwer beeindruckt und bedauere das Kameraverbot. Tatsächlich lebt bis zum heutigen Tag die ehemalige Fürstenfamilie in dem Palast. Ich sag euch, das Gebäude kann es locker mit dem Buckingham Palace aufnehmen. Und das Wetter ist besser. Ich bin mir sicher, die Queen wäre neidisch.

Den ersten Tag beschließe ich mit einem kurzen Abstecher zum Devaraja-Markt. Ich nehme neugierig die Stimmung auf und ignoriere erfolgreiche 70% der Versuche mich zum Kaufen von *insert random thing* zu animieren. (Bei 30% lasse ich mich in ein Gespräch verwickeln. Ich bin noch am Lernen.)

Devaraja-MarktDevaraja-MarktDevaraja-Markt

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* Jeg reiser alene (=ich reise alleine) ist ein Lied, das mir während meiner Kurzreise immer wieder durch den Kopf ging. Da ich Sonntags arbeite und deshalb Freitag und Samstag unterwegs war, ist es ein wenig schwer, Reisebegleitung zu finden. Das Lied passte zu diesem Trip.

Von der Arbeit

Die Arbeit am Montag und Dienstag war begleitet von folgender Aussicht. Ich denke, ihr versteht, wenn ich sage, dass ich meinen Job ziemlich toll finde.JugendcampWir waren für zwei Tage im Eagle Ridge Resort (das übrigens von einer sehr gastfreundlichen deutsch-indischen Familie betrieben wird). Das Resort liegt aber nicht außerhalb Bangalores, tatsächlich gehört es auch zum Stadtgebiet und bildet damit einen großen Kontrast zu den restlichen Teilen der Stadt, die ich bis dato kennengelernt habe. Eagle Ridge ResortEagle Ridge ResortEagle Ridge ResortWenn man sich vom der Blickrichtung des ersten Bildes um 180° drehte, sah man übrigens folgendes Bild. Und dieses Bild gehört genauso zu den Gründen, warum ich meinen Job gerade ziemlich toll finde.JugendcampIch habe ein Jugendcamp mitbetreut. 89 deutschlernende Kinder wollten bespaßt, unterhalten und nicht zuletzt unterrichtet werden. Es war anstrengend, heiß und wahnsinnig gut. Nach mittlerweile 7 Jahren Jugendarbeit habe ich fast vergessen, wie gerne ich auch mit Kindern arbeite. Es war eine schöne Erinnerung. JugendcampJugendcamp