An meinem ersten vollständigen Tag in Bangalore habe ich meine erste Rikscha-Erfahrung gemacht. Eigentlich wollten wir zu einem bestimmten Shop. Ich schreibe eigentlich, denn wir sind dort nie angekommen. Stattdessen landeten wir mitten im Ganesha-Festival, aber das ist eine andere Geschichte.
An diesem Tag also nahmen wir eine Rikscha. Persönlich finde ich Rikscha fahren ja ziemlich cool. Deshalb freute ich mich auch ein wenig, als wir uns gegen ein Taxi entscheiden. Ein Taxi sollte man nämlich immer bei einem bekannten Unternehmen bestellen, lerne ich und das hätte dann eine halbe Stunde Wartezeit bedeutet. Also stimmen wir für eine Rikscha.
Dass die Herausforderung beim Rikscha fahren vor allen Dingen im Ankommen-Am-Richtigen-Ort liegt, tja, das hätte ich nicht erwartet. Mein Tipp wäre ja eher das Beim-Preis-Nicht-Komplett-Abgezogen-Werden gewesen. Man lernt nie aus. An diesem Tag kamen wir also nicht beim geplanten Punkt an und in den nächsten Tagen drückte ich mich vor den Verhandlungen mit den Fahrern.
Bis heute. Irgendwann muss man (read: ich) mal selbstständig werden. Außerdem bin ich an einem Tempel verabredet, der gute zehn Kilometer entfernt ist und die schaffe ich sicherlich nicht in den dreißig Minuten, die mir noch bleiben. Ich gehe zur nächsten großen Straße und winke die erstbeste Rikscha heran, die mir entgegen kommt.
Die erste Rikscha ist ein Griff ins Klo, der zweite Rikscha-Fahrer erweist sich dagegen als Lottogewinn. Er kennt nicht nur den Tempel, sondern verweist bei der Geldfrage sofort auf seinen Taxometer. Innerlich tanze ich einen Happy-Dance und steige ein.
Wir fahren los. Rikscha fahren ist ein bisschen wie Achterbahn fahren, nur ohne Looping. Der Zustand der Straßen lässt sich ungefähr mit denen meines Heimatdorfes vergleichen und so fahren die Rikschafahrer hier einen Slalom nach dem nächsten um Straßenlöcher, andere Rikschas, Motorräder oder Fußgänger.
Nach fünf Minuten macht mein Fahrer Bollywood-Musik auf seinem Handy an. Ich feier ihn dafür und tanze nun innerlich Bollywood (äußerlich kann ich das nicht). Kurz darauf fahren wir an der ersten Kuh der Fahrt vorbei. Sie steht gemütlich auf dem breiten Zwischenstreifen und gut ein wenig dümmlich. Bis zum Tempel zähle ich noch eine Einzelkuh, eine Kuhfamilie bestehend aus drei großen Kühen und einem Kalb und zwei Ziegen.
Während wir an einer Ampel stehen, sehe ich eine Reklame gegen Rauchen. So sehr ich auch Maßnahmen für die Gesundheit unterstütze, so zynisch empfinde ich diese Werbung in Anbetracht der Feinstaubbelastung, der so ein Rikschafahrer sicherlich im Laufe seines Arbeitslebens ausgesetzt ist. Am Ende des Tages werde ich mit Kopfschmerzen ins Bett gehen, ich komme mit den Abgasen (noch) nicht klar.
Den Straßenverkehr in Bangalore empfinde ich weiterhin als eine große Herausforderung. Einmal hält ein Bus rechts neben uns an der Ampel und die aussteigende Passagiere umrunden die Rikscha um auf die linke Seite zu kommen. Dann werden wir links von einer vierköpfigen Familie auf einem Motorrad überholt. Diese in meinen Augen akrobatische Meisterleistung ist sehr alltäglich, schmälert aber nicht meine Bewunderung dafür. Generell haben alle Verkehrsteilnehmenden meinen größten Respekt, denn obwohl es für mich chaotisch aussieht, so funktioniert alles dank gegenseitiger Rücksichtsnahme. Nur vor den Bussen habe ich doch noch Respekt Angst, sie stehen in der Nahrungskette ganz oben.


