Alles in einem.

Glitzernde Schneeflocken, die sanft vom dunklen Nachthimmel herunter segeln oder Schneemassen, die einem unsanft und beharrlich ins Gesicht geweht werden. So in etwa sieht die Wettersituation derzeit aus. Stets begleitet von einer eisigen Kälte hat mir das Wetter zum ersten Mal in meinem Leben Schneefrei, bzw. ‚Kältefrei‘ beschert.

Kleidungstechnisch sollte man natürlich gut gegen solche Temperaturen gewappnet sein. Handschuhe gehören dazu, natürlich. Zwei Paar habe ich mir hier in Bulgarien schon gekauft. Beide verloren. Aufgrund des eher milden Wetters im Dezember und Anfang Januar, habe ich eine weitere Neuanschaffung als überflüssig empfunden. Doch dann kam er, der Kälteeinbruch. Fail. Egal, wenn ich es bis jetzt ohne Handschuhe ausgehalten habe, dann übersteh ich den Rest des Winters auch mit Händen in den Jackentaschen.

Ein klassischer Nebeneffekt des Winterwetters sind vereiste, rutschige Straßen. Überall sieht man Leute herum schlittern, mit den Armen rudern und hinfallen. Lustiges Bild. Inzwischen habe ich rausgekriegt, an welchen Stellen der Stadt ich mich lieber nur mit zarten Tippelschritten fortbewege. Hoffentlich fühle ich mich auch den Rest des Winters, nicht allzu sehr vom Boden angezogen.

Ich bin leidensfähiger geworden. Das Wetter spielt beim Feiern gehen inzwischen nur eine nebensächliche Rolle. Obwohl ich hin und wieder doch überlege zu Hause zu bleiben, weil es draußen so ungemütlich ist, finde ich mich meistens doch fröhlich durch Schnee, Kälte und Dunkelheit zur nächsten Party stapfend.

Wenn nicht gerade Schulfrei ist, gibt es viel zu tun. Bei einem Theaterwettbewerb vor kurzem hat meine kleine Gruppe einen super Eindruck hinterlassen! In ungefähr einem Monat steht das nächste größere Event auf dem Programm. Die alljährliche Deutsch-Olympiade findet diesmal in Veliko Tarnovo statt und meine Schule ist Gastgeber. Das heißt, wir gestalten und füllen das Programm mit Musik-, Theater- und Tanzdarbietungen. Gut, dass knappe Deadlines meine Kreativität und den Ehrgeiz anspornen und nicht zu schweißbegleiteten Panikausbrüchen führen.

Die Gedanken an einen wunderbar heißen Sommer, tragen mich durch die grau-weißen, kalten Tage. Meine liebste indoor Freizeitbeschäftigung ist zurzeit Sport. Für läppische 15 Lev (also ca. 8 €) kann man einen Monat im Fitnessstudio trainieren, soviel man möchte. In Deutschland war ich stets der Meinung, dass Besagte nichts für mich sind. Die Preise oder, weil ich dort nie eines von innen gesehen habe, könnten hierfür ausschlaggebend sein. Meine Meinung hat sich geändert. Ich trainiere mit Galina, die ich bei einem Hip Hop Workshop kennen gelernt habe. 7 Jahre in Österreich haben bei ihr einen interessanten Mix aus österreichischem Deutsch mit bulgarischem Einschlag hinterlassen. Mit ihr geht’s regelmäßig in die zweite Heimat von pumpenden Muskelbergen.

Lust auf einen Schwimmbadbesuch in Bulgarien? Was du mitbringen solltest: Badelatschen, eine Badekappe und ein Attest, dass du unter keinen ansteckenden Hautkrankheiten leidest. Nichts davon konnte ich bei meinem ersten Besuch eines solchen Exemplars vorweisen. Doch das eine Mal, konnten die anderen mich mit den üblichen, altbewährten Argumente hinein bringen: Sie kommt aus Deutschland und will sich das gerne mal anschauen. Das reicht dann auch meistens als Erklärung. Ein Schulteam trainierte neben uns und ich bekam eine alte Badekappe gebracht, inklusive einem: „Entschuldigung, wir haben die Gesetze nicht gemacht.“ Für die nächsten male muss ich aber ein Attest besorgen. So kann ich mich wohl doch noch um die Erfahrung eines Arztbesuches in Bulgarien bereichern.

Lustige Unterhaltungen gab es in letzter Zeit vor allem mit Taxifahrern. Bei der Kälte nutze ich gerne und oft den Luxus, mich äußerst kostengünstig rumchauffieren zu lassen. Es gibt die schweigsamen Taxifahrer und dann die Plappermäuler, die sich die ganze Zeit, trotz meines grottigen Bulgarisches, angeregt mit mir unterhalten wollen. So werde ich regelmäßig über meinen Aufenthalt befragt, kriege ihre Deutschkenntnisse präsentiert, Lebensgeschichten erzählt und gelegentlich kommt es mal vor, dass mir der Taxifahrer, während der Fahrt einen Handkuss verpasst mit einem ‚хубава‘ auf den Lippen.

Morgen landet mein erster Besuch aus Deutschland und ich hoffe der Schnee lässt mich meine Schwester in Sofia abholen. Ich freue mich schon!

Wer so tapfer war das alles durchzulesen, bekommt von mir, bei Gelegenheit, auch einen Handkuss. Der Rest kann sich immerhin über ein paar Schneebilder freuen!

всичката любов

Tanja

 

 

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