Höheren Strahlenfunden in mehr Regionen Chinas erregen zunehmend öffentliche Sorgen
Mitte rechts, Abbildung ähnlich
Ich habe mit dem Mann auf der Straße (siehe Abbildung) über die Situation gesprochen und folgende Schilderung erhalten:
Es besteht geht keine Gefahr von japanischen Waren aus, oder von radioaktiven Teilchen in China. Sollte es soweit kommen, wird die Regierung Warnungen ausgeben. Auch wenn Jiangsu die nächste Provinz Chinas an Japan ist, sind wir zur Zeit in Sicherheit.
Auf meinen Hinweis, dass die Menschen in Deutschland gegen die Atomwerke und ihre Betreiber demonstrieren, antwortete er: Es gebe keinen Grund zu demonstrieren. Von diesen Dingen haben wir keine Ahnung, und wenn wir uns beschweren, wer würde uns zuhören? Wir können nur beraten, die Regierung muss die richtigen Entscheidungen treffen. Wenn es sicher ist, sagen sie uns das wir keine Angst haben müssen, wenn es gefährlich wird warnen sie uns. Die Atomkraftwerke in China sind keine Bedrohung, so lange die Regierung sie für sicher hält.
Auf meinen Hinweis, dass das Erdbeben in Sichuan 2008 sicher Atomkraftwerke in der Region zerstört hätte, antwortet er: Ja, die wären sicher kaputt gegangen. Da haben wir nochmal Glück gehabt.
Das Onlinemagazins der Xinhua News Agency, der offiziellen Presseagentur der chinesischen Regierung berichtet:
„Geringe Mengen des [radioaktiven] Iod-131 wurden in der Luft aller chin. Provinzen außer Guizhou gefunden. Geringe Spuren von Iod-131 wurden an der Oberfläche von Spinatpflanzen in Beijing, Tianjin und Henan und Guangdong Provinz gefunden, ebenso auf Salatpflanzen in Jiangsu. Spuren von Cäsium-137 und -134 wurden in mindestens 22 der Festlandprovincen gefunden. Es besteht keinerlei Gefahr für die Bevölkerung oder die Umwelt, Vorsichtsmaßnahmen sind nicht nötig, laut einer Stellungnahme des Nuklearen Notfall Koordinations Komitee Chinas vergangenen Donnerstag.“
Chinas 13 Kernreaktoren befinden sich in 4 Kraftwerken (Deutschland: ca.100 Reaktoren,17 Kraftwerke) im Süden und Osten des Landes, erdbebenarmen Regionen.
Unser Auftrag verlangt nicht wenig von uns. Es ist eine Verpflichtung, das eigene Leben für ein Jahr, oder ein halbes, ganz in den Dienst interkultureller Verständigung zu stellen. Dafür müssen wir bereit sein, bis zum äußersten zu gehen: Ins Fernsehen.
Wenn mich ein Freund um einen Gefallen bittet, dann muss ich ihm Folge leisten, schließlich kann ich der nächste sein, der bitten muss. Und ich werde auch meine anderen Freunde um Gefallen bitten, um den Gefallen des einen zu erfüllen! So dachte wohl mein Musiklehrer, als er mich für eine Sendung im Regionalfernsehn namens: „Ausländer haben Talent“ rekrutierte. Es ging um Talent in den chinesischen Künsten. Das ich solches nicht besaß spielte weniger eine Rolle, vielmehr, dass ich Ausländer sei und Zeit für ein paar Drehs hatte. Um Ausreden verlegen, die markigen Worte (meine eigenen?) vom Vorbereitungsseminar im Kopf stimmte ich zu. Es war nicht das erste Mal, dass ich um eine öffentliche Stellungnahme als Ausländer gebeten worden war. Es war immer hektisch, schlecht vorbereitet und peinlich gewesen. Aber hinterher hat man immer ein gutes Gefühl. „Für die Sache!“
"Freunde gehn ein Leben lang zusammen..."
Da meine Erhu-Fähigkeiten zu beschränkt waren, sollte ich ein chinesisches Lied singen. Meine Wahl fiel auf Pengyou(朋友 „Freund“ von 周华健 ZhouHuaJian), das Lied mit dem ich angefangen habe Chinesisch zu lernen. Es ist wunderbar gefühlvoll und ich wollte es schon lange mal richtig lernen. Erfolgreich verhinderte ich, dass ich schon am selben Abend vorsingen musste und verschob den Dreh auf den nächsten Nachmittag. Ich hatte also noch einen Tag zum üben. Man stellte mich noch allen beteiligten Akteuren vor, Direktor, Kamerateam, Leiter der Kulturabteilung Taicang und die Programmdirektorinnen (beides Frauen). Es kristallisierte sich heraus, dass ich zur Abrundung des Programms noch Kongfu vorführen, Erhu spielen und Kalligraphie schreiben sollte. Talent spielte wieder eine untergeordnete Rolle. Es wurde mir angeraten vorher zu üben.
Die Last der Verantwortung bereitete mir einige Kopfschmerzen, aber die Drehs verliefen sehr glatt. Wie immer ist der Druck vorher viel größer, als während der Tat. Ich rate von daher allen in ähnlichen Lagen: Teilnehmen und an Erfahrungen (auch unangenehmen) reicher werden. So besuchte ich das kleine Taicang Musikmuseum, einen begnadeten Meister der Klassischen Künste (Kalligraphie, Malerei, Poesie, Geschichte, Guzheng (ein Zupfinstrument) und durfte zwei Tage den Schauspieler mimen. Besonderes Vergnügen bereitete mir der spontane Einfall des Fernsehteams, den Unterricht in meiner ungezogensten Klasse zu filmen, die daraufhin muksmäuschenstill bei meinem Spontanunterricht mitmachte. Die Schüler, die daraufhin an einem „zwanglosen Gespräch auf dem Gang sowie Basketballspiel“ teilnehmen mussten, taten mir allerdings etwas leid.
Neben der Erkenntnis über meine neuen „Talente“ konnte ich also als „Deutscher“ an einem öffentlichen Programm teilnehmen, Vorurteile aufräumen oder bestätigen und auch sonst meine Arbeit tun. Was tut man nicht alles. „Für Taicang, für 《kulturweit》, für den Weltfrieden!“
Heute ein Reisebericht ueber ein 3 woechiges Abenteuer mit meinen Freunden Nico, Felix und Julius. Ich habe den Text fuer meine Chinesischlehrerin geschrieben, insofern eher etwas fuer Freunde der chinesischen Sprache. Alle anderen…. bewundern die vielen schoenen Zeichen und betrachten die Bilder. 🙂 Viel Vergnuegen! Zhuyixuan
Heute etwas Geschichte mit einem Artikel von Saskia Nahles:
Erinnerungen einer Postkarte
Postkartenmotiv April 1927
Es ist vielleicht der 14.April 1927, als dieser chinesische Geschäftsmann die Straßen Shanghais entlang geht. Ein Zeitgenosse, der Revolutionär Wang Fanxi schreibt:
„Shanghai war in eine Atmosphäre von Terror und Krieg gehüllt. Mit Sandsäcken und Stacheldraht verstärkte Kontrollpunkte waren überall zwischen der französischen Konzession1 und dem chinesischem Gebiet errichtet worden. Insbesondere im Alten-Westpforten-Gebiet war kaum eine Seele weit und breit zu sehen, und es war so, als könne man noch die Angst spüren und das Blut riechen, das hier vor kurzem vergossen wurde.“2
Durch diese Atmosphäre schreitet der Mann, darauf bedacht seine Schuhe nicht staubig werden zu lassen. Sein Blick, durch einen eleganten Hut nach amerikanischer Mode vor der Aprilsonne geschützt, schweift über die frischen Leichen, die die Straße bedecken. Wie abgebrochene Halme nach der Ernte liegen die Leiber junger Studenten und Arbeiter im Staub. Ihre einfache Kleidung zeigt deutlicher als eine Uniform den Unterschied zwischen ihnen und dem Mann, der jetzt seinem Begleiter ein Zeichen gibt. Der Triumph im Lächeln des Geschäftsmannes, als er sich hinter den Toten postiert, wurde damals photografisch festgehalten und ist uns heute auf dieser Postkarte erhalten geblieben.
Im Hintergrund bedecken Werbeplakate eine Wand. Der Schriftzug, „What Price Glory – The Worlds Greatest Motion Picture“, preist ausgerechnet eine schwarzweiße Stummfilmkomödie von 1926 über den ersten Weltkrieg an. Doch der Krieg in Shanghai ist keine Komödie, die Leichen sind echt. Bewaffnete Schläger und die Soldaten der Kuo Min Tang (KMT), der Nationalen Volkspartei unter der Führung von General Chiang Kai-Shek, töteten im April 1927 über 300 Menschen. Über 5000 sind verletzt oder vermisst. Warum starben diese Arbeiter und Studenten?
Am Anfang dieses bedeutsamen Monats herrschte noch Einigkeit zwischen der rechten Führung in der Nationalen Volkspartei und der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) sowie den ihr zugehörigen Gewerkschaften. Es galt die Militärdiktaturen, die China nach dem Fall der Qing Dynastie unter sich aufgeteilt hatten, zu besiegen und das Land unter der Führung der Republik Chinas zu vereinigen. 1923 traten die Mitglieder der KPCh auf Anweisung ihres größten Unterstützers Stalin der KMT und damit der Ersten Einheitsfront zur Einigung Chinas bei. Ihre Streitkräfte wurden mit denen der KMT zur Nationalen Revolutionsarmee (NRA) zusammengeschlossen.
Es war jedoch nur ein Zweckbündnis, das nicht lange halten sollte. Die KMT verfolgte eine Politik der Toleranz der ausländischen Besatzungen und ihrer zunehmenden Macht in China. Gleichzeitig kokettierten sie mit den Japanern, von denen sie sich Hilfe beim Aufbau des eigenen Staates erhofften. Ihre Strategie war die zügige Modernisierung des Landes durch ausländisches Kapital und die Übernahme der Macht in ganz China. Die KPCh hingegen sah ihr Ziel in der Mobilisierung der Massen, die erst von der scheidenden Qing Dynastie, ihren Generälen und jetzt von Ausländern und der KMT missachtet wurden. Dabei stützten die Revolutionäre sich zunächst auf das gerade entstehende Industrieproletariat, dessen Zahl allerdings im Vergleich zu den Massen der Landbauern unbedeutend war. Vehement opponierten sie gegen die Besatzung durch die Kolonialmächte und die damit verbundene rassistische Repression der Chinesen. Ihr langfristiges Ziel war die Organisation der sogenannten Massenlinie sowie Landreformen und letztendlich politische Reformen, die aus der KMT hervorgehen sollten.
Trotz gegenläufiger Interessen vereinte beide Parteien der Geist des Gründers der Republik, Sun Yat-sen. Seinen unermüdlichen Bemühungen zur Zeit der Kaiserherrschaft war die Gründung der Republik zu verdanken, seinen Verdiensten gemäß wurde er „Vater der Nation“ genannt. Am 12. März 1925 stirbt Sun Yat-sen an Krebs und damit das Symbol für eine vereinte Bewegung. Als Folge eskalieren die Streitigkeiten zwischen dem rechten Flügel der KMT und dem linken Flügel, der mit der KPCh weiter zusammenarbeiten möchte.
Aber noch ist China weit davon entfernt unter dem Banner der Republik China vereint zu werden. Die nachkaiserliche Regierung ist zersplittert. Weite Teile des riesigen Landes stehen unter der Militärgewalt ehemaliger Generäle. Nach langen Vorbereitungen beginnt die junge chinesische Republik 1926 die Nordexpedition zur Vereinigung Chinas. Die Nationale Revolutionsarmee aus Streitkräften von KMT und KPCh erringt Sieg auf Sieg gegen die schlechter ausgerüsteten und unbeliebten Kriegsherren, deren Ausrüstung noch aus der Kaiserzeit stammt. Die KPCh führt in den eroberten Gebieten Landreformen zugunsten der ärmsten Bauern durch. Die Armee findet daraufhin überall die Unterstützung der armen Bevölkerung, während die reichen Grundbesitzer verfolgt werden.
Der wachsende Einfluss der Kommunisten und die Streitigkeiten in den eigenen Reihen alarmieren den Nationalisten Chiang Kai-shek, der gerade zum Oberbefehlshaber ernannt worden ist. Im Januar 1927 verlegt Chiangs Gegenspieler in der KMT, der linksorientierte Wan Jingwei, den Regierungssitz nach Wuhan, in die direkte Nähe von Shanghai. Im März besiegt dort ein Aufstand der Gewerkschaften unter der Führung Zhou Enlais die Militärdiktatur der Zhili-Clique. Es droht eine vollständige Einnahme der wichtigen Handelsstadt Shanghais durch die Kommunisten. Insbesondere sind jedoch die ausländischen Konzessionen gefährdet. Der General Chiang sieht sich zum Handeln gezwungen.
Am 20. März erringt der kommunistisch geführte Gewerkschaftsaufstand die Herrschaft in Shanghai. Auf dringendes Anraten des Politbüros in Moskau und um das Bündnis der Einheitsfront nicht zu gefährden, verzichtete die KPCh vor Ort darauf eine allseits geforderte Räteregierung zu errichten. Es wird eine republikanische Regierung gebildet und das Eintreffen der Nationalen Revolutionsarmee (NRA) vorbereitet. Aber der Konsolidierungskurs der KPCh-Führung schlägt fehl. Nach einem angeblichen Komplott zur Absetzung Chiang Kai-sheks beginnt dieser mit der zielgerichteten Vernichtung aller chinesischer Kommunisten.
*****
Es ist der 6. April 1927 in Shanghai. Der Oberbefehlshaber trifft sich mit Du Yuesheng, dem Führer einer Shanghaier Geheimgesellschaft namens die Grüne Bande, zu denen er Beziehungen unterhält. Ihr Opiumgeschäft, das unter der Militärdiktatur und den Kolonialmächten florierte, droht durch die Aktivitäten der KPCh sabotiert zu werden. Außerdem bedroht die Macht der Gewerkschaften ihren Einfluss. Als Gegenleistung für die Unterstützung des Generals gründen sie Gegengewerkschaften und agitieren gegen die Kommunisten. Später schließt sich ihnen der Unternehmerverband für Handel und Banken Shanghais mit einer Spende von 10 Millionen Dollar an.
Am 9. April erklärt Chiang das Kriegsrecht in Shanghai und vollzieht die Abspaltung des rechten Flügels der KMT von der KPCh und dem linken Parteiflügel. Am 11. April ergeht ein Geheimbefehl an alle Provinzregierungen, die Partei von Kommunisten zu säubern. Noch am selben Abend wird der Vorsitzende des Shanghaier Gewerkschaftsbundes Wang Shouhua ermordet.
Am folgenden Tag attackieren Schläger der Grünen Bande Streikposten und Gewerkschaftsbüros, um Chiang Kai-Shek einen Vorwand zum Eingreifen zu geben. Als Folge wird die Armee eingesetzt um die Gewerkschaftsmilizen zu entwaffnen, wobei über 300 Menschen verwundet oder getötet werden. Die Antwort lässt nicht auf sich warten: Tausende Arbeiter und Studenten demonstrieren im Rahmen eines Generalstreiks gegen das Vorgehen der Armee und protestieren vor dem Armeehauptquartier Chiang Kai-Sheks. Die Soldaten eröffnen das Feuer auf die weitgehend unbewaffneten Demonstranten, töten 100 und verwunden weitaus mehr.
Chiang Kai-Shek löst die provisorische Regierung, die Gewerkschaften und alle Organisationen unter kommunistischer Kontrolle auf. Tausende Kommunisten werden verhaftet, 300 offiziell exekutiert und mehr als 5000 sind vermisst oder geflohen. In ganz China werden Kommunisten verhaftet oder exekutiert, bis Ende des Jahres 1927 wurden allein im Shanghai 5600 Menschen inhaftiert und 2000 umgebracht. Die KPCh wurde verboten und ihre Mitglieder der Verschwörung angeklagt.
Als Folge dieser Hetzjagd gilt Chiang Kai-Shek lange Zeit als Verräter, die Witwe Sun Yat-Sens agitiert öffentlich gegen ihn. Doch mit seiner wachsenden Macht kapitulieren die linken Kräfte in der KMT und schließen sich am 15.4. der neuen KMT-Regierung unter Chiang an, nachdem ein Geheimbefehl Stalins bekannt wurde, demzufolge die Kommunisten die KMT übernehmen sollten.
Im Juni des folgenden Jahres gilt mit der Einnahme Pekings durch die KMT die Vereinigung Chinas trotz des wachsenden kommunistischen Widerstandes als vollendet. Die KMT wird international als Führung der „Republik China“ anerkannt. Chiang Kai-Shek glaubt, dass nach der Vereinigung und zunehmenden Industrialisierung die Beseitigung der Kommunisten nur noch eine Frage der Zeit ist. Doch der anhaltende Kampf stellte eine immer größere Herausforderung für den General dar. Und je mehr die Macht der Partisanen und ihres Vorkämpfers Mao Zedongs wächst, desto rücksichtsloser und verzweifelter werden die Maßnahmen, mit denen sich das Regime Chiang Kai-Sheks an der Macht hält.
Das Shanghai Massaker bedeutete bekanntermaßen nicht das Ende der Kommunistischen Partei Chinas, doch war es entscheidend für ihren Strategiewechsel vom Kampf in den Städten zum Kampf auf dem Land, der sich als der entscheidendere erwies. Es bedeutete auch das Ende des starken Einflusses der Sowjetunion und ihrer Berater in der KPCh.
Der Blick des Geschäftsmannes lässt von alledem wenig erahnen. Die neun Toten zu seinen Füßen geben jedoch eine kleine Ahnung von dem Preis, den China für seinen Weg aus der ausländischen und inländischen Unterdrückung bezahlen musste.
1Konzession: Die Kolonialmächte Großbrittanien, USA, Deutschland, Frankreich, Belgien, Japan, Italien und Portugal sicherten sich durch militärische Übergriffe (u.a. der Opium-Krieg 1839-42) sogenannte „Konzessionen“ auf chinesischem Staatsgebiet. Innerhalb dieser Zonen galt das Recht der jeweiligen Besatzungsmacht, Chinesen waren nahezu rechtlos und durften nur zur Arbeit passieren. 1999 wurde die Insel Macau als letzte Kolonialbesetzung zurückgegeben.
2Zitiert nach: Michael Koschitzki, Berlin 12.04.2007 (link weiter oben)
128 ChinesInnen, kein Weihnachtsbaum, viele Plätzchen
Zum Fest wünsche ich allen Leserinnen und Lesern alles Gute, erholsame Feiertage und eine erfolgreiches neues Jahr!
Weihnachten ist eine der großen Herausforderungen neben dem täglichen Überlebenskampfes eines Deutschlehrers. Hier stauen sich Berge deutscher Tradition, christlicher Bräuche, moderner Konsumgewohnheiten und Familientreffen. Hier gilt es den Kindern zu vermitteln, was Weihnachten ist. Am besten noch auf Deutsch. Das klingt nicht nur gefährlich und stressig, das ist es auch! Aber so froh ich bin, dass diese Woche vorbeigeht und so schnell nicht wiederkommt, soviel Spaß macht es mir auch. Es ist eine Aufgabe, für die Freiwillige wie wir wie gemacht sind.
Ich hatte erst keine Ambitionen dieses Weihnachtsfest besonders zu gestalten. Ich war wie gesagt vollauf beschäftigt den täglichen Deutschunterricht, die Morgenübungen alle interessant, kohärent und informativ zu gestalten. Am letzten Wochenende lies es sich allerdings nicht mehr leugnen: Am nächsten Freitag ist Weihnachten. Wir entwarfen also ein Weihnachtsprogramm für diese Woche, dass sich wie folgt gestaltete:
Herbei, o ihr Glaeubigen!
Am Montag begannen wir mit dem Unterrichten der Weihnachtslieder. Ich hatte zuvor etwas verzweifelt im Musikraum Klavier geübt: Die Entscheidung war auf ein Lied pro Klasse gefallen: „Herbei, o ihr Gläubigen“ sowie „Morgen Kinder, wird’s was geben“. Das war zum einen mein Widerwille „O Tannenbaum“ zu singen, ein Lied das seiner schlichten Schönheit zum Trotz fürchterlich überstrapaziert wurde, zum anderen der Stimmlage der SchülerInnen geschuldet. „Herbei“ sollte den jungen Männern in Maschinenkontrolle 1001 Rechnung tragen, „Morgen, Kinder“ ist fröhlich und hat ein paar hohe Stellen, die mit den jungen Damen aus Büroarbeit 1001 schön klingen sollten. Es stellte sich heraus, dass trotz Karaokeübung und allabendlicher Radioübertragung durch die Schullautsprecher trotzdem nicht alle jungen Chinesen fanatische Sänger sind. Besonders die Aussprache und der Rythmus, der etwas ungewohnt war, bereiteten einige Startschwierigkeiten. Dennoch haben wir mittlerweile schon eine ordentliche Klangfülle erreicht, die hoffentlich mein Klavierspiel bei der Neujahrsfeier übertönen wird. (Die Aufführung hat nicht stattgefunden. Zum Glück?)
Am Abend gelang es mir und meiner Kollegin unseren Erhu-Lehrer mit einem Vorspiel christlicher Weihnachtslieder auf der Erhu zu überraschen. Ich hatte, zwar nicht ganz richtig, aber annähernd richtig die Noten zu „We wish you a merry Christmas“ aufgeschrieben und dazu noch „Herbei“ gelernt. Ich glaube er war ein bischen Stolz auf uns, denn er sagte, so habe auch er Erhu gelernt, indem er seine Lieblingslieder auf Erhu umsetzte.
Echte Arbeit
Am Dienstag war die nächste Klasse mit Singen an der Reihe und die andere konnte zum Keksebacken voranschreiten. Der Teig, den wir gestern zusammengerührt hatten musste allerdings noch im Ofen aus seiner Tiefkühlstarre befreit werden und ich verausgabte mich an der Aufgabe ihn in eine ausstechbare Form zu kneten. Nach wiederholtem Proben von „Herbei, o ihr Gläubigen“ hatte ich den Teig so weit (Es waren Butterplätzchen mit Zitrone). Mit den riesigen Gemüsemessern und kleinen Spachteln machten sich die Jungen mehr oder weniger ordentlich daran aus kleinen Teigquadraten die Formen zu schnitzen und sie mit Rosinen, Cashewkernen und Walnusskernen zu verzieren. Ich war überglücklich. Der Teig reichte über alle Maßen und wir beschlossen den Rest für die nächste Klasse morgen zu verwenden. Das Rezept in etwa:
Jeder ein Plaetzchen
Für zwei Klassen mit insgesamt 87 Schülern reichte deutlich, damit jeder (und die Lehrer) ein Plätzchen machen konnten: 500g Butter, 600g Zucker, leider nicht vorhandener 1 EL Vanillezucker, 8 Eier, die Schalenschnipsel einer Zitrone, etwas Salz und 2 Kg Mehl. Alle Zutaten außer das Mehl gut verrühren, danach das Mehl langsam unter Rühren hinzugeben, bis der Teig fest wird. Danach herausnehmen und per Hand kneten, wobei man Mehl hinzugibt. Es sollte ein fester Teig entstehen, der sich gut ausrollen lässt. 2 Kg reichen auch, um beim Formen der Plätzchen als Hilfe zu dienen. Ein Rundholz zum Ausrollen ist wichtig, die Plätzchen sollten alle gleich dick sein, damit keines verbrennt. Rosinen müssen in den Teig, sonst werden sie zu Kohlenstaub. Backzeit orientiert sich an der Plätzchendicke. Immer aufpassen!
Ob das was wird?
Was für ein Spaß. Die Anstrengung alles sauberzumachen, die tauben Glieder vom Kneten und die grauen Haare aus Sorge um das Gelingen waren das Abenteuer wert. Unbedingt nur mit Unterstützung versuchen, sonst ist die Koordination äußerst schwierig. Am besten alles gut vorbereiten. Teig kann über Nacht liegen, muss aber lange auftauen, oder erhitzt werden.
Den Schülern hat es auch Spaß gemacht, soweit ich weiß. Bis auf dem einen Schüler, dessen aufwendig gestaltetes Plätzchen (eine Nachbildung einer antiken Münze mit Schriftzeichen) entwendet wurde. Die Erläuterung traditioneller deutscher Plätzchenformen ist übrigens ein Muss.
Am Mittwoch war das Plätzchenbacken schon routinierter, der Stress aber nicht weniger groß. Die Mädchen freuten sich ebenso über die Gelegenheit und auch die großen Jungs aus Maschienenkontrolle 0901 waren entzückt über die Ankündigung, dass sie obwohl sie keinen regulären Deutschunterricht haben, Donnerstag Nachmittag auch backen dürfen. Ich war schon sehr früh aufgestanden, um den Teig aus der Truhe zu holen und musste für 0901 noch die Morgenübung vorbereiten. Eigentlich ist das ein ödes Ritual in dem 20 Minuten lang Vokabeln durchgelesen werden, aber einige Lehrer und ich nutzen die Gelegenheit jetzt etwas anderes zu lernen. Ich glaube allerdings niemand geht so weit wirklich Unterricht zu machen. Ich versuche das dennoch, denn ich denke alles andere ist in etwa Zeitverschwendung, zumal die Schüler dieser Klasse sonst kein Deutsch lernen. Was nützen ihnen Vokabeln, wenn sie die Frage „Wie gehts dir?“ weder verstehen noch irgendwie beantworten können? Nach zwei Wochen derartiger Übung hoffe ich, dass sie es im neuen Jahr noch beherrschen. Diese Hoffnung wird aber enttäuscht werden, denke ich. Wie auch immer, am Mittwoch bereitete ich etwas besonderes vor, etwas weihnachtiches. Für jeden der Weihnachtsunterricht machen muss: Ich empfehle für die Erläuterung zu „Warum feiert man Weihnachten“ das Musikvideo zu „Frankie Goes to Hollywood“s: „The Power of Love“. Leider auf Englisch, aber unglaublich schön. Für die Vermittlung der Weihnachtsstimmung, für Bilder zur Weihnachtsgeschichte, für unruhige Klassen mit niedriger Konzentrationsfähigkeit, ideal. Zur Einstimmung auf eine Wiederholung des Weihnachststoffes: Das Weihnachtsoratorium von Bach. Sehr festlich und Teil unserer Kultur, warum würde man sonst überhaupt in die Kirche gehen?
Die Prachtstuecke
Als Finale versuchten wir noch mehr oder minder erfolgreich den Lerninhalt „Weihnachten“ mit Nikolaus, Weihnachtsbraten, Tannenbaum, Weihnachtsmarkt und Weihnachtsmusik schnell und interessant für die Schüler vorzustellen. Dazu teilten wir die SchülerInnen in kleine Gruppen, die jeweils einen Gruppentisch formen sollten. Jeder Tische bearbeitete dann ein Thema zu dem Zettel vorbereitet waren (siehe Anhang). Sportlicher Ehrgeiz wurde mithilfe einer „Weihnachtsrallye“ gefördert, dass heißt sie sollten Stichwörter aus dem Text in einen Lückentext eintragen. Aus Zeitmangel gelang aber keine sehr tiefgründige Beschäftigung mit dem Inhalt. Ich hoffe etwas grundlegendes und die Weihnachtsstimmung sind angekommen. Zumindest wissen jetzt auf der anderen Seite der Erdkugel etwas, was auch deutsche Kinder immer wieder lernen müssen: „Warum feiern wir Weihnachten?“
einst wie jetzt
Zu dieser Frage kann der Leser oder die Leserin mal in sich gehen 🙂 Ich hoffe ihr hatte alle schöne Feiertage.
Meine Besinnlichkeit erschöpfte sich in den Vorbereitungen für den Unterricht, an Heilig Abend hatte ich aber noch eine kleine Bescherung mit meinen Kolleginnen beim Mittagessen. Geschenke: Eine koreanische Glückwunschkarte (zu was auch immer) und ein chinesisches Schachspiel (xianqi)! Es ist nicht wie das deutsch Schachspiel! Es ist anders! http://de.wikipedia.org/wiki/Chinesisches_Schach
Neujahr
Als Ergänzung zu Weihachten: Unser Sylvester und Neujahr hat für China nicht die gleiche Bedeutung. Es wird außer für Ausländer kein Feuerwerk verbrannt, niemand bleibt lange auf, außer dem Präsidenten, der eine Ansprache für das Fernsehn gibt. Das echte Sylvester und Neujahr findet zum Frühlingsfest statt, dem Jahreswechsel nach dem alten chinesischen Mondkalender. Es fällt dieses Jahr auf den 2. Februar (Sylvester). Dann ist es üblich Jiaozi (siehe oben) zu essen, sich mit allen verfügbaren Verwandten und danach Freunden zu treffen und gemeinsam zu essen und zu trinken. Dabei legen alle Chinesen in der Ferne große Strecken zurück um bei ihrer Familie sein zu können. Weihnachten ist wegen der ganzen „Familienangelegenheit“ am Frühlingsfest der beliebtere Anlass mit Freunden zu feiern. Anstatt von Geschenken erhalten die Kinder sogennante „Hongbao“, d.h. rote Papierumschläge, die mit Geld gefüllt sind. Das Frühlingsfest übernimmt die Funktionen von Sylvester und Weihnachten zusammen. Es ist selbstverstänlich, dass dadurch mehr Festlichkeit entsteht, die sich in großen Gewinnen für die Restaurants und Feuerwerksindustrien niederschlägt. Beliebt sind keineswegs unsere sogenannten „Chinakracher“. Wer die in China abfeuern will muss zu Europaimportprodukten greifen (Holland und Deutschland). Traditionell und durchschlagender sind Knallketten aus tausenden Böllern, die, einmal angezündet, für minutenlanges, ohrenbetäubendes Getöse sorgen. Das spart Feuerzeuge und Streichhölzer. Die Luxusversion der Explosionen sind Batterien in Kastenform die, ebenfalls nur einmal angezündet, minutenlanges Feuerspektakel, Raketen und Kugelblitze in den Himmel schleudern. Zitat eines armen Familienvaters nach so einer 5 minütigen Vorstellung: „2000 Yuan! Einfach weg! Haha!“ Für besondere Athmosphäre sorgen die überempfindlichen Alarmanlagen aller Automobile und Roller, die bei jedem Krachen anfangen zu jaulen und zu fiepen und sich dabei noch gegenseitig zu höheren Leistungen anstacheln. Von den Häuserschluchten verstärkt überlagern sich die Geräusche zu einem Bürgerkriegsähnlichen Radau. Der Himmel verdunkelt sich durch die Rauchschwaden und einzelne Raketen zucken wie Blitze aus dem Dunkel. Das Inferno rund um den chinesischen Jahreswechsel lässt sich nur mit den Höhepunkten eines zweiten Weltkrieges vergleichen, wobei es aber kaum Tote gibt. Diese Beobachtungen beziehen sich auf den Jahreswechsel in Tianjin, einer riesigen Großstadt. Wie es in Taicang abläuft wird sich noch zeigen.
Update: Habe das Taicang Neujahr leider verpasst. Aber in Guangzhou gab es ein einstuendiges Feuerwerksprogramm am Abend _nach_ dem Neujahr. Am Anfang sehr beeindruckend, danach seltsam schnoed. Man stumpft einfach ab durch die staendigen Explosionen. Es ist einfach unnoetig! Habe ich so manchmal das Gefuehl. Besonders wenn jede Woche irgendein neues Gebaeude durch Getoese eingeweiht wird. Am Tag. Etwas verschwenderisch, oder? Wundersames China 🙂
Was macht eine chinesischer SchülerIn, die die Abschlussprüfung der Mittelschule nicht bestanden hat, aber trotzdem studieren will? Was kann man bei einem Schüleraustausch alles lernen? Wie gelangen Schadstoffe in unsere Lebensmittel? Soll die Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke verlängert werden? Und nicht zuletzt: Kann ein Panda die Erderwärmung stoppen?
Auf all diese wichtigen Fragen und noch viel mehr konnte man am 19. November 2010 an der Shanghai Foreign Language School (SFLS) Antworten bekommen. Schülerinnen und Schüler von chinesischen Mittel- und Berufsschulen aus ganz China (sogar Xinjiang), hielten selbstgeschriebene Vorträge oder referierten spontan zu einem bestimmten Thema.Um alles zu verstehen, mussten die ZuhörerInnen allerdings eines beherschen: Die deutsche Sprache.Deren Anwendung war der Maßstab bei der diesjährigen Vierten Nationalen Deutscholympiade in Shanghai.
Vortrag auf B2 Level
Drei Prüfungsabläufe für die Niveaustufen A2, B1 und C1 forderten die Kandidaten heraus. A2 war gebeten einen kurzen Vortrag zu einem “Bildimpuls” zu geben, Themen waren unter anderem: Urlaub, Feiertage, beim Arzt. B1 und C1 hielten Vorträge zu einem selbstgewählten Thema.
Alle KandidatInnen mussten am Ende noch Fragen der Prüfenden beantworten. Durch die freie Themenwahl kam es zu äußerst hörenswerten, persönlichen Beiträgen, die ich leider nicht alle wiedergeben kann. Wenn Sie Interesse haben, besuchen Sie die nächste Deutscholympiade, die bestimmt nächstes Jahr stattfinden wird!
Die Berufsschule Taicang stellte einen A2 Kandidaten, den ich mit meiner Kollegin nach Shanghai begleitete. So unterschiedlich wie die Heimatorte der KandidatInnen waren auch die Ausgangspositionen. Einige kamen von ausgewiesenen Fremdsprachschulen, in denen der Sprachunterricht ganz anderes gefördert werden kann, als wie zum Beispiel an unserer Berufsschule. Von daher herrschte von Anfang an weniger ein Wettkampfsgeist, als der einer sportlichen Übung. Dies wurde durch die schönen Worte der Vortragenden bei der Begrüssungsfeier unterstrichen.
Fortbildung fuer chinesische Lehrer
Neben den Schülern, die jetzt an der Reihe waren ihr Können zu zeigen, hatten die begleitenden Lehrkräfte die Gelegenheit, auf der anderen Seite des Pults zu sitzen. Es gab eine interessante Schulung für diejenigen, die die Prüfung abnehmen sollten und ein Seminar für die chinesischen KollegInnen. Ich hatte das Vergnügen auch am letzteren teilzunehmen, wenngleich die erwiesenermaßen wichtigen Ausführungen der ProfessorInnen für mein Alltagschinesisch etwas zu schwierig waren.
Unschätzbar interessant war auf jeden Fall der Diskurs am Buffet und zwischen den Prüfungen, der es möglich machte von KollegInnen aus ganz China und Deutschland Erfahrungen und Ideen aufzunehmen. Unvergesslich bleibt die Stimmung beim Abschlussmahl auf einem Ausflugsboot bei einer Fahrt zwischen den angestrahlten Fassaden des Bunds und der Hochhäuser Pudongs.
Schüler und Lehrerin in Shanghai
Die Heimkehrenden sind erschöpfte SchülerInnen und LehrerInnen, die gesehen haben, wie schön es sein kann Deutsch zu reden. Und die mit einem guten Gefühl ihren daheimgebliebenen SchülerInnen sagen werden: Wenn ihr schön aufmerksam seit und fleissig lernt, dann fahren wir nächstes Jahr zusammen zur Deutscholympiade!
Fazit: Nicht einmal der Kongfu-Panda aus dem gleichnamigen Film kann die Erderwärmung stoppen. Er hat aber ausgezeichnet dazu beigetragen, uns zu erklären, dass wir etwas dagegen unternehmen müsse
Alle Photos sind im Moment nicht verfuegbar. Ich bitte um Verstaendnis.
Neben der Über… Seite mit allgemeinen Erklärungen gibt es jetzt auch die Bilder… Seite mit Links und den geheimen Wörtern für Bildergallerien! Für jede die schon mal das wahre China (genauer: Shanghai und Taicang) sehen wollte.
Bilder….
…sind ein Ausschnitt der Wirklichkeit. Eine Fotogallerie aus China ist deshalb wie ein Guckloch, durch das wir ein wenig in die Realität dieser anderen Seite der Erde linsen können. Leider entgeht einem dabei alles an Gerüchen, Geräuschen, an Gedanken und Texten, an Menschen und Dingen, was sich mit einem Foto kaum adäquat ausdrücken laesst.
ein kleiner Einblick in.... Tianjin
Ich hoffe ihr fühlt euch trotzdem ein bisschen hierher versetzt und nachher noch mehr Fragen zu China, die ihr mir dann auch gerne stellen könnt. Ich bemühe mich mit den Bildbeschreibungen etwas Kontext zu den Bildern zu schaffen. Wenn ein Bild euren Ärger erregt, warum auch immer, seid ihr eingeladen mich darauf hinzuweisen. Ich werde es dann entfernen.
Heute scheint die Sonne. Der Himmel zeigt ein blasses Blau, die Wärme der Sonne reicht aus, um die gelben Shizi-Früchte saftig werden zu lassen. Gestern abend bin ich sehr müde gewesen und früh schlafen gegangen. Deshalb habe ich den Wecker schon auf 6:30 Uhr gestellt. Die freie Zeit vor dem Unterricht füllte ich mit etwas Erhu-Übungen. Es klingt schon nicht mehr ganz so fürchterlich. Früh aufstehen ist im Winter nie leicht, aber hier wird es schon um sechs hell, deshalb fällt es leichter als im dunklen Winter daheim. Nach dem Üben gehe ich ins Büro. Das Frühstück aus Haferflocken und grünen Rosinen hält gut vor bis zum Mittagessen um 11:30 Uhr.
Ich habe viel zu tun: Texte wollen korrigiert werden, ich lerne jeden Tag ein Sprichwort auf Chinesisch, schreibe ein chinesisches Tagebuch für meine Lehrerin, schreibe E-Mails nach Hause, lerne Erhu und schaue mir Bücher für mein Studium in Geoökologie an. Jetzt kann ich nichts davon tun. Ich muss den Unterricht vorbereiten. Die Kollegin mit der ich zusammen unterrichte ist heute nicht da. Sie begleitet ihre Klasse zum Militärlager. Dort lernen die Schüler Disziplin, Sportübungen, Marschieren und allgemeines Über die Volksarmee. Danach besprechen sie ihre Erfahrungen mit ihren Klassenlehrern.
Für mich bedeutet das, dass ich heute alleine unterrichten muss. Das ist nicht schwer, denn diese Klasse besteht Übuerwiegend aus fleißigen Schülerinnen. Sie lernen hier Kaufmannische Angestellte zu werden. Ich plane etwas lockeres. Gerade hat die Klasse eine Klausur geschrieben und die Lehrerin, Wu Dan, sagte zu mir, dass sie gut ausgefallen ist. Also suche ich nach Liedern oder Spielen, aber es fällt mir schwer mich für etwas zu entscheiden. Vieles was schön ist, ist schwer. Vieles was einfach ist, ist langweilig. Ich bin froh, als ich meine alte Präsentation über Berlin wiederfinde. Dazu habe ich noch welche über Celle und Heidelberg von meinen >>kulturweit<<-Kollegen aus Deutschland. Bei denen ergänze ich noch das Chinesische und dann muss ich auch schon los.
Die Schülerinnen und Schüler (es gibt zwei Jungen bei 38 Mädchen) machen gewissenhaft ihre Augenübungen. Drei- oder zweimal am Tag erschallt eine beruhigende Musik begleitet von einer weiblichen Ansagerin aus den Lautsprechern. Im Takt sollen die Schülerinnen und Schüler Akupressurpunkte im Gesicht massieren. Das beruhigt, hilft den Augen sich zu entspannen und stimmt ein auf aufmerksames Zuhören im Unterricht. Je älter die Schüler sind, besonders die Jungen, desto weniger gelingt ihnen diese Übung und sie quatschen oder spielen Ball. In dieser Klasse achtet die größte Schülerin auf die Disziplin. Als ich eintrete, setzt sie sich, da ich anscheinend auch diese Aufgabe erfüllen soll.
Es ist nicht ganz so ruhig wie bei Frau Wu. Ich bin nicht sehr streng, kann die Schüler nicht so gut auf Chinesisch maßregeln. Will es auch eigentlich weniger. Nach einer kurzen Ansprache beginnen wir die Monate zu wiederholen. Die Schüler sind sehr aufmerksam und gewissenhaft, selbst als ich mit Mühe versuche einige zusätzliche Informationen und Wörter zu erklären, z.B. „Ich bin geboren im…“. Nach einer Viertelstunde möchte ich mit den Präsentationen beginnen und arrangiere etwas ungelenk die Verbindung zwischen dem Klassenbeamer und meinem Laptop. Doch schliesslich klappt es und ich erläutere, warum der Berliner nur in Berlin Pfannkuchen heißt.
Dreimal muss ich im Unterricht auflegen, weil die Fachschaftsleiterin Informatik mich anruft. Nach Stundenende nehme ich ab und werde zum Mittagessen bestellt. Es ist ratsam dem Folge zu leisten, auch wenn man andere Pläne hat. Immerhin wird meine Kollegin Qilin, mit der ich gewöhnlich essen gehe, mit eingeladen. In dem größten Restaurant der Straße speisen wir Erlesenes zusammen mit einem alten Lehrerausbilder, Herr Shi. Er drängt jüngere Kollegen zum trinken, ich komme mit einer Flasche „Harbin Beer“ davon. Zusammen mit Kokusnusssaft kann man es auch trinken. Der Umfang der Mahlzeit überragt jedermanns/-fraus Fassungsvermögen. Viel Rind, Fisch, Nudeln und Gemüse bleiben unverzehrt. Wir bekommen sie zum Abendessen eingepackt.
Die Sonne hat die Luft erwärmt, erfüllt von dem guten Essen bewegen wir uns in Richtung Schule. Ich bringe das verpackte Essen zum Wohnheim und fahre mit dem Fahrrad zurück zum Torwächterbüro, um meine anderen Sachen abzuholen. Ich fahre im Zickzack, damit ich nicht so schnell ankomme. Ich habe den Nachmittag frei. Am Abend werde ich mit meiner Verlobten in Berlin telefonieren. Es ist Freitag. Es ist ein schöner Tag.
Heute mal eine kleine Erläuterung zu mir und meiner Arbeit.
Genaueres über:
Den Freiwilligendienst
Hallo,
ich bin ein Freiwilliger des >>kulturweit<<-Freiwilligenprogrammes vom Auswärtigen Amt.
Der Freiwilligendienst des Auswaertigen Amts
Die Aufgabe dieses Programmes ist die Unterstützung der Deutschen Kulturinstitutionen im Ausland durch junge Freiwillige aus Deutschland. Es soll den Austausch zwischen den Kulturen und das Lernen der deutschen Sprache im Ausland verbessern. Die Freiwilligen sollen ein modernes und positives Deutschlandbild vermitteln.
Nach meinem Abitur leiste ich den >>kulturweit<<-Dienst als Ersatz für meinen Zivildienst. Ich arbeite für das Goetheinstitut in Shanghai und meine Einsatzstelle ist das Taicang Vocational Education Center, eine Berufsschule, die auch zum „Abitur“ führt. Meine Aufgabe ist es, im Deutschunterricht zu helfen und Deutschlernen interessant zu machen.
China
Ich bin nach meinem 10-monatigen Schüleraustausch mit AFS bin ich zum zweiten mal in diesem
China, zusammengefasst
großen Land. Das erste Mal verbrachte ich in Tianjin, einer Großstadt in der Nähe Beijings im Norden. Im Vergleich dazu liegt mein jetziger Einsatzort südlich. Nach meinenErfahrungen ist es sehr schwer, ein allumfassendes Chinabild zu haben, weil China sehr groß ist und über eine sehr lange, eng verknüpfte Geschichte verfügt. Dazu hilft es sich vorzustellen, man müsste Großeuropa mit dem nahen Osten und Russland beschreiben, wenn es über die letzten 3000 Jahre lange Jahrhunderte gelegentlich zentral regiert worden wäre. Wie bei dieser Vorstellung ist China für Landesfremde ein unüberschaubares Bündel an Geschichte, Kultur, Politik und nicht zu letzt Menschen in großer Zahl. In einem Satz:Nichts trifft auf ganz China zu, aber das meiste ist irgendwo und irgendwann in China zutreffend.
Taicang
Wer das allwissende Internet benutzt, wie eben jetzt, um mehr über Taicang zu erfahren, der oder die wird folgendes bemerken: Taicang ist eine Stadt im wirtschaftlichen Aufbruch.
das moderne Taicang
Zahlreiche Statistiken und Auszeichnungen preisen seine Eignung für Investitionen. Wer sich dafür interessiert findet reichlich:
(Für den Inhalt und die Authentizität folgender Seiten bin ich nichtverantwortlich:)
http://www.jiangsu.net/city/city.php?name=taicang (Germany Industrial Park!)http://en.wikipedia.org/wiki/Taicang (National Longevity City !!)http://www.taicang-roundtable.cn/index.php?option=com_content&view=category&id=29&Itemid=60 (Ortsansässige deutschsprachige Auslandsfirmen) http://chinatravelguide.com/ctgwiki/Taicang (mit einem sehr berührenden „Informationsvideo“ über das „Goldene Taicang“)
Im Interesse der Leserinnen und Leser werde ich die relevanten Informationen kurz zusammenfassen: Taicang ist eine rasch expandierende Kleinstadt, die von vielen Ortschaften und Doerfern umgeben ist, die keine klaren Grenzen zum Stadtgebiet haben, bzw. dazugehoeren. Dadurch scheint es riesig! Es liegt in der Provinz Jiangsu im nördlichen Einzugsbereich von Shanghai und hat mittlerweile knapp 0.5 Mio. Einwohner. Es liegt in der südlichen Jiangsu-Ebene am Südufer des Yangzi-Fluss. Traditionell eine agrarwirtschaftliche Gegend, profitiert der aufsteigende Wirtschaftsraum Taicang jetzt von seiner günstigen Hafenlage und der Nähe zu Shanghai. Die Hauptressource ist neben der Arbeitskraft das reichlich vorhandene Süßwasser. Das Klima ist mild und feucht und vom ostasiatischen Monsun beeinflusst bei einer Durchschnittstemperatur von 15. Es gibt eine kurze Regenzeit mit hoher Luftfeuchtigkeit im Juni.
Ein Aussenbezirk von Taicang
Seinen Ursprung hat der „Große Speicher“ (wörtl. übers.) als zentraler Reis- und Getreidelagerplatz zur Zeit der Streitenden Reiche (220-280 v.u.Z.). In der Yuan Dynastie (1271–1368) galt Taicang als der beste Hafen der Welt und war Ausgangsbasis der größten chinesischen Entdeckungsreise unter Zheng He von 1405 bis 1433. Neben seinem Status als vorbildliche, fortschrittliche Industriestadt ist Taicang bekannt für seinen Reichtum moderner Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler.
Was sagt einem das jetzt über das heutige Taicang? Abgesehen von den wirtschaftlichen Informationen recht wenig. Deshalb sehe ich es als meine Aufgabe etwas über das gegenwärtige Taicang zu berichten. Dabei denke ich an die Menschen, die Häuser, die Straßen und die Landschaft Taicangs, die ich vielleicht mit meinem Fahrrad erkunden kann.
Die Schule – Jiangsu Taicang Vocational Education Center
Das TCVEC ist eine moderne Berufsschule in der Nähe des überschaubaren Zentrumsvon Taicang.
Sportplatz der Schule
Es verfügt über 4 Zweige, die verschiedene Berufsgruppen als Ziel haben, zur Zeit sind mir davon nur einige bekannt. Angeboten wird auf jeden Fall eine Ausbildung zum Maschinenkontrolleur, zur Kleidungsmanufakteurin, zum Buchhalter (zur Buchhalterin), zur Touristikspezialistin. Ihr seht,
dass ich geschlechtsspezifisch formuliert habe, das soll die Verteilung in den Kursen veranschaulichen. Das Gelände verfügt über Laboratorien, Maschinensäle, Unterrichtsgebäude, ein Verwaltungsgebäude, eine Bücherei, ein eigenes Sportzentrum, Sportplätze sowie Wohnheime für Schüler und Lehrer. Die Schüler tragen eine Schuluniform und es gibt die landesweit übliche Flaggenzeremonie am Montag, tägliche Augenmeditation und Morgenübungen.
Schulalltag in der Pause
Jeden Tag finden 5-6 Stunden a 45 Minuten Unterricht statt. Dazu kommen Praktika während der Schulzeit, beim Dualen System jeweils ein halbes Semester. Die Praktika finden bei deutschen Firmen, hauptsächlich dem Schulpartner, der „Schaeffler-Group“ statt. „Mit dem Blick auf die Welt, auf die Schüler und auf die lokale Wirtschaft“ (Bannerspruch)
Meine Aufgabe
Mein Ziel, guten Deutschunterricht zu machen, verfolge ich zusammen mit einer anderen Lehrerin. Weil eine andere Lehrerin gegangen ist, müssen wir ihre Klasse für 3 Wochen übernehmen, bis sie ins Praktikum gehen. Das erfordert, dass ich eine Stunde die Woche alleine unterrichte! Ansonsten unterrichte ich mit Wu Dan 13 Stunden die Woche. Das klingt nach nicht viel, es erfordert aber eine gute Unterrichtsvorbereitung, die unter Umständen sehr lange (und spät) werden kann. Dazu kommt an zwei Morgen in der Woche 20 Minuten „Frühlesen“ zum Wörter- und Aussprachetraining. Ich versuche mich zusätzlich auch noch in chinesischer Sprache, Geschichte und Kultur (klassische Musik) weiterzubilden.
im Unterricht
Im Unterricht bin ich angehalten den kreativen konstruktivistischen Ansatz zu verfolgen. Das bedeutet, die Schüler sollen möglichst individuell und selbstständig lernen. Sie sollen verschiedene Medien nutzen und in verschiedenen Sozialformen (Plenum, Gruppe, Partner, Individuum) arbeiten. Sie sollen viel Reden und Regeln selbst erarbeiten. Leider bin ich kein ausgebildeter Lehrer und die Klassensituation ist nicht perfekt dafür geeignet. Es gibt zwischen 40 und 48 Schüler pro Klasse. Ich versuche dennoch mein bestes und finde gute Unterstützung bei Wu Dan. Zusammen können wir die modernen deutschen Lehrmaterialien nutzen. Mit der Zeit werde ich mich eingearbeitet haben und besseren Unterricht machen können.
Meinen Blog
Ich möchte viele interessante Artikel zu verschiedenen Themen und mit Bildern veröffentlichen. Dabei verzichte ich weitestgehend auf Alltagsdarstellungen, weil es davon schon sehr viele auf kulturweit-blog gibt. Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen! Bei Anmerkungen, Kritik und Wünschen freue ich mich auf eure Kommentare und E-Mails.
Wir sehen uns! Einen schönen Tag wünscht euch, Zhuyixuan