Chronik einer 21h Zugfahrt in China

Von Chengdu nach Lanzhou habe ich einen Zug genommen, weil es momentan keine Busverbindung nach Gansu gibt, der Provinz nördlich von Sichuan. Leider gab es keine Schlafplätze mehr, deswegen musste ich einen Sitzplatz nehmen.

14:50 ankunft am gate. Erster gedanke: scheiße. Riesenschlange mit mehreren hundert leuten, die alle zum schalter drängeln. China von seiner schönsten seite.

15:09 platz gefunden. Sitze zwischen einem jungen mann und einer frau mittleren alters. Der mann schaut einen film auf seinem handy – war klar.
Etwa sechs leute stehen, weil sie keine sitzplätze mehr bekommen haben… Die armen

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16:30 angesichts der häufigen toilettennutzung durch sämtliche fahrgäste frage ich mich, wann das klo wohl zu riechen beginnt. Urgh.
Gelegentlich kommen angestellte mit obst und wasser vorbei. Eben hat eine frau auch kopfhörer und kinderspielzeug verkauft
16:55 erster stop. Einige der stehenden fahrgaeste steigen aus, andere gehen sich die fuesse vertreten. Ich auch, aber fluechte relativ bald wieder ins wageninnere – es ist zu heiß draußen. Gut, dass es ne klimaanlage gibt.
17:00 der zug faehrt an. Das paar gegenüber packt eine packung eingelegte hühnerfüße aus. Ich bleibe lieber bei meinem getrockneten tintenfisch.
17:16 die toilettenspuelung geht nicht… Na super. Der mann neben mir sitzt auf der hälfte meines sitzes…
17:40 inventarisation (?): drei scheiben rosinenbrot, erdnüsse, zwei packungen fertignudeln, getrocknete datteln, kleine bananen, ein anderes obst, dessen name ich nicht weiß, anderthalb liter mineralwasser und ein halber liter fruchtschorle
17.48 ich höre philipp poisel und esse erdnüsse, während das paar gegenüber einen kleinen topf rausholt und dort drin fertignudeln macht
17:51 die frau neben mir isst sonnenblumenkerne und lässt unauffällig die schale auf den boden fallen. Bald liegen überall verteilt schalenreste. Ich frage mich, ob hier wohl zwischendurch noch sauber gemacht wird.
17:54 tatsächlich! Der schaffner fegt mit einem kleinen reisigbesen die gröbsten sachen weg. Danach schließt er die klos wieder auf, die bei jedem stopp zugeschlossen werden. Das paar rührt in den nudeln, der typ neben mir spielt an seinem handy rum und die frau rechts macht die haare ihrer etwa 8 jährigen tochter
18:08 das große fressen hat um mich herum begonnen. Ich schließe mich an und breche meine erste packung fertignudeln an
19:01 aus dem mülleimer läuft eine nicht weiter definierbare flüssigkeit heraus. Urgh. Der obstwagen kommt aufgefüllt wieder.
19:31 wir fahren an ziemlich schöner landschaft vorbei – vorne sattgruene reisfelder, ein kleiner fluss mit ueberraschend sauberem wasser schlängelt sich durch das bild und hier und da stehen häuser. Im hintergrund sieht man berge, auf denen nadelbäume wachsen. Dazu der sonnenuntergang, wow.
Im hintergrund läuft scheppernd oppan gangnam style
20:10 als ich ein buch lese, fragt mich mein sitznachbar, ob ich englisch studiere. Jap perfekte ausrede um nicht als ausländerin entlarvt zu werden ^^
20:22 der schaffner leert den mülleimer und dabei fällt müll heraus. Er verschwindet und lässt ihn liegen. Hoffentlich kommt er wieder und räumt ihn wieder rein…
20:27 jap er hat ihn grad weggeräumt, nachdem er noch was hergekerrt hat
21:05 noch ein längerer halt. Ich steige aus und wundere mich darüber, dass es noch so warm ist draußen. An mir läuft eine mutter vorbei, die ihr kind mit nur einem band an ihrem rücken festgebunden hat. Ich hab ja schon viele arten des babytransports gesehen – vorne, hinten, im tragetuch oder im korb mit integriertem sitz – aber das ist das provisorischste überhaupt. Sehr basic. Als sie an mir vorbei läuft, sehe ich einen nackten babypopo.
22:40 auf dem weg aufs klo sehe ich einen mann auf dem boden auf pappe schlafen
22:42 der obstmann läuft jetzt ein sechstes mal vorbei. Ich stehe auf, um mir ein wenig die beine zu vertreten und stehe zwischen den rauchern im gang und einer frau, die keinen sitzplatz hat und mit ihren sachen in der ecke mit den waschbecken steht. Das paar gegenüber von meinem platz bricht die zweite packung fertignudeln an. Eine frau wäscht cocktailtomaten und trauben im waschbecken, ein mann geht aufs klo.
23:03 ich hätte jz lust auf ein richtiges abendessen
22:08 können wir mal aufhören, ständig durch tunnel zu fahren? Mein signal ist ständig weg. Und ich frage mich, ob das licht wohl noch ausgemacht wird.
22:30 ich kann nicht schlafen
03:20 rückenschmerzen… Und das licht ist immer noch an. Bleibt wohl wirklich so. Noch 9 stunden… Ich will langsam ankommen!
5:30 vom schaffner geweckt. Ein weiterer Halt.
7:48 eine verkäuferin preist zahnbürsten und zahnpasta an. 2 für 1!
7:53 draußen ziehen sandige berglandschaften vorbei. Ein bauer pflügt mit seinem esel das feld.
8:00 noch vier stunden!
8:44 ich bin eingenickt und als ich aufstehe, ist der zug bereits deutlich leerer. Die felder, die ich aus dem fenster sehe, wirken trocken und karg, die dörfer sehr einfach.

DSC_6192 9:46 die zugverkäuferin ist wieder da, diesmal mit einer ladung gürtel
10:00 noch 2h! Der schaffner geht durch und kontrolliert die größe der kinder. Bis 1,20m brauchen kinder nämlich keine fahrkarte. Ein vater muss nachzahlen.
11:45 alle fangen mit packen an, schließlich sollen wir um 12 ankommen
11:47 der schaffner kommt vorbei und eröffnet uns eine stunde wartezeit. Ernüchterung macht sich breit.
12:47 endlich da!!!

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Chengdu

Ich bin seit Donnerstag in Chengdu und wollte eigentlich nur bis Samstag bleiben, aber es gab starke Regenfälle im Norden Sichuans (Provinz), sodass die Busse nicht fuhren. Ursprünglich wollte ich nämlich nach Songpan, ein Dorf nördlich von hier, um ein bisschen Horse Trekking zu machen. Zum Glück ist hier noch eine andere Freiwillige, Miki, bei der ich kurzfristig unterkommen konnte, als ich von meinem Ausflug zum Emei Shan zurück kam. Das ist ein heiliger Berg 2 Stunden Fahrt von Chengdu entfernt, wo ich eine Nacht geschlafen hab und am Morgen (bzw um 4 in der Nacht) zum Gipfel gewandert bin und von dort aus den Sonnenaufgang gesehen hab – der übrigens echt schön war, weil wir über den Wolken waren und die Sonne einfach über dem Wolkenmeer aufgegangen ist, in Rot-Orange und der Himmel wechselte von einem tiefdunklen Blau in ein klares Hellblau. Ich hab hunderte Bilder gemacht, die alle irgendwie gleich aussehen, weil es so schön war:D

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Am nächsten Tag hatte ich eigentlich vor den Bus zu nehmen, aber am Bahnhof wurde mir mitgeteilt, dass keine Busse dorthin fuhren – also blieb ich in Chengdu und versuchte es die Tage darauf nochmal, aber bis jetzt fahren immer noch keine Busse und niemand weiß, ab wann der Verkehr wieder läuft. Die Tage hier habe ich relativ entspannt verbracht, Miki und ich sind ein bisschen in der Stadt rumgefahren und waren sonst bei ihr in der Nähe. In Chengdu habe ich auch zufällig noch einen Niederländer und einen Deutschen getroffen, den ich ein paar Tage vorher in Tagong im Westen der Provinz kennengelernt hab. Die beiden sind, als ich nach Chengdu aufgebrochen bin, noch in ein weiteres Dorf gefahren, wo sie drei, vier Tage in einem Kloster gelebt haben. Hat ihnen ziemlich gut gefallen dort, nur das Essen war wohl nicht so super.

Hier war ich auch mit zwei Israelis unterwegs, die ich auch vorher im Westen getroffen habe. Wir sind in den People’s Park gegangen, dem Stadtpark hier, und sind einem etwas schrägen alten Chinesen begegnet, der zu Musik Freestyle getanzt hat. Als er hörte, dass die beiden aus Israel sind, hat er plötzlich mit einem Stock und Wasser Hebräisch auf dem Boden geschrieben – es stellte sich heraus, dass er aus Harbin kommt, einer Stadt ganz im Norden Chinas, und dort als Kind zwischen Juden aufgewachsen war und sogar mal Hebräisch sprechen konnte. Er war völlig aus dem Häusschen, Juden zu treffen und hat sich wahnsinnig gefreut:)

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Sonst ist hier nichts allzu aufregendes passiert; ich hab Pandas im nahegelegenen Zoo gesehen, die gerade gefüttert wurden. So wie sie faul auf dem Rücken lagen und sich beim Essen so wenig wie möglich bewegt haben, kamen sie mir irgendwie ziemlich menschlich vor… und sehr süß!

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Außerdem waren Miki und ich noch in einer Sichaun Oper, die aber leider nicht mit dem berühmten Maskenwechsel war – dabei werden die Masken der Figuren blitzschnell gewechselt, so, dass man die Bewegung praktisch nicht sehen kann. Aber auch ohne war das ganze eine interessante und amüsante Erfahrung.

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An einem Abend waren wir noch bei einer Theaterausfführung einer Grundschule, die von einem Freund von Miki inszeniert wurde. Die Schüler haben den Disney-Film „Die Eiskönigin“ einstudiert und sogar mit Gesangseinlagen vorgeführt. Sehr süß!

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Man beachte Olaf, den Schneemann

Man beachte Olaf, den Schneemann

Asche auf mein haupt wegen der miserablen Qualität! Es war zu dunkel

Asche auf mein Haupt wegen der miserablen Qualität! Es war zu dunkel

Morgen Mittag nehme ich den Zug nach Lanzhou in Gansu, Provinz nördlich von Sichuan (hoffentlich fährt der…), wo ich übermorgen Mittag ankomme. Ich versuche, mich mit einem weiteren Freiwilligen, David, in Gansu zu treffen. Er ist schon vor mir losgefahren und macht dort gerade Horse Trekking, soweit ich weiß.

Übrigens bin ich jetzt schon über 4 Wochen unterwegs und ich muss sagen, es läuft doch echt gut allein:) Die meiste Zeit treffe ich sehr schnell andere Reisende, aber auch das Alleinsein hat mir gut getan. Man lernt viel mehr auf sich zu hören und ist unheimlich flexibel. Obwohl ich fairerhalber sagen muss, dass fast zwei Monate allein schon nicht ganz ohne sind, aber wie heißt es so schön? Herausforderungen sind Gelegenheiten zu zeigen, was man kann;)

In Gansu gibt es übrigens muslimische und tibetische Minderheiten, eines der wichtigsten tibetischen Klöster, das westliche Ende der Mauer, die Rainbow Rocks (Felsen aus verschiedenfarbigen Gesteinsschichten), Wüste, Seidenstraße und eine alte Oasenstadt. Achso, und noch ein paar Grotten und buddhistische Steinhauereien, glaube ich, aber mal sehen, was ich so schaffe:) Gansu war mein persönliches Highlight der ganzen Reiseplanung, ich hoffe, dass mir dieser Regen nicht einen Strich durch die Rechnung macht.

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Shangri-la

Im tibetisch gepraegten Shangri-la, das im Norden Yunnans liegt,
ist die Sonne heisser
die Luft duenner (mehr als 3000m uNN)
die Haeuser verschnoerkelter;
sind die Menschen dunkler und freundlicher
und man sieht bunte, traditionelle Kleidung, besonders charakteristisch der rote Turban der Frauen.
Es gibt auch tibetische Kloester mit den typischen bunten Fahnen (nennt man das so?), die an einer Kette haengen und im Wind herumflattern.

Ich bin hier seit gestern und habe die duenne Luft beim Fahrradfahren heute Mittag gespuert. Obwohl wir nicht schnell gefahren sind, war ich wesentlich schneller ausser Atem als normalerweise… Sonst habe ich mir noch die Altstadt angeguckt, oder besser gesagt: das, was uebrig ist. Denn ein Feuer hat im Winter grosse Teile zerstoert, sodass man noch ein grosses Gebiet hat, das nur aus Schutt und Asche besteht. Aufbauarbeiten laufen, aber eher langsam.

Ich bin hier mit einem niederlaendischen und einem schweizerischen Paerchen, zusammen fahren wir morgen nach Xiangcheng, das oestlich von hier in der Nachbarprovinz Sichuan liegt. Das ist der erste Stopp auf unserer Reise nach Tagong, dem Grasland in Sichuan, das ziemlich unzugaenglich im Westen der Provinz liegt. Um dorthin zu kommen, muessen wir mehrmals umsteigen; Zuege gibt es keine. Das Ganze wird etwa drei Tage dauern, bis wir da sind – bisschen umstaendlich, aber dafuer kommen wir in Litang vorbei, das ein ziemlich bekanntes, tibetisches Dorf ist. Ich muss sagen, dass ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob sich das lohnt, weil ich heute in der Naehe Shangri-las Grasland gesehen hab und es, naja, doch ein wenig langweilig fand :D Aber das Grasland in Tagong ist wesentlich groesser und untouristischer als dieses hier und ist sogar im Lonely Planet ein Highlight Sichuans.
Ich hoffe, wir koennen dort reiten und vielleicht sogar ein tibetisches Homestay machen. Mal sehen:)
(Ausserdem waere es ein ziemlicher Umweg, wenn ich einen anderen Weg von SHangri-la nach Sichuan nehmen wuerde, ich muesste erst in den Sueden und dann eine Kurve Richtung Nordosten machen…)

Wenn ich irgendwann Zeit habe (also wohl erst in Deutschland:D), dann erzaehl ich mal ein bisschen mehr ueber das, was ich so gemacht habe. Nur so viel: Ich bin von Chongqing nach Kunming, von da aus nach Jianshui und Yuanyang im Sueden (Reisterrassen), dann wieder nach Kunming und von da aus nach Norden ueber Dali, das mit seiner entspannten Atmosphaere positiv ueberrascht hat, nach Lijiang. Von dort bin ich dann zur Tigersprungschlucht gefahren (einmal googeln bitte, die Aussicht war gigantisch! Fotos folgen spaeter:) ) und von da aus nach Shangri-la.

Nach Tagong, Grassland, will ich nach Chengdu, Sichuans Hauptstadt, und danach weiss ich noch nicht genau. Ich werde etwa noch ne Woche haben, wo ich u.a. zum Nationalpark Jiuzhaigou fahren will, das fuer seine kristallklaren, blau-tuerkisen Seen beruehmt ist. Danach gehts fuer etwa anderthalb Wochen nach Gansu und dann schon wieder zurueck nach Shanghai, um mich auf meine letzte grosse Reise dieses Jahr vorzubereiten – Deutschland!

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Chongqing

Letzten sonntag bin ich nach chongqing geflogen und habe die ersten zwei nächte in einem hostel geschlafen. die ersten zwei tage habe ich mit daniela, einer freiwilligen des dortigen goethe instituts (aber nicht kulturweit) und einer chinesin verbracht, die ich im hostel kennengelernt habe. wir waren in ciqikou, dem altstadtviertel im westen der stadt, das voll von kleinen cafès und souvenirläden ist. touristisch, aber trotzden schön. wirkt noch ziemlich authentisch!DSCN1296Und am fluss waren wir auch, da ist ein alter hafen renoviert und zu einem sightseeing punkt gemacht worden. auch wenn ziemlich touristisch, mochte ich das auch ganz gerne, weil ich sowas noch nie gesehen hab. es ist praktisch ein gebäudekomplex, bei dem ein haus auf dem anderen steht und man die einzelnen etagen von aussen nicht ausmachen kann.

Montagabend war ich mit der chinesin noch auf yikeshu, wörtl „ein baum“, das ist eine plattform auf der anderen flußseite. Sie ist auf einem berg und von dort aus hat man einen echt guten blick auf chongqings skyline und die zwei flüsse, die dort zusammenfließen. Auf dem weg dahin sind wir erst einem mädchen, dann noch einem jungen begegnet, die beide allein dorthin unterwegs waren. Das mädchen war sogar im gleichen hostel, wie sich herausstellte!

Am mittwoch war ich mit einer tour bei wulong, einem felsgebiet in der umgebung (ist das das richtige wort?). Es hat mir unheimlich gut gefallen dort, weil die felsschluchten und berge wunderschön bewachsen waren und mehrere hundert meter groß waren. Echt spektakulär ! Kein wunder, dass da filme gedreht wurden. Hatte schon was paradiesisches… Ab und an gab es noch wasserfälle aus den felsen heraus und in einer grotte glaube ich ganz oben fledermäuse gesehen zu haben.

DSCN1389DSCN1409Die tourgruppe bestand nur aus chinesen, und als die andern mitbekommen haben, dass ich aus dem ausland bin, war das intresse groß. Wo ich geboren und aufgewachsen bin, wie lange ich schon hier bin und was ich mache, das was ich immer gefragt werde, aber es ist schon süß zu sehen, wie exotisch ich plötzlich bin:D eine frau um die 50, neben der ich im bus saß, hat mich ein bisschen unter ihre fittiche genommen. Der ultimative ersatzmama beweis war der moment, als sie mir beim mittagessen fleisch und gemüse in meine schüssel gelegt hat. Richtig süß:) danach hat sie noch ihr obst mit mir geteilt.
Hier in china bin ich oft menschen begegnet, die mir gegenüber so lieb waren und sich um mich gekümmert haben, als wäre ich ihr kind. Nicht, dass es meist nötig wäre, aber es freut mich zu wissen, dass es da draußen so viele gute menschen gibt.

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Simianshan

Apropos gute menschen: heute, donnerstag, bin ich nach shimianshan gefahren, einem nationalpark in der umgebung. Ich schlafe hier eine nacht und die besitzerin des gasthauses ist auch eine echt liebe frau. Ich hab mittags nichts gegessen und mir kekse als snack gekauft, hab sie aber nicht vertragen und bauchkrämpfe davon bekommen. Ich saß grade am esstisch (eigentlich ist unten ein kleines restaurant sozusagen, aber heute bin ich ihr einziger gast, also saß ich mit an ihrem tisch), als die bauchkrämpfe anfingen. Sie hat angeboten, mich ins krankenhaus zu fahren, aber ich wusste, dass das nichts schlimmes war (und chinesische krankenhäuser sind sowieso nicht besonders gut), also habe ich dankend abgelehnt und bin auf mein zimmer gegangen. Als es mir dann besser ging und ich gerade auf dem weg nach unten war, kam sie mir mit heißem wasser und einer packung fertignudeln entgegen. Sie wollte mir was zu essen bringen, weil ich vom Abendessen praktisch nichts angerührt hatte. Auch wenn fertignudeln nicht die beste idee sind, wenn man magenprobleme hat, weiß ich die geste zu schätzen und hab mich sehr gefreut:). Ich hab sie dann gebeten einfach das essen nochmal warm zu machen und als ich wirklich gegessen hab, hat sie sich gefreut:D jetzt hat sie mir auch heißes wasser und tee aufs zimmer gebracht, sehr lieb! DSCN1444

Die letzten nächte habe ich übrigens bei einer lithauischen couchsurferin verbacht, die 20 jahre alt ist und auch lina heißt. Ich verstehe mich wahnsinnig gut mit ihr und hatte schon ein paar sehr interessante diskussionen über das leben in china als ausländer (was ein sehr ergiebiges thema ist. Manchmal rede ich ewig mit leuten darüber, einfach, weil es soviele aspekte gibt. Vielleicht schreib ich mal darüber, gibt es intresse?).
Sie ist ein sehr bewundernswerter mensch, wenn ihr mich fragt. Denn trotz schicksalsschläge (ihre mutter ist vor einigen jahren gestorben und zu dem rest ihrer familie hat sie praktisch keinen kontakt), ist sie kein bisschen verbittert oder so, sondern ziemlich fröhlich und offen fremden menschen gegenüber. Sie macht einen ziemlich starken eindruck, denn was einen nicht umbringt, macht einen stärker, nicht wahr?

Ich schreibe übrigens grad vom handy aus und es scheint ein wenig überfordert zu sein mit der kulturweitblogseite. Deswegen habe ich mal großzüfgig weitesgehend auf groß- und kleinschreibung verzichtet – und weil ich echt müde bin und das so schneller geht:D

Morgen früh geh ich mir noch den nationalpark angucken, erwarte aber nicht so viel, weil es heute den ganzen tag geregnet hat und es sehr neblig ist und man teilweise
die schönen wasserfälle gar nicht sieht :(

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Wer hat an der Uhr gedreht?

Kaum zu glauben, aber in weniger als zwei Wochen verlasse ich schon Shanghai, um für anderthalb Monate wieder auf Reisen zu gehen.

Momentan bin ich mit Abschieden und organisatorischen Dingen beschäftigt; ich habe nächste Woche Samstag HSK und lerne dafür noch. Es ist echt schade, wie schnell die Zeit hier vergangen ist und dass ich bald auch die Schulen verlassen werde. Die Menschen hier sind mir sehr ans Herz gewachsen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich früher oder später sowieso wieder nach Shanghai komme und dann besuche ich meine Schule, die I&C, bestimmt. Mit den Lehrern hier verstehe ich mich ziemlich gut, weil sie alles sehr liebe Menschen sind und freue mich immer,  mit ihnen zusammen etwas zu machen. Letzte Woche z.B. waren wir anlässlich des Besuchs unserer deutschen Partnerschule mit der ganzen Deutschabteilung essen, das war echt schön:)

Nächste Woche fange ich dann an zu packen, meine Bücherei- und Metrokarte muss ich noch zurückgeben und mich von der Stadt und den letzten Menschen verabschieden. Ich werde am 16.06. nach Chongqing fliegen und am 07.08. aus Lanzhou wieder nach Shanghai fliegen, wo ich knappe drei Tage bin und am 10.08. dann wirklich wieder nach Deutschland fliege.

Momentan kann ich mir noch gar nicht vorstellen, wieder zurück zu sein und in Deutschland zu leben. China ist so normal und selbstverständlich für mich geworden, dass ich gar nicht mehr wirklich weiß, wie das Leben ohne Straßenstände und tanzende alte Chinesen aussieht. Ich glaube, ich werde am meisten die Lebendigkeit Chinas vermisse.

 

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Umfrage zum deutschen Chinabild

Hallo liebe Leser,

im Rahmen meines Freiwilligenprojektes führe ich derzeit eine Umfrage an meinen Schulen durch, die sich mit den Deutschlandbild der chinesischen Schüler auseinandersetzt. Damit ich das alles ein wenig in Relation setzen kann, möchte ich gerne eine Gegenumfrage starten und euch um eure Unterstützung bitten.

Ich weiß zwar, dass die Ergebnisse nicht hundertprozentig repräsentativ sein werden, allein schon, weil die Befragten aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, aber ich will es trotzdem wagen. Denn einen guten Einblick gibt es ganz bestimmt:)

Am Ende möchte ich die Ergebnisse aufgewertet in einer PPT darstellen, ich hoffe, ich kriege das mit den Graphen und so hin:D

Die Umfrage selbst besteht aus 10 kurzen Fragen:

  1. Wenn du an China denkst, was fällt dir ein? Nenne drei Begriffe!
  1. Magst du China? Begründe.
  1. Welche Unterschiede zwischen Deutschland und China gibt es deiner Meinung nach? Nenne mindestens drei!
  1. Kennst du Chinesen? Wenn ja, woher?
  1. Wie stellst du dir Chinesen vor?
  1. Warst du schon einmal in China?
  1. Möchtest du nach China reisen?
  1. Was essen Chinesen zum Frühstück?
  1. Was isst du zum Frühstück?
  1. (Falls Chinesischkenntnisse vorhanden:) Nenne dein chinesisches Lieblingswort!

 

Wer also so lieb wäre und an der Umfrage teilnehmen möchte, den bitte ich, eine Email mit dem Titel „Umfrage zum deutschen Chinabild“ an  linatran @ gmx . net (natürlich ohne Leerzeichen) zu schicken. Kurze Stichworte reichen! Meine Schüler waren auch sehr sparsam mit ihren Wörtern:D

Und ich frage ganz bewusst nach Stereotypen, deswegen keine Scheu! Am besten einfach das erste hinschreiben, das einem einfällt.

Oh, und schreibt mir doch eine kurze Rückmeldung über meinen Blog, was euch gefällt und was nicht so, Anregungen sind herzlich Willkommen! irgendwie kriege ich doch eher wenig Feedback über das, was ich hier so treibe…

Ich freue mich über jede einzelne Mail – danke:)

Bei der Gelegenheit kann ich übrigens auch mal herausfinden, wer denn so alles meinen Blog liest:D

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Besuch!

Ich habe meinen Eltern am ersten Tag ein bisschen meine Gegend gezeigt, wo ich wohne und einkaufe. Sie finden meine Wohnsiedlung schön, weil sie viel bepflanzt ist und es mehrere kleine Grünflächen mit Bänken gibt, sind aber über die alten, z.T. ziemlich renovierungsbedürftigen Häuser überrascht (irgendwie haben sie nur moderne Gebäude erwartet, ist ja schließlich Shanghai).

Als ich ihnen den Markt in der Nähe gezeigt habe, waren sie sehr angetan von der Vielfalt und Frische der Produtke. Es gibt dort Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch sowie Tofu, Reis, Nudeln und fertig zubereitete Speisen wie Brathühnchen und Dumplings.

Abends waren wir noch in einem kleinen Restaurant essen. Wir hatten drei Speisen bestellt, einen Fisch, Muscheln und Kartoffeln. Kurze Zeit später kam eine Kellnerin und meinte, der Fisch ist leider alle. Dass man in Restaurants oft nicht mehr alle Zutaten hat, ist nichts besonderes, also waren wir schon dabei ein neues Gericht auszuwählen, als eine weitere Kellnerin dazu kam und meinte, nein, Fisch gibt’s noch, die Kartoffeln wären alle. Direkt danach kam noch eine dritte dazu und korrigierte diese, es gäbe wohl auch keine Muscheln mehr. Also bestellten wir noch ein Hühnchengericht und beschlossen, später vielleicht noch woanders etwas zu essen, weil wir doch etwas ungeduldig wurden.
Schließlich aßen wir bereits, als dann doch noch die Muscheln kamen. Irgendwie hatten sie die doch noch, entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten. Naja, geschmeckt hat es auf jeden Fall und letzten Endes waren wir einfach froh, dass wir satt wurden.

Die nächsten Tage haben wir Sightseeing gemacht, waren am Bund und in Lujiazui bei den Türmen, haben in Xintiandi und Tianzifang die Altstadt besucht und sind auch an der Nanjinglu gewesen, der bekanntesten (Touristen-)Einkaufsstraße.
Wir waren auch viel bei mir in der Nähe und haben bei mir zu Hause gekocht.

Die Zeit ging leider viel zu schnell vorüber und jetzt sind sie zu unseren Verwandten im Süden geflogen, wo ich im Winter mit meiner Schwester war.

Aber es war auf jeden Fall schön, sie wieder um mich zu haben:)

 

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Wochenrückblick KW 17

Ich glaube, ich schreibe zu wenig über meinen Alltag, weil ich nie wirklich was Spannendes zu erzählen hab. Damit es aber nicht so wirkt, als ob ich außer Reisen nichts mache, will ich ab und zu mal kurze Wochenrückblicke machen.

Letzte Woche Montag habe ich mich nach der Schule mit meinem Tandempartner Noah getroffen und habe mit ihm Chinesisch bzw. Deutsch gelernt. Weil ich immer bis vier in der Schule bin, war es nach dem Treffen schon etwas später, also habe ich nicht mehr viel gemacht danach. Dienstag war ich mit einer Freundin und einem Couchsurfer aus Singapur in 1933, dem alten Schlachterhaus in Shanghai. Der Couchsurfer ist grade zu Besuch bei Freunden und hatte mich angeschrieben und gefragt, ob ich nicht Zeit und Lust hätte, ihm etwas hier zu zeigen, was nicht in jedem Reiseführer steht. Das Schlachthaus selbst erinnert nur noch entfernt an seine ursprüngliche Funktion; die markante Architektur ist aber immer noch sehr beeindruckend. Dadrin sind jetzt viele kleine Shops, Restaurants und Bars. Man hat wohl mal versucht, das Ganze zu einem Touristenspot zu machen, aber so richtig funktioniert hat das nicht. Zum Glück, denn so hat das Gebäude noch einen viel ruhigeren Charakter. Wir sind auch auf die Dachterrasse gegangen, die überraschenderweise abgeschlossen war (die Male davor, die ich da war, war das nie so. Wir sind einfach durch bzw über die Gittertür geklettert). Von oben hat man eine echt schöne Sicht auf die Hochhäuser in der Nähe, was vor allem abends ein schönes Bild ist.

Mittwoch und Donnerstag bin ich nach der Schule zu Hause geblieben, hab eingekauft, geputzt, gekocht, gelesen und einfach ein wenig entspannt. Immer so viel unterwegs zu sein ist doch etwas anstrengend, vor allem bei den weiten Wegen hier… Das hat also ziemlich gut getan, einfach mal zu Hause sein zu können und nicht immer die Uhr im Auge behalten zu müssen:)

Am Freitag war ich mit einer Freundin bei einem Aikido-Training und habe zugeschaut. Ich überlege, hier wieder Aikido zu machen, bin mir aber noch nicht sicher ob ich das machen will… Schließlich ist es relativ weit weg (ich brauche wie immer ne Stunde hin und zurück, also wäre ich so lange unterwegs wie dort) und besonders günstig ist es auch nicht.  Abends hab ich noch mit meinem Cousin geskypt (zum Skypen komme ich leider auch nicht so oft…).

Samstag habe ich mit den anderen Kulturweitfreiwilligen an unserem Freiwilligenprojekt gearbeitet, das Kulturweit bewegt heißt und die aktuelle Version von diesem hier sein soll:

Wir haben schon etwa 40 Videos und erwarten noch einige, sodass wir insgesamt auf etwas mehr als 50 kommen. Ich bin selbst gespannt, wie wir das alles in ein Lied zusammenschneiden sollen, das im Hintergrund läuft, aber mal sehen:)

Abends war ich mit Fairley und Aaron, einem Freund von ihr, zum Kochen verabredet. Wir haben Pasta gemacht und oh man, war das lecker! Habe mir richtig den Bauch vollgeschlagen…:D Ich hatte echt lange keine Pasta mehr, das tat wirklich gut!

Am Sonntag habe ich mittags English tutoring gegeben und bin danach noch ein bisschen in Starbucks gegangen und hab gelesen. Zu Hause war ich noch einige Kleinigkeiten einkaufen.

Meistens sehen meine Tage so aus, dass ich von der Schule heimkomme und mich etwas später wieder auf den Weg mache, um mich mit Freunden zum Essen zu treffen oder um irgendwo hinzugehen. Manchmal gehe ich auch zu Meet Ups (meetup.com), zum Beispiel zu einem French Picnic, bei dem ich gemerkt habe, wie sehr mein Schulfranzösisch im letzten Jahr doch gelitten hat:D Oder ich bleibe zu Hause und lerne Chinesisch, koche oder bin im Internet.

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Hangzhou

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Ich dachte, ich meld mich mal wieder:)

Vor etwa zweieinhalb Wochen, an 清明节 (Totengedenktag), bin ich mit Fairley für zwei Tage nach Hangzhou gefahren. Wir haben bei einem Couchsurfer und seiner Freundin gewohnt, super liebe Menschen, die sich sehr um uns gekümmert haben. Bao, der Couchsurfer, war manchmal fast ein wenig väterlich:D
Hangzhou, Hauptstadt der Zhejiang Provinz, ist bekannt für seine malerische Schönheit. Sogar Marco Polo soll sie als „schönste und großartigste Stadt der Welt“ bezeichnet haben. Wir waren am berühmten West Lake, der große See und die Hauptattraktion der Stadt. Der See ist gesäumt von Bäumen und Büschen, es gibt kleinere Grünflächen in der Nähe und kleine Flüsse (oder Seen? Ich weiß es grad nicht mehr:D). Leider war es zu dem Zeitpunkt extrem voll, schließlich waren ja National Holidays und das ganze Land war auf Reisen. Das war ein wenig störend, als wir am See entlang gelaufen sind und eigentlich nur in einer großen Masse liefen. In der Nähe des West Lakes gibt es auch einen echt schönen Park, der bekannt für die vielen Blumen ist. Dort waren wir auch und ich hab seit langem mal wieder Tulpen gesehen. Wie schön!

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unsere Couchsurfing-Familie

Überall wurden auch Plastikblumenkränze verkauft und wir haben uns natürlich auch welche besorgt ^_^

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Dann waren wir noch in der Altstadt, die aber auch eher touristisch ist, und haben uns einige Souvenirs gekauft, u.a. einen Becher aus Bambusrohr. Ziemlich cool!

Nachmittags haben wir uns mit Bao und seiner Freundin getroffen und sind in das Hangzhou Museum gegangen, wo wir was über die Geschichte der Stadt gelernt haben (war ziemlich viel los früher, die Stadt war während der Song Dynastie Hauptstadt). Es gibt auch noch relativ viele archäologische Funde dort, die wir in einem weiteren kleinen Museum besichtigt haben.

Knapp zwei Wochen später, letztes Wochenende, ging es für mich nochmal nach Hangzhou, unzwar weil die Schule (I&C, die Berufsschule) alle ausländischen Lehrer zu einem Ausflug eingeladen hat. Wir hatten aber ein ganz anderes Programm und haben zum Glück genau die Sachen gemacht, die ich mit Fairley nicht gemacht habe (entweder weil es zu teuer oder zu voll war). Wir haben eine Bootstour über den See gemacht (langweilig), den Lei Fang Tempel besichtigt (joaa… ein Tempel halt, aber mit sehr beeindruckenden Holzschnitzereien innen), den Longji Tee probiert (naja. Tee eben) und abends am West Lake die „Impression West Lake“ -Show angesehen (ziemlich schön! Aber was soll man auch anderes erwarten von dem Mann, der die Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Spiele in Beijing gemacht hat…).

Wen’s interessiert, hier ein kurzes Video zur Show:

http://www.youtube.com/watch?v=oEcPJRiRaT4

 

Am nächsten Tag waren wir noch beim Xi Xi Wetlandpark, das auf Kompliziert-Deutsch „Nationales chinesisches Feuchtland-Museum“ heißt (hmhm… hätte schön sein können ohne den obligatorischen chinesischen Tourismus, d.h. Essensstände mit Stinketofu, Souvenirläden mit lauter Popmusik und Touristengruppen mit Fahnen und einheitlichen Hüten).

Ansonsten bin ich grade dabei, meine Umfrage zum Thema „chinesisches Deutschlandbild“ auszuwerten, das ich an sämtliche Deutschschüler hab verteilen lassen. Dabei kommen ziemlich interessante Dinge zum Vorschein, z.B. dass Deutsche als ziemlich streng und ernst gelten. Aber meist sind es positive Dinge, die sie mit Deutschen assoziieren, z.B. Freundlichkeit, Kompetenz und Attraktivität (wer hätte das gedacht?). Und, oh Wunder, sehr häufig wurden Brot, Bier, Fußball und Autos genannt. Die meisten bewundern Deutschland v.a. für Technik und Wirtschaft ziemlich, es wirkt so fortschrittlich.

Nächsten Montag kommen meine Eltern übrigens! Ich freu mich schon:)

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Undercover Laowai

Dieser Post erschien auch unter http://www.sinonerds.com/undercover-laowai/

Für mich war immer klar: Ich komme aus Deutschland und gehe nach China, in ein mir unbekanntes Land. Das ist jetzt über sechs Monate her. Ich bin Fremde hier in Shanghai und lerne nach wie vor, was es heißt, in China zu leben. Die Menschen um mich herum aber sehen in mir immer zuerst eines: Eine ganz normale Chinesin. Wenn ich dann anfange zu sprechen, und sie merken, dass mein Chinesisch eindeutig nicht muttersprachlich ist, heißt es immer: „Woher kommst du? Bist du Koreanerin?”

Natürlich ist die Frage nach der Herkunft nichts ungewöhnliches, wenn man im Ausland lebt.
Das Besondere ist, dass man als asiatische/r Ausländer/in in China ganz anders wahrgenommen und behandelt wird, als wenn man „westlich” ist.

Für viele aus Deutschland ist dieser Gedanke ziemlich fremd; wir sind es gewohnt, Menschen nicht so stark nach ihrer Herkunft zu klassifizieren wie es in China noch oft üblich ist. Als Asiatin in China wird von mir generell erwartet, perfekt Chinesisch zu sprechen, dafür aber kein Englisch oder gar Deutsch. Manchmal stoße ich auf Unverständnis, wenn ich nicht auf Anhieb verstehe, was man von mir will. Als ich einmal eine Frau nach dem Straßennamen fragte, deutete sie auf das Straßenschild mit der Bemerkung „Kannst du nicht lesen?!“ – nein, kann ich nicht, Entschuldigung. Obwohl ich die gängigsten Zeichen kenne, kann ich bei weitem nicht alles lesen.

 

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Dabei hatte ich durch meine Vorkenntnisse in der Sprache schon weniger unangenehme Situationen als einige andere asiatische Freiwillige. Außerdem bin ich durch meine Wurzeln in China für die meisten „trotzdem irgendwie eine Chinesin“. Das hilft mir damit umzugehen, dass mich alle für eine Einheimische halten. Ich kann mich auch bis zu einem gewissen Punkt mit China identifizieren. Wenn man aber aus einem anderen asiatischen Land kommt, ist das wahrscheinlich schon schwieriger. Auf einige Freunde von mir trifft das zu; sie möchten wie Ausländer behandelt werden, einfach aus dem Grund, weil sie keine Chinesen sind. Dass sie trotzdem immer wie Chinesen behandelt werden, kann ziemlich frustrierend sein.

Ich persönlich bin froh Chinesisch auszusehen. Ich mag, dass die Menschen mich dadurch ebenbürtiger behandeln. Denn es ist egal, wie sehr man sich bemüht und z.B. die Sprache lernt – als „echter“ Ausländer bleibt man in China immer etwas besonderes, immer der „wai guo ren“. Auch kann ich dadurch leichter die Sprache lernen. Jeder geht ja sowieso davon aus, dass ich Chinesisch spreche und gibt mir dadurch mehr Gelegenheit zu üben. Von „Westlern” erwarten Chinesen oft, dass sie überhaupt keine Kenntnisse haben (und wenn doch, dann sind sie oft ganz aus dem Häuschen, selbst wenn es nur „ni hao“ und „xie xie“ sind).

Eine kleine Anekdote am Rande: Eine Freundin von mir ist Amerikanerin und spricht fließend Chinesisch. Als ich sie einmal fragte, ob sie sich über Komplimente für ihr Chinesisch freut, hatte sie eine klare Antwort. Sie freue sich schon, aber ein noch größeres Kompliment wäre es für sie, wenn man mit ihr ganz normal spricht und sie nicht merken lässt, dass sie Ausländerin ist.

Außerdem kann ich spüren, dass mich meine andere Wahrnehmung näher an die Menschen hier bringt. Ich bin nicht die Ausländerin, die immer etwas Exotisches hat, sondern „nur” die Chinesin aus dem Ausland. Oft begegne ich Menschen, die sich sehr für mich interessieren und mich mit Fragen löchern – wieso ich ausgerechnet nach China gekommen bin, wie es mir hier gefällt und ob ich nicht lieber in Deutschland lebe als hier.

Es gefällt mir, wie eine von ihnen behandelt zu werden. Auch wenn mein Chinesisch nicht fließend ist und ich noch viel lernen muss, ist das ein sehr großes Kompliment für mich. Es ist auch praktisch beim Feilschen eher einheimische Preise zu bekommen, da man zu glauben scheint, mich nicht so leicht über’s Ohr hauen zu können wie die „echten” Ausländer.

Aber natürlich gibt es auch Punkte, die mich stören. Manche Leute haben kein Verständnis für meinen Kontakt zu so vielen Ausländern und mein „westliches Verhalten” im Allgemeinen. Ich bin viel unterwegs, oft in der Stadt und komme manchmal spät nach Hause. Brave Chinesinnen tun das nicht (jedenfalls scheint das die gängige Meinung zu sein) und einige erwarten von mir, dass ich mich genauso verhalte.

Ich finde es schade, dass dieses Schubladendenken noch so sehr verbreitet ist. Manchmal habe ich das Gefühl, die Menschen hier sind engstirniger und haben einen weniger weiten Horizont als die Leute in Deutschland. Fakt ist aber (und das ist meine persönliche Erklärung dafür), dass China demographisch viel homogener ist als Deutschland und Ausländer hier immer noch – selbst in Shanghai – eine enorme Minderheit ausmachen. Zudem gibt es nur wenige Berührungspunkte zwischen der chinesischen und der internationalen Gesellschaft. Selbst wenn man miteinander arbeitet, verbringt man seine Freizeit eher unter sich (und das gilt für beide Seiten). Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel, aber das ist schon die übliche Tendenz.

Um ehrlich zu sein habe ich mir vorher nie Gedanken darüber gemacht, was es für einen Unterschied machen würde, asiatisch oder westlich auszusehen. Es verändert den Umgang mit den Menschen stark, aber meiner Meinung nach nicht zwingend auf eine negative Weise. Es ist gut, das im Hinterkopf zu haben, und vor allem negative Erfahrungen nicht persönlich zu nehmen.

 

 

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