Das erste, was ich von unserem Hostel in Hong Kong wahrnehme, ist der leicht muffelige Geruch in dem kleinen Apartement. Überhaupt macht es keinen sonderlich einladenden Eindruck – beengt und eher schäbig wirkt das Mobiliar und als der Herr von der Rezeption die Tür zu unserem Zimmer öffnet, sehe ich oben rechts eine Kakerlake die Wand hochklettern.
Herzlich willkommen in Hong Kong!, schießt mir durch den Kopf. Also irgendwie hatte ich mir diese Stadt anders vorgestellt. Das Gebäude, in dem neben unserem noch viele andere Hostels sind, ist ebenso heruntergekommen und alt. Auf der Busfahrt nach Kowloon, wo unser Hostel ist, habe ich graue Türme von Hochhäusern in den Himmel ragen sehen. Alles fast beschaulich, aber das waren auch die Vororte. Als wir abends durch die Straßen laufen um etwas zum Essen zu suchen, sehe ich die Stadt schließlich so, wie man es immer sagt: Voll, bunt, beengt und pulsierend. Wenn man sagt, dass Shanghai eine Weltmetropole mit vielen Ausländern ist, dann ist es Hong Kong zehnmal. Ich habe selten so viele Araber, Afrikaner, Indonesier und Inder auf einen Haufen gesehen. Zwischendurch sieht man auch immer wieder Westler und die Chinesen, die man dann doch mal trifft, kommen oft selbst aus dem Ausland. Alle Einheimischen sprechen gut genug Englisch, dass man sich mit ihnen verständigen kann (was innerhalb Chinas eine Seltenheit ist). Überhaupt ist Hong Kong viel westlicher als ich es von Shanghai gewohnt bin; es soll das New York Asiens sein und wirklich, manchmal hat man das Gefühl, irgendwo in den Staaten zu sein, wenn rechts ein Doppeldeckerbus an einem vorbei fährt, um einen herum Ausländer in schicken Business-Anzügen vorbeihetzen und weiter hinten dutzende Werbetafeln blinken. Alles ist hier zweisprachig; manchmal auch dreisprachig (Hochchinesisch, Cantonesisch und Englisch). Die Straßen sind weitaus enger und hügeliger als in Shanghai aber auch erstaunlich sauber. Niemand spuckt auf den Boden, Müll wird in den Mülleimer geworfen und überhaupt sind die Menschen hier so gesittet! Es wird gewartet, wenn es Rot ist und an den Metrostationen lässt man zuerst aussteigen, bevor man selbst einsteigt. Und wenn sich zwei auf den gleichen Sitz setzen, kommt es vor, dass der eine dem anderen den Vortritt lässt statt sich schnell drauf zu setzen. Das habe ich noch nie in Shanghai gesehen!
Die folgenden Tage machen wir Sightseeing, gehen an den Fluss und bestaunen die Lasershow an der Skyline, besuchen den Man Mo Tempel und die Hollywood Road, fahren die Peak Tram hoch zum Victoria Peak, der Bergspitze, von der man einen gigantisch guten Blick auf Hong Kongs Skyline hat. An einem Tag fahren wir in die New Territories (Hong Konger Bezirk, der für seine Natur bekannt ist) und besuchen den Wetland Park und laufen den Ping Shan Heritage Trail entlang. Was ich so faszinierend an dieser Stadt finde, sind die krassen Kontraste, noch viel mehr als in Shanghai: Im Stadtzentrum der starke westliche Einfluss, Menschenmassen und Flutlichter, die die Nacht zum Tag machen und zwischendurch immer wieder Parks und Grünanlagen, die tatsächlich so aussehen wie Natur (in China sind solche Dinge immer so hergemacht, dass sie zwar schön, aber nicht natürlich aussehen). Und dann gibt es natürlich noch die Außenbezirke, in denen fast noch so etwas wie Dschungel existiert und man wandern gehen kann. Obwohl Hong Kong so eine Megastadt ist, gibt es auch noch traditionelle Dörfer, die nicht von Touristenhorden überlaufen sind.
Außerdem machen wir noch einen Tagesausflug ins nahegelegene Macau, machen Fotos vor der Ruine der Pauluskirche und gehen ins Macau Museum. Beim Bummeln durch die europäisch wirkenden Straßen komme ich mir ein bisschen vor wie in Spanien (ich war noch nie in Portugal, dessen Kolonie Macau lange war, aber ich schätze, das nimmt sich nicht viel:D). Abends fahren wir noch zum Grand Lisboa Casino, staunen über die gigantischen blinkenden Fassaden und sehen den Spielern bei Roulette (und beim Verlieren) zu.