Aus gegebenen Anlass möchte ich an dieser Stelle ein mal etwas über die Luftverschmutzung in Shanghai schreiben.
Als eine der häufigsten Fragen, die ich am Anfang zu hören bekommen habe, war „Ist die Luft wirklich so schlecht wie man sagt?“ und meine übliche Antwort war etwas wie „Och nö, geht. Ist nicht so schlimm.“. Zu der Zeit habe ich mich nicht wirklich dafür interessiert und auch nichts von der Feinstaubbelastung gespürt. Wahrscheinlich wäre das noch immer meine Antwort, wäre die Luftverschmutzung in letzter Zeit nicht so extrem schlecht geworden.
Die Luft in Deutschland ist ziemlich gut; der Grenzwert für PM 10 (eine Feinstaubgröße) beträgt 50 µg/m³. Die meisten Menschen machen sich deswegen keine Gedanken um die Luft und die Feinstaubbelastung, wozu auch? Ironischerweise kann man das aber auch für viele Chinesen hier in Shanghai sagen (ich schätze mal in anderen chinesischen Städten auch). Obwohl gestern und heute die Höchstwerte um ein Vielfaches überstiegen wurden (momentan haben wir PM10 535, PM2.5 505) und schon längst eine gesundheitsgefährdende Größe angenommen haben, trägt rund zwei Drittel der Chinesen keine Maske draußen.
Nur um mal ein Gefühl dafür zu geben:
Auf dem Air Quality Index (AQI) reicht die Skala von 0 bis 500 und bezieht sich auf PM 2.5, die kleinere und gefährlichere Feinstaubgröße. Je höher der Index, desto stärker die Belastung. Das bedeutet, wir haben die Skala heute bereits überschritten.
| AQI | Air Pollution Level | Health Implications |
| 0 – 50 | Good | Air quality is considered satisfactory, and air pollution poses little or no risk |
| 51 -100 | Moderate | Air quality is acceptable; however, for some pollutants there may be a moderate health concern for a very small number of people who are unusually sensitive to air pollution. |
| 101-150 | Unhealthy for Sensitive Groups | Members of sensitive groups may experience health effects. The general public is not likely to be affected. |
| 151-200 | Unhealthy | Everyone may begin to experience health effects; members of sensitive groups may experience more serious health effects |
| 201-300 | Very Unhealthy | Health warnings of emergency conditions. The entire population is more likely to be affected. |
| 300+ | Hazardous | Health alert: everyone may experience more serious health effects |
(Quelle: http://aqicn.org/mask/)
Es wundert mich wirklich, wie sorglos die Menschen hier mit der Luftverschmutzung umgehen. Die meisten wissen von den extremen Werten, die wir im Moment haben, aber weil sie keine Beschwerden haben und schlechte Luft gewohnt sind, stört es sie nicht weiter. Ich selbst habe gestern Kopfschmerzen bekommen, wenn ich Treppen gestiegen bin oder mich etwas länger draußen aufgehalten habe und mir dann angesichts der Werte eine Maske aus der Apotheke gekauft. Wenn ich Lehrer gefragt habe, ob sie manchmal eine Maske tragen, haben die meisten verneint und gemeint, dass man es nicht braucht. Viele kümmert die schlechte Luft einfach nicht; ich glaube, dass sie wenig über die Folgen von hoher Feinstaubbelastung nicht aufgeklärt sind (z.B. dass es u.a. das Risiko für Lungenkrebs und damit die Sterblichkeit erhöht). Aber wenn man sich überlegt, dass der ganze Nebel draußen nicht auf hoher Luftfeuchtigkeit, sondern der Feinstaubbelastung beruht, ist es schon etwas unheimlich. Die ganze Stadt ist in einen grauen Schleier gehüllt; die meiste Zeit war es praktisch windstill, sodass der Smog auch nicht abziehen kann.
Am Tor der WFLMS sind heute Schilder, die vor der schlechten Luft warnen.
Einige Lehrer in meinem Büro tragen sogar in der Schule Masken und diskutieren über die Luftverschmutzung. Denn egal wie hoch die Werte sind, die Leute müssen arbeiten gehen; die Regierung kümmert es nicht.