Die letzten zwei Wochen hatten es ganz schoen in sich und aufgrund von Zeitmangel und schlechtem WLAN sowohl am Werbellinsee als auch in Beijing und hier in Shanghai komme ich erst jetzt zum Schreiben. Deswegen hier ein kurzer Umriss der vergangenen 16 Tage:
Das Vorbereitungsseminar am Werbellinsee in ein paar Worte zusammen zu fassen ist ziemlich schwierig, aber versuchen will ich es trotzdem: Die ersten paar Tage waren sehr anstrengend, weil wir viele Vortraege anhoeren mussten, viel Programm und wenig Freizeit hatten. Die restlichen Tage waren zwar ebenso durchgeplant, aber inhaltlich kam mehr Bewegung in die Sache – wir haben viel gelernt zu den Themen Interkulturelles, Kommunikation, Projektmanagement, (De-)Eskalation, Kulturschock, aber auch Teambuilding und Grundsaetzliches ueber Kulturweit, Versicherungen und unsere Partnerorganisationen. Es war toll so viele neue Leute kennenzulernen, die wie man selbst bald fuer ein oder ein halbes Jahr ins Ausland gehen. Mein persoenliches Highlight des Vorbereitungsseminars war der Workshoptag, an dem ich „Erlebnispaedagogik“ gemacht habe. Wir haben viele Gruppenspiele selbst ausprobiert und nachher evaluiert, geschaut, welche Eindruecke wir dabei gesammelt haben und welche Schluesse wir daraus ziehen koennen, um diese Uebungen spaeter selbst mit Gruppen machen zu koennen. Erwaehnenswert waere auch noch der Kulturabend, an dem Freiwillige vorgesungen und selbst geschriebene Texte vorgelesen haben. Einige Auftritte waren wirklich beeindruckend und allgemein war die Stimmung sehr froehlich und ausgelassen.
Im Laufe des Seminars haben Jan, Hang und ich (die beiden sind auch mit mir in Shanghai) unser Freiwilligenprojekt „Kulturweit bewegt“ auf die Beine gestellt (ein entsprechendes Video der Ausreisegruppe 2011 findet ihr auf youtube). Dabei geht es darum, dass Freiwillige in ihren Einsatzorten kurze Tanzvideos filmen, die wir spaeter zu einem Video zusammenschneiden.
Am Mittwoch, den 11.09. bin ich wieder zurueck nach Hannover gefahren, wo ich die letzte Nacht zu Hause verbrachte. Am naechsten Tag bin ich dann von Hannover ueber Frankfurt, wo ich mit Hang und Maren (ebenfalls Kulturweit-Freiwillige in Shanghai) nach Beijing geflogen bin. Den ersten Tag der Einfuehrungswoche hatten wir frei und haben ihn mit essen, die Gegend erkunden und kleinen Einkaeufen verbracht. Samstag stand unser Ausflug zur chinesischen Mauer auf dem Plan, und zu unserer Freude hatten wir grosses Glueck mit dem Wetter: Bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen um 26 Grad sind wir zwei Kilometer der Mauer entlanggelaufen (wobei es streckenweise eher ein Klettern war, weil die Stufen so schmal und steil waren). Gluecklicherweise waren wir an einem Abschnitt der Mauer, der nicht von Touristen ueberlaufen war, sodass wir den Ausblick auf die bewaldeten Berge ringsum und auf die Mauer selbst in Ruhe geniessen konnten. Fotos folgen!:)
Sonntag hatten wir dann einen letzten Seminartag zu den Themen chinesisch-deutsche interkulturelle Kommunikation, der inhaltlich gesehen sehr hilfreich war, aber nach 10 Tagen Vorbereitungsseminar war bei den meisten schon eine Saettigung bezueglich Kennenlernspielen, Gruppendiskussionen und Flipchartsbeschreiben zu spueren. Am Abend sind wir dann nochmal (fast) alle in eine Bar gegangen, um die letzten Tage gemeinsam ausklingen zu lassen. Es war schon ein komisches Gefuehl, nach fast zwei Wochen Vorbereitung auf das Ausland dann aufzubrechen und an seine Einsatzorte zu reisen.
Montagmorgen sind Maren, Hang und ich dann mit dem Zug nach Shanghai gefahren, aber erstmal zum Bahnhof zu kommen, war komplizierter als gedacht: In einer Gruppe von etwa 6 Leuten, die auch zum Bahnhof mussten, sind wir morgens um acht gestartet. Da wir mit unseren grossen Koffern im Morgenverkehr kaum Chancen haben wuerden, ein Taxi zu bekommen (die uebrigens alle einheitlich gross bzw klein sind und mit mehr als zwei Koffern ueberfordert sind), wollten wir die U-Bahn zum Hauptbahnhof nehmen. Als wir dann irgendwann unsere gefuehlt tausend Koffer die vielen Stufen heruntergetragen hatten (Aufzug gab es natuerlich nicht und die einzige Rolltreppe fuhr nur aufwaerts), machte uns eine Frau darauf aufmerksam, dass die Linie, die zum Bahnhof faehrt, ersatzlos ausgefallen ist. (In dem Moment wusste ich Deutschland zu schaetzen, weil es dann immer irgendwen gibt, der sich darum kuemmert, dass es wieder laeuft und beispielsweise ein Schienenersatzverkehr eingerichtet wird. Hier faellt die Bahn einfach aus und man muss schauen, wie man weiterkommt.)
Nach einigen Minuten Ratlosigkeit entschieden wir uns, doch ein Taxi zu nehmen (wir hatten ja keine andere Wahl…). Leichter gesagt als getan, denn als ob es zur Rush Hour nicht sowieso schon voll ist, sind saemtliche Fahrgaeste der U-Bahn auch auf Taxis (Taxis? Taxen?) umgestiegen. Unser Riesengepaeck tat sein Uebriges (Taxifahrer nehmen natuerlich lieber Leute mit wenig Gepaeck), sodass wir fast eineinhalb Stunden brauchten, bis wir genug Taxis (?) fuer alle hatten. Den Zug haben wir schliesslich verpasst, aber wir konnten die Tickets gegen die fuer den naechsten umtauschen. Nach einer fuenfeinhalbstuendigen Fahrt sind wir dann angekommen und wurden von unseren Ansprechpartnern abgeholt.
Fuer mich ging es Richtung Sueden, mit meiner Lehrerin bin ich eine halbe Stunde Taxi bis zur Schule gefahren, wo ich meine Wohung habe. Die ist wirklich schoen und in gutem Zustand; jemand hat vorher geputzt und Dinge wie Besteck, Taschentuecher und Decken bereit gelegt (danke:)). Internetzugang habe ich momentan kaum; ich sitze grade im Lehrerzimmer, was so ziemlich der einzige Ort ist, wo ich vernuenftig ins Internet komme. WLAN gibt es offiziell zwar schon, aber meist ist die Verbindung so schlecht, dass ich nicht mal zur Anmeldeseite komme. Morgen bekomme ich dann endlich eine chinesische SIM-Karte fuer mein Handy, mit der ich auch mobiles Internet habe (hoffentlich…).
Heute morgen wurde ich schon von einigen Lehrerinnen begruesst und ein bisschen eingewiesen in das Leben hier auf dem Campus. Ich war auch schon in einem Deutschunterricht der Niveaustufe B1, was ganz interessant war, weil die Schueler hier gar nicht so anders sind wie ich vorher dachte:D Aehnlich wie in Deutschland auch bloedeln sie im Unterricht herum oder sind auch mal desinteressiert, quatschen nebenbei und machen nicht immer das, was sie sollen. Irgendwie hatte ich mir das Ganze disziplinierter vorgestellt, aber so eine lockere Atmosphaere ist auch nicht schlecht:)
Dann war ich auch schon einkaufen (ich hab zum Glueck eine Kueche mit Kuehlschrank) und hab meinen Koffer fast vollstaendig ausgepackt.
Das war’s erstmal von mir, ich hoffe, ich habe in naechster Zukunft zuverlaessigeres Internet als in letzter Zeit;)