Lettland – Baltikum erleben

Laufen Laufen

Wenn ich Laufen gehe, fühle ich mich gut. Dann geraten meine Gedanken in den Hintergrund und ich nehme nur noch meine Umwelt und meinen Körper wahr. Manchmal halte ich Sport für überwertet, aber viel häufiger noch, halte ich es für das Beste, was man machen kann. Vor ein paar Wochen habe ich beschlossen, nicht mehr ins Fitnessstudio zu gehen, sondern mit meinen Laufschuhen wieder die Außenwelt zu bezwingen. Als ich diesen Beschluss fällte, war jeder Lauf noch eine Herausforderung, die mit konzentrierten Blick auf den verschneiten und vereisten Boden gemeistert werden musste, um nicht böse zu fallen. Vor drei Wochen lag in der einen oder anderen Ecke in Riga noch Schnee, doch seit gestern ist nach über 6 Monaten Winter der Sommer eingekehrt. Von einem Tag auf den anderen, war es plötzlich grün, plötzlich sonnig und seit gestern plötzlich auch noch heiß (ja, 25 Grad PLUS sind heiß!). Der Wetterbericht verrät zwar, dass es nicht lange so bleiben wird, aber der Beweis, dass es in Lettland auch warm sein kann, ist gemacht. So bin ich heute zum ersten Mal auch in kurzer Hose gelaufen und das hat sich so endlos gut angefühlt. Diese tollen Gefühle, die man jedes Jahr beim Jahreszeitenwechsel erneut erleben darf – wunderbar! Ich amüsiere mich ein bisschen darüber, dass ich den Schatten aufsuche, weil ich einfach keine Wärme mehr gewöhnt bin und laufe und laufe so Richtung Mežaparks, mit dem Ziel  Ķīšezers (auf deutsch: Kirschsee). Bereits am 1.Mai war ich dort und habe mich sehr in den Wald und den See dort verliebt. Weil ich aber gerne neue Wege ausprobiere, habe ich mich irgendwann verlaufen, was mich aber nicht stört. Ich habe nämlich irgendwann den „Brüderfriedhof“ vor Augen, das Nationaldenkmal, der gefallenen Soldaten im 1.Weltkrieg und des lettischen Unabhängigkeitskampfes. Das Monument ist riesig, bestehend aus symmetrisch angelegten Alleen und Grünflächen, endend in einem Hain, der sich hinter einem „ewig brennenden“ Feuer erstreckt. Bisher hatte ich die Anlage nur auf Fotos gesehen, jetzt laufe(nicht mehr joggend) ich verschwitzt unter der strahlenden Sonne über das Monument.

Um das Monument herum beginnt auch schon der Wald des Mežaparks, allerdings erstmal nur Friedhöfe. Weil ich nicht zurück will, hoffe ich, dass ich irgendwann in der Parkanlage herauskommen werde. Also laufe (wirklich wieder nur laufen) ich in den schattigen Friedhof hinein. Der Kiefernwald duftet nach Sommer. Er ist unheimlich schön. Die Gräber sind vom Wald um- und verwachsen, uneben, weiß man nie, was hinter dem nächsten kleinen Hügel kommt. Es ist angenehm ruhig und doch nicht verlassen und vor allem duften die Kiefernzapfen so wunderbar süßlich. Irgendwann habe ich das Gefühl, der Friedhof nimmt kein Ende und ich will gerne wieder laufen, daher bin ich froh als ich schließlich einen Ausgang finde. Bis ich dann in dem Erholungsgebiet angekommen bin, laufe ich noch ein ganzes Stück. Der Ķīšezers entlohnt mich dann jedoch für alles. Blau und sanfte Wellen schlagend liegt er vor mir, wenige Minuten von der Großstadt entfernt, lässt er jedes Verkehrsgeräusch vergessen. Ich gehe mit den Füßen ins Wasser und will zuhause herausfinden, ob die Wasserqualität zum Schwimmen taugt. Wenn der Sommer nach der erwarteten Abkühlungsperiode wieder kommt, weiß ich, wo ich meine freien Stunden verbringen werde.

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