Lettland – Baltikum erleben

drei Couchsurferfahrungen in 36h und ein Oktoberfest

Das Wochenende war ereignisreich. Angefangen hat es mit meinem Besuch am Freitag bei der deutschen Botschaft. Ich habe den deutschen Lehrer von meiner Schule begleitet zur feierlichen DSD1-Übergabe an Schüler von zwei lettischen Schulen. Erstmals hatten Schüler das deutsche Sprachdiplom 1 absolviert und bekamen es am vergangenen Freitag in der deutschen Botschaft übergeben. Auch die deutsche Botschafterin und ein Unterstaatssekretär des lettischen Kultusministeriums waren anwesend. Nach einem festlichen Rahmen mit einem super Chor wurde bei einem kleinen Buffet noch Smalltalk betrieben. Interessante Erfahrung! Aber bereits am Dienstag habe ich einen weiteren Termin in der Botschaft. 😉

Am Abend kamen dann Sabrina, eine Kulturweitfreiwillige aus Vilnius, die spontan eine Nacht bei uns unterkam und ein berliner Couchsurfer, der auf dem Weg nach Helsinki war, zu uns zum gemeinsamen Kochen und Bier trinken.

Am Samstag ging es dann  zum Oktoberfest, organisiert vom deutsch-baltischen Kulturverein, nach Ventspils. Claudia hatte dort einen Auftrag vom Goethe-Institut zu erfüllen und Jule und ich hatten beschlossen, sie zu begleiten mit der Absicht die Stadt Ventspils, ganz im Westen von Lettland, kennen zulernen. Nach einer vier stündigen Busfahrt kamen wir in der kleinen Hafenstadt an und mussten erstmal feststellen, dass es dort um einiges kälter als in Riga war. Etwas verfroren erreichten wir das Bierzelt auf dem Marktplatz, in dem mit vielen Deutschlandflaggen, bayerischer Volksmusik, Bier, Kinderschokolade und Schmalzbrot eine „deutsche Tradition“ nachgestellt wurde. Ist ja nicht so, dass wir alle drei je auf dem original Oktoberfest gewesen wären oder dass wir uns gar mit dieser bayerischen Tradition identifizieren könnten. Ich als Fränkin kam zumindest regional dem noch am nähsten, aber eben nur regional. Wir fanden es auf jeden Fall nicht sooo cool. Das Deutschlandbild, das bei solchen Veranstaltungen reproduziert wird, ist einseitig, veraltet und unreflektiert. Ich frage mich auch, ob es legitim ist, das Oktoberfest als eine deutsche Tradition in einer lettischen Stadt zu feiern, während auf einem Marktstand unmittelbar nahe des Bierzeltes zwischen altem Krempel russische/deutsche Soldatenabzeichen aus dem 2.Weltkrieg verkauft werden, unter denen sich Hakenkreuzabzeichen „Mit Hitler in Coburg“ und andere finden lassen. Diese Entdeckung war nicht besonders überraschend für mich, aber einigermaßen verstörend und führte zu Ablehnung der ganzen Veranstaltung.

Viel schöner war es dagegen, dass wir uns mit zwei lettischen Studentinnen über couchsurfing zum Tee trinken verabredet hatten. Nach interessanten Gesprächen und einigen Insidertipps zogen wir daraufhin weiter zu unserer couchsurfing-Unterkunft. Und die war mit einer solchen Gastfreundlichkeit verbunden, dass wir es kaum glauben konnten. Ein Ehepaar, welches mit seinen fünf Kindern von Riga nach Ventspils gezogen waren, stellten uns for free im anliegenden Haus eine komplette, wunderschöne, hölzerne Ferienwohnung zur Verfügung – übrigens nur wenige Meter vom Meer entfernt. Einfach nur toll! Wir haben uns pudelwohl gefühlt, haben einen nächtlichen Spaziergang entlang der Dünen der Ostseeküste gemacht und haben am Sonntag noch ein bisschen Ventspils entdeckt.

Ein Wochenende voller negativer und extrem positiver Momente – anstrengend, aber wertvoll!

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