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Die heilige Ruine oder eine Schule zieht um

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Jahrelang hieß es, das Gebäude der Alexander-von-Humboldt/ Schule 38 wird renoviert, vielleicht sogar abgerissen und neugebaut. Als ich ankam, Anfang September, hat man mir mitgeteilt, dass wir in 2 Wochen umziehen. Dann waren es 4 Wochen. Dann erstmal doch kein Umzug. Irgendwann wieder in 2 Wochen. Dann hat man festgestellt, dass das leerstehende Schulgebäude, in das wir umquartiert werden sollten, erst einmal selbst renoviert werden muss. Aber trotzdem stand fest, nächste Woche ziehen wir um. Oder übernächste. Oder irgendwann demnächst. Ich habe mich überraschen lassen.

Von den Lehrern habe ich dann erfahren, dass sie extra Schichten schoben und weitestgehend in Eigenleistung das ’neue‘ Gebäude renovierten. Mich hat man nicht gefragt. Zum Glück, denn bis man mir meine Aufgabe übersetzt hätte, wäre die Schule schon dreimal gestrichen gewesen (Ich spreche aus Erfahrung, wenn alle um dich herum einen mongolischen Plan haben, heißt es leider noch lange nicht, dass er dir mitgeteilt wird.)

Am 20. Oktober (meinem 20.Geburtstag) war es dann so weit. Das neue Gebäude war einigermaßen bezugsfertig, der Unterricht wurde im verkürzten Stundentakt abgehalten und gegen Mittag waren alle Schüler und Lehrer dabei, ihr Klassenraummobiliar vor das Schulhaus zu tragen. Dort warteten von den Lehrern engagierte Fahrer und Väter mit Kleinlastern.

Verladesta-ähh Schulhof
Verladesta-ähh Schulhof; man beachte die nicht leergeräumten Schränke
Pflanzenkübel warten auf Transport
Pflanzenkübel warten auf Transport

Es war das reinste Chaos. Ich habe mich zusammen mit Stefan Klaißle, dem Deutschlehrer aus Deutschland, köstlich amüsiert. Das Ganze war wirklich ein sehr sehr lustiges Spektakel und mit nichts zu vergleichen, was wir aus Deutschland kannten.

Ich schoss noch ein paar Erinnerungsfotos:

Bald hieß es dann auch Abschiednehmen. Beim Auto einer Lehrerin wurden noch eine Bank und ein Mülleimer in den Kofferaum geladen – Tetris-Pack-System. Ich kam auf einem umgedrehten Stuhl auf dem Rücksitz unter. Die Lehne zeigte in den Fußraum, ich hatte die Stuhlbeine als wunderbar bequeme Armlehnen. So ging es zu unserem neuen Domizil, der ‚heiligen Ruine‘.

Alle einsteigen..
noch ein Kaktus obendrauf..
und Tschüss altes Haus!
Hallo noch älteres neues Haus!

Ich hatte die neue Schule zuvor noch nicht gesehen und war froh, dass ich den ersten Anblick mit Humor nehmen konnte. Sie sah viel heruntergekommener aus als unser altes Gebäude (und wieder die Frage, warum der Umzug?) Überall wuselten Schüler umher, und hatten anscheinend genauso viel Spaß wie ich. Ein Großteil der Tische und Bänke für den ersten Stock wurde über eine Außentreppe hereingetragen, der eine Stufe fehlte und die mehr schlecht als recht in der Wand verankert war. In Deutschland wäre das ganze Gebäude deshalb gesperrt gewesen. Hier wurde die Treppe erst am nächsten Tag zugemauert. Ob aus Sicherheitsgründen oder weil am Ende des Flures davor noch ein Klassenzimmer entstand, ich weiß es nicht.

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Die Blumen sind schon da
Winnie Pooh auch
Nebenbei wird noch gearbeitet
Unartige Schüler können gleich in den Gulli gesperrt werden

Der Umzug hat Vor- und Nachteile mit sich gebracht. Ich habe jetzt einen kürzeren Schulweg, wenn auch nur um 8 Minuten, und es gibt eine Cafeteria (in rosa!). Die fröhlichen gelben Fußböden sind geblieben, ebenso viele türkise Wände. Außerdem ist das Lehrerzimmer etwas schöner als das alte. Dafür sind einige Klassenzimmer winzig (s.u.), genauso wie die Eingangstür (die Außentreppe ist ja zugemauert). Am Nervigsten ist aber, dass es überall noch stark nach Farbe stinkt. Wenn ich nach Hause komme, hängt nicht nur der Smog in meinen Haaren, sondern auch Farbgeruch in meinen Klamotten. Und wenn ich ehrlich bin, stinkt Chemie schlimmer als Kohlenrauch aus den Jurtenvierteln. Insgesamt war der Umzug aber nicht schlimm, sondern sorgte vorallem für viel Gelächter.
Oder um es mit den Worten einer Schülerin zu sagen: „Wir sind halt Nomaden.“

Es war eine wie ich finde echt mongolische Erfahrung [um ein bisschen mit Schubladen zu arbeiten]. Wieder einmal wurde bewiesen, dass anscheinend alles irgendwie planbar ist auch ohne festen Plan, solange jeder den gleichen Plan hat. (Vielleicht gab es auch einen Plan, den ich nur nicht kannte.) Und nach zwei Tagen sah es in der Schule schon aus, als ob wir immer da gewesen wären (wenn nicht die 1-2 Klassenräume noch auf ihre Renovierung gewartet hätten).

Zum Abschluss noch das neue Deutschzimmer von Stefan mit anschließendem Büro. Die erste Vermutung, dass es mal ein Klo war, kann nicht stimmen, da genügend Wasseranschlüsse fehlen. Die Fliesen deuten aber vielleicht auf ein Krankenzimmer hin. Immerhin ist es leicht zu heizen.

Klassenzimmer?!
Deutschlehrer Stefan Klaißle mit seiner 9. Klasse
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