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Hallo Welt,
kurze Anmerkung vorab: Aufgrund des ungünstigen Verhältnisses zwischen hohem Zeitaufwand auf Seiten des Blogschreibens und eher nicht so hoher Motivation meinerseits, zwei Blogs zu schreiben, wird das hier jetzt doch der einzige Blog. Dovidjenja blogspot! (Tschüss, blogspot!)
Ich fange einfach mal chronologisch an.
IRE Ravensburg-Ulm, ICE Ulm-Stuttgart, Flugzeug Stuttgart-Zagreb, Linienbus Flughafen-Busbahnhof, Reisebus Zagreb-Varazdin, Auto Busbahnhof-Wohnung. Ich bin da.
Klein und schnucklig, meine Wohnung, denke ich. Auch wenn Mathe nicht meine Stärke war, komme ich nicht umhin zu bemerken, dass mein Zimmer wohl nicht die im Internet angepriesenen 40 Quadratmeter ausfüllt; man addiere Küche und Bad hinzu, dann haut das vielleicht hin. Macht nichts, groß genug, Bett, Sofa, Schrank, Tisch, WLAN – hier werde ich überleben.
Meine Kontaktperson Sanja gibt mir genug Zeit, um mich mit dem Vermieter bekanntzumachen und mein Gepäck abzustellen, dann geht es direkt zu Gertrud, der DSD-Referentin in Varazdin. Türe auf – „Hallo ich bin Gertrud bist du gut angekommen setz dich doch ruhig hin jetzt erstmal ’nen Willkommensschnaps.“ Meine anfänglichen Bedenken bezüglich der Wirkung von Schnaps auf einen durch die Reise komplett leeren Bauch lösen sich nach dem Getränk in Luft auf, komischerweise. Es gibt Essen, dann wird geredet, dann gibt es nochmal Essen, und dann nochmal. Fazit meines ersten halben Tages: Ich bin satt, zufrieden, etwas unsicher, aber zuversichtlich.
Die Stadt ist mir – glücklicherweise? – nicht ganz fremd. 2010 im Herbst war ich schon einmal hier, im Zuge eines Musikaustausches und in meiner Funktion als Schlagzeuger in einem Ravensburger Orchester (Ravensburg + Varazdin = Partnerstädte). Ist zwar schon eine Weile her, aber erstaunlicherweise kenne ich mich noch in groben Zügen aus, zumindest im Stadtzentrum, was nach weiterer Überlegung doch nicht so verwunderlich ist, da es in der Stadt außer dem „Zentrum“ nicht besonders viel gibt. Mit seinen knapp 50.000 Einwohnern gleicht Varazdin meiner Heimatstadt Ravensburg sehr, was mir insofern entgegenkommt, dass ich mich nicht umgewöhnen muss. Sehr froh bin ich vor allem, dass ich die Kontakte hierher über die Jahre gepflegt habe – im Verlauf der ersten Woche treffe ich meine alten Freunde/Bekannten/Musikerkollegen etc., und es tut sehr gut, hier in einer Stadt, deren Sprache man nicht spricht und deren Straßen man wenig kennt, vertraute Gesichter zu sehen und vertraute Stimmen zu hören. Strange becomes familiar.
Mein erster Tag in der Schule beginnt zu meiner äußerst freudigen Überraschung erst um 11 Uhr vormittags, ich werde ein paar Kollegen vorgestellt, man zeigt mir das der großen Schülerzahl entsprechend große Schulgebäude. Besonders stolz sind sie auf das Spezialpraktikumszimmer für erneuerbare Energien, „teure Geräte und hochmoderne Ausstattung“, sagt der Deutschlehrer, der mich herumführt. Sehen kann ich es mangels passendem Schlüssel leider nicht.
Dazu sei erwähnt, dass ich die Schule ausgesprochen attraktiv finde und von den doch ziemlich hohen Standards beeindruckt bin. Beamer an der Decke, Leinwand und Whiteboard in fast jedem Klassenzimmer – diese konsequenten technischen Voraussetzungen kenne ich aus meiner Schulzeit nicht direkt.
Bei den Kollegen bin ich nicht Florin, da bin ich „novo Nils“ – der „neue Nils“, mein Vorgänger, der an der Schule anscheinend einen (im positiven Sinne) bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Die Herzlichkeit des Kollegiums ist allerdings äußerst angenehm und erleichtert das Zurechtfinden und die Kommunikation enorm. Ich bin bis jetzt der ständige Begleiter der Deutschlehrer im Unterricht, wo ich meinerseits nicht besonders viel zu tun habe außer zuzuhören und gelegentlich zu nicken; aufgrund meiner doch eher geringen Erfahrung, was Unterricht von Nicht-Schülerseite angeht, begrüße ich das sehr und ich bekomme langsam einen Überblick, wie das hier so läuft und was eventuell auf mich zukommen könnte. Die Deutschkenntnisse der Schüler sind gemischt, die diesbezügliche Motivation ebenfalls – kenne ich ja alles aus den letzten zwölf Jahren von mir und meinen ehemaligen Mitschülern, nur eben in anderen Fremdsprachen. Ergo: Bis jetzt erkenne ich nicht besonders viele Unterschiede zwischen den Schülern hier und meinen eigenen Erfahrungen.
Meine Aufgaben im Moment halten sich sehr in Grenzen. Ich habe mich angeboten, das deutschsprachige Schulmagazin, das mein Vorgänger ins Leben gerufen hat, weiterzuführen; da ich mit den dafür üblichen Designprogrammen kaum bis keine Erfahrung habe, stellt die Einarbeitung in eben diese Programme zur Zeit meine primäre Aufgabe dar. Wenn irgendwie möglich, werde ich den gestalterischen Teil in Kooperation mit der Webdesignklasse der Schule durchführen und mich selbst eher um Projektmanagement und Koordination kümmern. Die Möglichkeiten für eigene Projekte scheinen hier sehr breit gefächert zu sein, da werde ich mir in naher Zukunft mal Gedanken darüber machen.
Ich freue mich sehr auf die kommende Zeit, auf weitere Begegnungen, spannende und herausfordernde Aufgaben, besseres Wetter und alles, was hier sonst noch so passieren mag.
Vidimo se
Florin.
P.S.: War jetzt doch relativ lang, wa? Ich reiß mich nächstes Mal zusammen.