Bulgaria – Nadine (22 years old)

Nadine (22 years old):
Die Farben der Flagge von Bulgarien sind weiß, grün und rot. Weiß wie der Schnee auf dem Pirin-Gebirge, grün wie die unendlich langen Felder und zahlreichen Wälder und rot wie die Rose, dem Nationalsymbol. Auch wenn ich nur eine halbe Bulgarin bin, liebe ich meine zweite Heimat und möchte meinen geliebten Vater vertreten, der von dort stammt. Paradoxerweise hat er mehr Jahre seines Lebens in Deutschland und der ganzen Welt verbracht, als in Bulgarien. Trotzdem bleibt der
Nationalstolz für immer. Ich durfte viele Wochen und Monate in meinem jungen Leben dort verbringen, sodass ich genug Erinnerungen und Erfahrungen niederschreiben kann. Was mich [uns] am meisten an Bulgarien fasziniert, ist die Vielfalt des Landes. Überquert man den Balkan über den Shipka-Pass, schlägt einem die beinah orientalische Hitze in das Gesicht. Im Norden findet man viele Wälder, Flüsse und nachts ist es wunderbar kühl. Fährt man im Süden Richtung Meer, streift man auf jeden Fall die Rosen – und Weinstadt Kazanlak und trifft auf die Straßenhändler. Diese verkaufen dir die besten Feigen und Früchte, die du je genießen wirst.
In Bulgarien liegen noch noch viele der ältesten Goldschätze der Welt verborgen, viele Erfindungen beruhen auf Bulgaren (zumindest behaupten das die Leute und lassen keine Widerrede zu, wenn es um die Geburtsstunde des Computers geht) und mein Vater und ich pflegen zu sagen: Bei jeder Sache die auf der Welt geschieht, ob gut oder schlecht, ein Bulgare ist immer dabei. Es ist ein Land, welches leider viel zu wenig auf internationalen Sport-Events vertreten ist und nicht oft seine Stimme erhebt. Frei nach dem Motto „Lass dir nicht helfen, dann schuldest du niemandem was!“ (Klappt nie. Die Leute sind unfassbar hilfsbereit.) kämpft sich das Land bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen immer alleine zurück, statt nach Geldern der EU zu
fragen.
Probleme in Bulgarien bestehen beispielsweise aus Korruption, aus mangelnder Ordnung in den Städten, aus Armut, aus sozial schwachen Minderheiten wie den Zigeunern. Leider blieb auch ich nicht verschont davon, dass mich ein freilaufender Straßenhund ins Gesicht biss. Aber niemand würde denken, dass die Autobahnen befahren werden von unzähligen reichen Geschäftsmännern. Dass die Zigeuner-Häuser prunkvoller sind, als es das eigene Haus je sein wird, mit griechischen Säulen und riesigen Gärten davor. Die jungen Menschen in Bulgarien sind vor allem eins: relativ unbeschwert. Hat man die Schule abgeschlossen, streift man umher und verdient Geld. Viele zieht es saisonal ans Meer, viele verlassen das Land für längere Zeit oder sogar für immer. Dass die jungen Menschen ihr Glück im Ausland suchen, wirkt sich schlecht auf das Land aus. Umso mehr freuen wir uns über die Ausgebildeten und Akademiker, die bleiben und das Land verbessern wollen. Die Hauptstadt Sofia ist eine Kulturhauptstadt mit ausgeprägter Studentenszene, Plovdiv im Süden ist so alt, dass sogar noch ein ehemaliges Collosseum dort steht. Aber mich wird es immer an die Küste ziehen, die sich in Sonnen – und Goldstrand zieht. Während der Goldstrand ein beliebtes Touristenziel ist, schätze ich die Region um Burgas am meisten. Die Küsten sind lang, die Strände weiß und am Ropotamo Fluss findet man echten Dschungel (mit all seinen Gefahren).
Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass Bulgarien so bleibt wie es ist. Unberührt und immer ein bisschen mystisch, weil keiner genau weiß was da abgeht! Die Menschen sind herzlich, Kinder sind dort das größte Geschenk und mit Abstand hat Bulgarien die am schönsten illustrierten Kinderbücher auf der ganzen Welt. Die Liebe und das große Herz, welches den Menschen dort angeboren ist, möchte auch ich an meine Kinder weitergeben.