Es ist abends und ich bin auf meinem Weg vom Supermarkt nach Hause. Ich gehe circa 25 Minuten lang, der Supermarkt liegt gleich neben meiner Schule. Der Weg ist mittlerweile normal, genauso wie der Blick aus dem Fenster, die Wege in meiner Wohnung, das etwas andere Deutsch in der Schule.
Ich gehe immer abends einkaufen, weil mein Viertel dann ein ganz besonderes Bild abgibt. Die ein- und ausgeschalteten Lichter der Betonblöcke, in denen Menschen wohnen, sehen dann ein wenig wie der Sternenhimmel aus.
Ich bin mittlerweile etwas weiter weg von der großen Straße und von den Betonblöcken, die Autos hört man kaum noch. Vielmehr hört man das Gebell der unzähligen Hunde der Nachbarschaft. Es ist noch nicht so spät, dass diese von Sirenen und Alarmanlagen übertönt würden. Jetzt ist die Zeit, zu der vermehrt die Hundebesitzer Gassi gehen und die Hunde haben offensichtlich einiges an Gesprächsstoff. Ich glaube, ich habe hier bisher keine Hunderasse zwei mal gesehen, und das, obwohl ich jeden Tag, wenn ich zur Schule gehen und wieder zurück, viele Hunde sehe.
Heute morgen war es eiskalt, jetzt hat es – die Leuchtschrift am Rathaus hat es mir verraten – acht Grad. Kein Regen, mittlerweile.
Ich blicke hinauf. Die hellsten Sterne leuchten.
Archiv der Kategorie: Zuhause
Alles was mit meinem Zuhause zu tun hat
Nur in meinem Kopf – Kurzmeldungen
Aus Fehlern wird man klug. So sehr mich selbst dieser Satz auch immer genervt hat, so sehr stimmt er auch. Als eine der wichtigsten Aufgaben sehe ich es an, den Schülerinnen und Schülern (ja, gendern muss sein) zu zeigen, dass sie sich trauen dürfen, Fehler zu machen. Genauso sind manche Fehler aber auch ziemlich witzig. In dieser Kategorie „Kurzmeldungen“ will ich ein paar Fehlerchen zu Geschichten weiterspinnen und mit persönlichen Erlebnissen garnieren.
Neues Naturphänomen verursacht Wetterchaos: die Sonne schneit!
Für 19.00 Uhr ist in der ARD ein Brennpunkt spezial geplant. Der UN-Klimarat reagierte mit Begeisterung: So könnte der Klimakollaps noch in letzter Minute verhindert werden. Doch auch Bedenken regen sich: Was ist, wenn dieses neue Wetterphänomen unkontrollierbare Ausmaße annimmt? Um dieser Frage nachzugehen, ließ die internationale Staatengemeinschaft ein Versuchsexperiment in einer Freiwilligenwohnung Warschaus einrichten. Hier soll getestet werden, wie Menschen auf sehr geringe Temperaturen reagieren. Es konnte so bereits gemessen werden, wie die Restwärme einer verbrannten Pizza sinnvoll genutzt werden kann.
Mutter Müller sauer! Der Vater hat seine Pflicht, die Rosen zu mähen, nicht erledigt!
Seit sie morgens in die Arbeit gefahren ist, haben die hartnäckigen Gewächse das Haus so stark bewachsen, dass die kleine Tochter alleine in dem Haus eingeschlossen ist. Alle Rettungsaktionen sind bisher in einem Fiasko geendet. Die letzte Hoffnung der Familie Müller ist nun ein Märchenprinz! Seine Ankunft wird gegen 16 Uhr am 29. September 2113 erwartet.
Bis(s) zu Weihnachten
Leute, ich bin im Verzug. Hier folgt jetzt ein Eintrag nach dem anderen. Nicht jeder Artikel wird jedem gefallen, aber ich will ja auch so viel verschiedenes schreiben wie möglich.
Hallo, ich bin Stefan und ich hasse Abschiede
Als ich 5 Jahre alt war oder so, haben wir mit unserer Kindergartengruppe den ortsansässigen Pfarrer verabschiedet. Ich hatte diesen Pfarrer davor wahrscheinlich noch nie gesehen und selbst wenn ich ihn schon mal gesehen hätte, er wäre für mich uninteressant gewesen. Aber dann, dann standen wir da in einer Reihe, alle mit Winke-Taschentüchern in der Hand – und der kleine Stefan begann zu heulen. Dasselbe in der 2. Klasse Grundschule: der bei den Schülern unbeliebte Direktor, den der kleine Stefan wahrscheinlich auch noch nie bewusst gesehen hat, wurde verabschiedet – und der kleine Stefan begann zu heulen.
Einmal Weihnachten und zurück
Nicht ganz so tränenreich, aber dennoch emotional gestaltete sich der Abschied von den Austauschschülerinnen beim Austausch mit unserer Partnerschule in Schio, Italien in der 9. Klasse. Wir waren dort für eine Woche im September oder Oktober und alles vor Ort hat mich irgendwie an Weihnachten erinnert. Die Maroni, die es auf einem Markt gab, der Kamin, an dem wir unsre Schuhe wärmten, dieses berühmte erste Gemälde von Christi Geburt, die Bücher im Schrank, auf denen was von Weihnachten steht, das Warten, der familiäre Zusammenhalt. Im Nachhinein gesehen, nicht viel, was mich an Weihnachten denken ließ. Aber für mich War es wie eine Woche Weihnachten und wieder zurück. Und ein halbes Jahr später würde man sich wieder sehen.
’s ist alles anders… – Abschied mit einem Gesicht* voller Zufriedenheit
Dieses Mal hat sich der Abschied dagegen gar nicht wie ein Abschied angefühlt. Ich hatte eine kleine Abschiedsfeier gegeben. Für mich war es so, als würde man sich folgende Woche gleich wieder sehen. Nach nur einem Spot geht’s weiter, sozusagen. Außerdem kann man ja viel skypen.
Verabschiedet hat man sich dieses Mal bis Weihnachten, weil ich da für ca. 2 Wochen wieder nach Hause fahre. Dann würde alles wieder genau so sein wie früher.
…’s ist alles anders!
Dass aber nicht alles genau so wie bisher werden könnte, kam mir erst auf dem Vorbereitungsseminar in Berlin in den Sinn. Thema der „Homezone“ war da der Kulturschock. Der Auslandsaufenthalt beginnt der Theorie zufolge meist mit großer Euphorie, hat zwischendurch einen Stimmungseinbruch und normalisiert sich schließlich. Ähnlich ist es, wenn man nach dem Aufenthalt wieder zu Hause ankommt. Der Kulturschock findet sein Pendant im Rückkehrerschock (oder so). Dieser Schock kann verschiedenste Ursachen haben: fehlende Aufmerksamkeit, zu große Aufmerksamkeit, zu wenige Veränderungen, zu viele Veränderungen, …
Dass neues auch Veränderung bringt, dass Veränderungen zu so einem Jahr dazu gehören könnten, musste ich in der Zwischenzeit seit der Bewerbung vergessen haben. Ganz egal, wie die Welt in 6 Monaten auch ausschauen wird, jetzt ist sicher nicht alles wie immer. Denn das jetzt mache ich ja auch deswegen, weil eben nicht alles ist wie immer.
Und so beginne ich nun, wie immer mit der für mich (und auch für Polen) typischen Verspätung, mich innerlich zu verabschieden. Sicher, vieles wird bleiben. Ohne einiges altes werde ich mich hier nicht zu Hause fühlen können. Ich will nichts überstürzen. Aber wenn ich mich nicht von einigem altem (und vor allem von meinem Perfektionismus) verabschiede, wird nichts neues Platz finden.
PS: Ich möchte mich hiermit ganz offiziell für den schlimmen Kalauer in der Überschrift entschuldigen. Soll nicht mehr vorkommen.
PPS: Falls Kalauer der falsche Ausdruck ist, möchte ich mich auch dafür entschuldigen.
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*Man beachte die doppelte Wortbedeutung, die ich selbstverliebtes Genie hier verwendet habe.
Cześć!
Hallo, ich bin Stefan und ich blogge über 6 Monate Warschau
Heute fang ich an zu bloggen! Heute ist der richtige Tag dafür!
Wie oft habe ich mir das nun schon vorgenommen? Bloggen wollte ich über meinen Auslandsaufenthalt schon, seitdem ich vom „kulturweit“-Blog weiß. Es war unglaublich motivierend für die Bewerbung bei „kulturweit“ all die verschiedenen Erlebnisse anderer Freiwilliger zu lesen. Und jetzt, wo ich alles für meine 6 Monate in Warschau, Polen plane, sind die Blogs der Vorjahre durchaus hilfreich.
Ja, richtig gelesen, Warschau. Die Reaktionen auf „Warschau“ waren bisher:
- „Aha. Ist ja interessant. Und ungewöhnlich“
- „Warschau!?!? Wie kommst’n du zu Warschau? Das wäre ja nichts für mich…“
- Polenwitze. Einer vorhersehbarer als der andere.
Für mich war das ganze weniger eine Entscheidung für „Warschau“ als für „kulturweit“. Eine Freundin war letztes Jahr mit „Kulturweit“ in Brno, Tschechien und war in jeder Hinsicht vollends begeistert davon. Mit diesem Programm konnte ich mir aber nicht vollkommen aussuchen, wohin ich komme. Man kann jedoch Regionen ausschließen oder als „favorisiert“ angeben. Mit jeder ausgeschlossenen Region sinkt aber die Wahrscheinlichkeit, genommen zu werden. Ich hätte ohne „kulturweit“ wahrscheinlich nach einem Projekt in Afrika gesucht. Doch mit der Bewerbung beginnt man darüber nachzudenken, dass ein nicht ganz so „krasser“ Schritt wie nach Afrika auch ganz in Ordnung ist. Und man denkt darüber nach, dass ein Verständnis von Europas Geschichte und Zukunft sehr interessant und wichtig ist. Welche Stadt könnte hierfür besser geeignet sein als Warschau? Warschau, das mit dem Slogan „See the past – Meet the future“ für sich wirbt.
Letzten Endes ist es vor allem die Tätigkeit, die für mich entscheidend war. Ich werde beim Deutschunterricht von 13- bis 16-Jährigen mitwirken. Wie das aussehen wird – keine Ahnung! Aber in meinem Kopf schwirren schon viele Ideen herum. Ich bin der erste Freiwillige meiner Schule und für alle Beteiligten ist die Situation etwas neues. Und gerade darauf freue ich mich: Auf das sich überraschen lassen und gleichzeitig vieles mitgestalten können! „Polen überrascht“. Noch so ein Werbeslogan, den Polen wirklich nutzt.
Meinen ersten Blogeintrag wollte ich schon absetzen an dem Tag, an dem ich die Einladung zum kulturweit-Blog bekommen habe. Oder an dem Tag, an dem bekannt wurde, dass Papst Johannes Paul der II. heilig gesprochen wird. Er wird bereits jetzt in Polen wie ein Heiliger verehrt, meine Einsatzschule ist nach ihm benannt und eine andere Freiwillige meinte, eine Stadt ohne “ Johannes Paul II.“-Allee sei keine polnische Stadt. Welch interessante Tage das doch werden könnten, wenn die Heiligsprechung in mein FSJ fallen würde!
Meinen ersten Blogeintrag wollte ich auch schon absetzen an dem Tag, an dem ich mich zum ersten Mal von einer Freundin verabschieden musste, die ich erst im März wieder sehe. Es ist ein komisches Gefühl, sich zu verabschieden. Es fühlt sich an, als würde man sich in 3 Tagen wieder sehen. Und doch weiß man, es sind 7 Monate. Mittlerweile ist sie in Toronto angekommen und lernt viele neue Leute kennen. Und ich freu mich umso mehr auf meine Abreise.
Ich setze meinen ersten Blogeintrag heute, genau 7 Monate vor meiner Rückkehr ab. Gestern habe ich meinen Freiwilligenausweis bekommen. Heute vor 69 Jahren begann die polnische Armia Krajowa mit dem Warschauer Aufstand, dem Versuch sich aus eigener Kraft vom Terror der deutschen Besatzer zu befreien. Die Bewohner Warschaus erinnerten heute, wie jedes Jahr, an diesen Aufstand, indem sie für eine Minute stehen blieben. Im Folgenden 2 wie ich finde, sehr bewegende Videos dazu: