Leute, ich bin im Verzug. Es folgt ein Blogeintrag nach dem anderen. Dieser Eintrag enthält jedoch nur wenig über mich und meine aktuelle Situation.
Karotten-Pizza. So sieht Nachhaltigkeit bei Kulturweit aus. Wenn in Deutschland über Fleischverzicht gesprochen wird, dann meist im „Ich lass mir nichts verbieten“-Stammtisch-Ton. Anders auf dem Vorbereitungsseminar von kulturweit. Dazu in einem der nächsten Blogeinträge mehr.
Polen – deine Geschichte
Mit Fleisch – besser gesagt der Erhöhung der Preise für Fleisch – beginnt auch das wohl einschneidendste Ereignis jüngerer polnischer Geschichte: Viele Streiks in ganz Polen waren die Folge der Preiserhöhung vor 33 Jahren, zwischenzeitlich gab es deswegen Engpässe in der Lebensmittelversorgung. Die Fleischpreise waren natürlich nicht der einzige Grund für einen Aufstand diesen Ausmaßes. Das Streikkomitee unter Führung von Lech Walesa formulierte 21 Forderungen, z.B. Mehr Kitaplätze! Freilassung politischer Gefangener! Höhere Löhne! Herabsetzung des Rentenalters! Anerkennung von Gewerkschaften! Redefreiheit! Mehr Transparenz! Was klingt wie die in Deutschland derzeit allgegenwärtigen Wahlversprechen, ist jetzt schon über 33 Jahre alt. Die kommunistische Regierung Polens hat schließlich den 21 Forderungen der Solidarnosz nachgegeben. Das Danziger Abkommen leutete letztlich das Ende des Kommunismus ein – auch wenn oder gerade weil die Polnische Regierung die Situation anders einschätzte. Es startete ein bemerkenswerter Wandel.
Polen – dein Papst
In seinen Memoiren schrieb Michael Gorbatschow, dass die Geschehnisse in Osteuropa ohne Johannes Paul II. nicht möglich gewesen wären. Der Papst aus Krakau ermutigte seine Landsleute, bat die polnischen Bischöfe um Unterstützung für die Sozialbewegungen, sorgte für millionenschwere Unterstützung für die Solidarnosz und empfing zahlreiche Mitglieder der Vereinigung. Bei seiner zweiten Polenreise forderte er die Umsetzung der Sozialreformen und traf Lech Walesa, der quasi unter Hausarrest stand. Bei seiner dritten Polenreise kritisierte er außerdem das Verbot der Solidarnosz.
Nicht jedem passte der Einfluss des Papstes. Und so wird hinter dem Attentäter, der den Anschlag auf den Papst auf dem Petersplatz verübt hat, der bulgarische Geheimdienst oder der KGB vermutet.
1989 wurde die Solidarnosz wieder zugelassen, die Streiks beendet und dafür ein runder Tisch gebildet, der Polen eine neue Richtung geben sollte. Gemeinsam mit Glasnost und Perestroika hat die Solidarnosz zur Wende in Polen und gewissermaßen zum Fall des Eisernen Vorhangs beigetragen. Als Dank hierfür schenkte die Stadt Berlin Papst Johannes Paul II. ein Stück der Berliner Mauer. Noch heute werden viele Straßen, Plätze und Einrichtungen Polens nach Papst Johannes Paul II. benannt. So auch meine Einsatzschule. Es wurde ein Relief des Papstes und eine Plakette angebracht, auf der steht: „Wirklich groß ist der derjenige, der etwas wissen will“. Und nicht nur eine Plakette des Papstes ziert die Schule. In quasi jedem Klassenzimmer hängen Bilder und Zitate des Papstes aus Polen. Ich habe den Eindruck, dass die Handlungen der Päpste hier weniger kritisch beäugt werden als in Deutschland. Während in Deutschland Papst Benedikt z.B. für zu geringe Reaktion in der Missbrauchsaffäre kritisiert wurde, sieht beispielsweise eine Lehrerin meiner Schule das ganz entspannt. Was hätte er auch machen sollen?
Polen – deine Zukunft
Vergangenen Sonntag gab es große Proteste in Warschau. Aus ganz Polen sollen die Menschen gekommen sein, u.a. für höhere Löhne. Ich habe davon nichts mitbekommen. Dafür wohne ich zu weit vom Zentrum entfernt. Eine Lehrerin zeigte sich aber enttäuscht, dass sich trotz der Menschenmenge niemand aus dem Parlament für die protestierenden interessiert hat. Eine Kollegin wünscht sich einen neuen Fürsprecher für das Volk, einen wie Papst Johannes Paul II.
Hallo, mein Name ist Stefan und ich habe gewählt
In Deutschland wird am nächsten Sonntag gewählt. Ich musste, um sicher zu gehen, dass meine Stimmen – mit den Wahlen letzten Sonntag in Bayern ganze 11 Stück – ankommen, schon Ende August wählen. Und es funktionierte erstaunlich unkompliziert und unbürokratisch. Am Sonntag ist dann der Tag der Wahrheit – und ich werde alles auf der Wahlparty der Deutschen Botschaft in Warschau mitverfolgen.
Stefan, Cool! Normalerweise mag ich Blogs nicht, aber deinen schon! Endlich mal jemand der nicht über das örtliche Supermarktangebot oder die verrückte Busfahrt in den nächsten Ort oder sowas berichtet. Echt schöner Artikel!
Bis bald mal in Warschau, ich komm vorbei! Grüße aus regengrauem Lublin
Danke Sarah 🙂 ich werde schon noch auch über so Zeug wie das Supermarktangebot oder so schreiben – Sorry! -aber eben nicht nur. Ich möchte über möglichst viel verschiedenes schreiben, um nicht nur eine weitere ’single story‘ zu erzählen.
Achja und: ich freu mich auf deinen Besuch! 🙂