Station 6: Ciudad de Salta

Am Montag, den 02.01. kamen Marion und ich nach insgesamt 31 Stunden Reise in Salta an. Salta liegt ganz im andinen Nordwesten Argentiniens zwischen grünen Hügeln. Es ist neben der beeindruckenden Natur des Umlands vor allem für die Kolonialbauten und die Mumien vom Llullaillaco bekannt. Das sind die 500 Jahre alten Mumien dreier Inca- Kinder, die den Göttern geopfert wurden und nun perfekt erhalten im archäologischen Museum ausgestellt werden.

Salta lebt vom Tourismus. Man hat das Gefühl, bei den Läden handelt es sich abwechselnd um Reiseagenturen, die Exkursionen zu den Naturwundern der Region anbieten, oder Souvenirläden. In diesen werden Ponchos, bunter Schmuck und Stoffe, Mützen mit Lamamotiven und Pullover aus Alpacawolle verkauft. Eben alles, was man als Tourist eben so von den Anden erwartet.

Wie man eine Stadt wahrnimmt, hat viel mit den Erwartungen daran zu tun. Salta wird auch „La Linda“ (Die Schöne) genannt und ich hatte bisher nur Schwärmen darüber gehört. Deshalb war ich wahrscheinlich eher etwas enttäuscht.

Salta war nach Córdoba und Valparaíso nicht die schönste Stadt, die ich bisher gesehen habe, sicher aber die „südamerikanischste“. Was ich auf unserer Reise bisher bemerkt habe, ist, dass es „südamerikanisches“ Aussehen eigentlich nicht gibt. Die Unterschiede zwischen Buenos Aires und Nueva Helvecia, Mendoza, Salta und Santiago sind sowohl was Stadtbild, Landschaften als auch Menschen betrifft einfach viel zu groß- und doch ist alles Südamerika.

Salta erfüllt aber am ehesten das Cliché-Bild einer südamerikanischen Stadt: laut, voll, lebhaft, viel Verkehr und den Einwohnern sieht man ihre indigene Abstammung an.

Für mich war der Aufenthalt in Salta anstrengend.  Wegen der Menschenmassen in der Innenstadt, aber vor allem, weil es kaum Fußgängerüberwege gibt. Da die Zebrastreifen (wie meistens in Argentinien) von den Autofahrern ignoriert werden und es kaum Ampeln gibt (nicht dass die immer respektiert werden, aber doch öfter:) ), muss man sich bei jeder Straßenüberquerung in den Verkehr werfen oder eben warten . Ich wundere mich, dass nicht viel öfter Unfälle passieren, auch weil viele der männlichen Salteños auch noch außergewöhnlich oft durch Nachgaffen und Hinterherknutschen abgelenkt  sind.

Doch die regionalen Besonderheiten sind auch das Tolle an der Region Salta:

Im Patio de Empanadas konnten wir zwischen Großfamilien für günstiges Geld die regionalen Spezialitäten probieren. Die bekanntesten sind Humitas, Tamales und Locro.

Bei den beiden ersten handelt es sich um  mit Gemüse oder Fleisch gefüllte Taschen aus Maisblättern. Locro  ist ein typisches Gauchogericht, eine Mischung aus Suppe und Fleischeintopf.

Die Abende verbringt man in Salta in Peñas. Das sind Bars oder Restaurants, in denen Folkloremusik gespielt und dazu getanzt wird. In den touristischen Penas sind Tänzer zur Unterhaltung angestellt. Auf den Tipp unseres Hostelbesitzers hin (die Einheimischen werden ihn wahrscheinlcih verfluchen) fanden wir an einem Abend aber eine „echte“ Peña, in der in jedem Raum, Menschen an ihren Tischen Gitarre gespielt und gesungen haben.

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Station 5: Año Nuevo in Valparaíso

Scheinbar alle Chilenen (plus alle dort versammelten Touristen) wollen Silvester in Valparaíso verbringen. Wir auch! Um überhaupt noch Bustickets zu bekommen, fuhren wir bereits am 30. Dezember in die Stadt, die zwei Stunden von Santiago entfernt am Pazifik liegt.

Sie ist sehr malerisch, voller bunter Häuser und auf etlichen Hügeln verteilt, von denen aus man einen tollen Blick auf den Ozean hat. Um bequem auf diese Hügel zu gelangen, ist jeder davon mit einem Ascensor, einer kleinen Gondelbahn ausgestattet, was der Stadt etwas sehr niedliches verleiht.

Während in der „Unterstadt“ das Leben der Einheimischen stattfindet und das Stadtbild vom Hafen geprägt ist, ist der Cerro Concpción, auf dem wir wohnten, von touristischen Lädchen, Bars und Hostels besiedelt, die aber allesamt sehr nett waren. Den ersten Tag verbrachten wir nur dort oben und entdeckten unsere Liebe für Valparaíso in süßen Second-Hand-Läden.

Am nächsten Tag schaute ich mir auch noch „La Sebastiana“, das zweite Haus Pablo Nerudas an, das wahrscheinlich den besten Meeresblick der Stadt besitzt. Mein eigentlicher Plan, nach Isla Negra zu fahren, um sein Haus dort anzuschauen, (wegen unserer Abi-Lektüre „El Cartero de Neruda“ empfinde ich zu dem fast schon eine persönliche Verbindung) fiel wegen Feiertagsöffnungszeiten leider ins Wasser. (Ein Grund von vielen nach Chile zurückzukehren:) ).

Da die Hostelpreise sich dem Silvesteransturm anpassten, entschieden wir uns, die Neujahrsnacht im Freien zu verbringen, weil man sein Bett da ja sowieso kaum in Anspruch nimmt. Silvester in Südamerika ist eine riesige Party im Freien. Am 31. konnte man überall bei Straßenhändlern Feuerwerke und Partyutensilien kaufen(von bunten Hüten über Plastik-Sektgläser zu Konfettikanonen) und die ganze Stadt war voll mit wuseligen Menschenmassen

Dieses Silvester war ein außergewöhnliches. Unser Grüppchen picknickte auf dem Berg und um 0 Uhr gingen im Hafen die großen Feuerwerke los, auf die wir einen tollen Blick hatten.

Die ganze Stadt war in den Straßen unterwegs. Wir schauten einer Gruppe Chilenen beim Singen und Tanzen zu und danach gingen wir auf den Plaza Sotomayor, den Hauptplatz wo eine große Party stattfand.

Da die ersten Morgenstunden dann doch sehr frisch waren, entschieden wir sie im Busterminal zu verbringen. (Mit dieser Idee waren wir nicht die einzigen und wir mussten uns zwischen lauter Backpackern und Silvestertouris ein freies Plätzchen suchen:) ). Um acht Uhr morgens nahmen Ida, Marion und ich einen Bus nach Mendoza, um von dort nach Salta zu gelangen und unsere Reisegruppe, die ich so lieb gewonnen habe, musste sich leider trennen.

 

 

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Über die Anden

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Station 4: Mote, Machismo und Modernität- Santiago de Chile

Nach fast einer Woche in Mendoza und Umland machten wir uns am 27. Dezember auf nach Chile, das dritte Land, das ich von Südamerika zu sehen bekomme.

Um von Argentinien nach Chile zu gelangen steht einem wohl eine der spektakulärsten Busfahrten bevor- die Andenüberquerung. Da das Land Chile ziemlich strenge Einfuhrbestimmungen hat (kein Obst, keine geöffneten Lebensmittel, etc.) und präzise kontrolliert, standen wir ca. 2 Stunden an der Grenze, um jede einzelne Tasche durchsuchen zu lassen und unsere Stempel im Reisepass abzuholen. Dafür wurden wir durch die atemberaubende Abfahrt danach auf einer Serpentinenstrecke entlohnt. Wir (das waren inzwischen Marion, Carola, Fanny, Philipp, Leo, Sony, der unsere Gruppe spontan ergänzt hatte und ich) klebten praktisch nur am Fenster, um zusammen wahrscheinlich tausende (sich dann doch ähnelnde) Fotos zu schießen.

Am Busbahnhof von Santiago trafen wir auf Ida, die schon seit einigen Stunden da war. Der allererste Eindruck war, extrem aufzufallen und angestarrt zu werden. Das hatte damit zu tun hat, dass wir als achtköpfige, europäische Reisegruppe mit Riesenrucksäcken (vorne und hinten wohlgemerkt) zwangsläufig auffallen mussten, aber auch damit, dass die Menschen generell dunkler und indigener aussehen als in den Teilen Südamerikas, die ich bisher besucht hatte.

So wurde ich auch zum ersten Mal in Südamerika mit dem Begriff „Gringo“ konfrontiert, der uns hinterhergerufen wurde. (Der Bezeichnung wird für alle westlich oder europäisch-aussehenden Menschen verwendet. Ob er eher abwertend oder neutral gemeint ist, hängt wahrscheinlich von der Person ab, die ihn gebraucht.)

Santiago ist nach meinem Eindruck super modern. Die Metro kann locker mit der in Berlin mithalten, in den U-Bahnstationen werden Musikvideos auf Videowänden abgespielt, die Geldscheine sind aus Plastik und haben ein kleines durchsichtiges Fenster und die Ampelmännchen sind zum Teil animiert. Die Stadt ist sehr sauber und wirkt noch europäischer als Buenos Aires, bis auf seine Einwohner, die „südamerikanischer“ aussehen.

Für mich war der Aufenthalt in Santiago vor allem spannend, weil wir in den letzten beiden Jahren die Geschichte Chiles im Spanisch-Unterricht behandelt haben und ich nun in der Realität die Schauplätze der Diktatur in Realität. Es war ein ganz unreales Gefühl, vor „La Moneda“, dem Regierungsgebäude Chiles, zu stehen und zu wissen, dass dort 1973 der Militärputsch stattgefunden hat.

Außerdem konnte ich mir in Santiago „La Chascona“, eines der Wohnhäuser des chilenischen Dichters und Nationalhelden Pablo Nerudas anschauen, der ebenfalls Mittelpunkt des Spanisch-Abis war.

Die Stadt hat aber noch viel mehr zu bieten, wie zum Beispiel das bunte Künstlerviertel Bellavista und die Besteigung mehrerer Hügel, von denen aus man einen tollen  Blick auf die Stadt und (leider wegen des Smogs nicht ganz so gut) auf die Anden hat.

Kulinarisch kann ich „Mote con Huesillos“ empfehlen, das überall an Straßenständen verkauft wird. Das ist Pfirsichsaft mit eingelegten Früchten in dem Weizenkörner schwimmmen, die man dann herauslöffelt.  Sehr nahrhaft, lecker und günstig!

Zum ersten Mal wurde ich in Santiago wirklich mit dem „gefürchteten“ Machismo konfrontiert. Neben den bekannten Sprüchen lernte ich eine neue Form der Anmache kennen, die mich auch weiterhin auf der Reise verfolgen sollte: Das Schmatzen. Das erste Mal als ich dieses quietschende Geräusch hinter mit hörte, drehte ich mich noch verwirrt um und entdeckte die Ursache dafür in zwei älteren Typen, die uns aus dem Auto hinterher knutschten. Diese Art des Anmachens finde ich bisher am ekeligsten, doch es tritt nach einer Weile Gewöhnung auf und man integriert die Schmatzer einfach innerlich in die städtische Geräuschkulisse.

Ansonsten werden mir vor allem zwei Abende in Santiago in Erinnerung bleiben: In unserer ersten Nacht  hatten wir das Glück von Ian, einem echten Chilenen (! J), zu seiner Geburtstagsparty eingeladen worden zu sein. Ian ist ein Freund meiner guten Freundin Eva, die ein halbes Jahr in Santiago gelebt hat und den Kontakt hergestellt hatte. Leider kamen wir zu spät zur Pre- Carrete (einer Hausparty), konnten aber noch mit zum gemeinsamen Diskogang. Die Art zu tanzen (als Paar und sehr, sehr eng) war für uns prüde Deutsche etwas befremdlich, aber auch faszinierend, sodass wir lieber mit offenen Mündern daneben  standen, als mitzumachen .

An einem anderen Abend fand ein Fußballspiel statt während wir gerade essen waren. Als wir das Restaurant betraten waren die Straßen abgesperrt und es waren einige Polizisten unterwegs. Als wir es zwei Stunden später wieder verließen, waren die Straßen ringsherum ein Schlachtfeld. Hooligans hatten gewütet, Straßenschilder umgerissen, Steine geworfen und Wasserwerfer waren eingesetzt worden. Wir waren erst richtig erstaunt, dass wir davon nichts mitbekommen waren und dann erschrocken, weil wir in den Ausläufer einer Tränengaswolke gelangten. Zum Glück war inzwischen alles unter Kontrolle und wir beeilten uns nach Hause zu kommen.

Nach drei Tagen Großstattleben waren wir mal wieder etwas geschafft und machten uns am Freitag weiter in die Hafenstadt Valparaíso.

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Station 3: „Savoir-Vivre“ in Mendoza

Am Dienstagvormittag erreichten wir die dritte Station unserer Reise. Die Gruppe war inzwischen dezimiert auf vier, da Ferdinand von San Juan nach Santiago weitergereist war. Carola, Philipp, Leo und ich wurden am Terminal von einem Hosteling-International-Mitarbeiter aufgegriffen, der uns in das „Mendoza Inn“ schickte. Unser Plan, couchzusurfen ging schon wieder nicht auf, weil wir keine Rückmeldungen bekommen hatten.

Das „Mendoza Inn“ liegt in der modernen Einkaufs- und Nachtleben-Meile Villanueva. Schon beim ersten Durchfahren fiel uns auf, wie „unargentinisch“ (im Vergleich mit unseren bisherigen Eindrücken von dem Land) sie wirkt. Die Straße ist ziemlich schick, außerordentlich gepflegt, man sieht fast nur teure Autos und europäisch wirkende Bars und Hostels.  Alle Straßen Mendozas sind als Alleen mit großen Bäumen bepflanzt, was die Hitze erträglicher macht.

Trotzdem machten uns die  Temperaturen ziemlich träge, sodass wir unseren Nachmittag nur im riesigen Stadtpark „San Martín“ verbrachten, in dem man sich wiederum eher wie in Miami fühlt. Palmenbewachsene Straßen und vor allem etliche Freizeitsportler prägen das Bild. Die Motivation der Mendocinos bei 35 Grad in der Mittagshitze joggen zu gehen beeindruckte uns, während wir selbst „Savoir-Vivre“ praktizierten und außer einer Siesta im Schatten und Eis essen an diesem Tag nicht mehr viel taten und trotzdem extrem müde vom Nichtstun waren.Während der  nächsten beiden Tage, an denen unsere Gruppe wieder zu sechst auftrat, musste ich feststellen, wie schwierig es ist, bei mendocianischen Temperaturen ein Kultur-oder Sightseeing- Programm durchzuziehen. Wir waren hauptsächlich dankbar für den Hostel-Pool und gekühlte Geschäfte, die allerdings von 13-17 Uhr Siesta halten.

Ansonsten hat Mendoza einige schöne Plazas, den Park und eine dann doch wieder sehr argentinische Haupteinkaufsstraße zu bieten (massenhaft Menschen,  junge Männer, die präsentierend ihre Freundinnen im Arm spazierenführen, Eltern mit in Tücher gewickelten Babies im Arm (ich habe den Eindruck, dass Kinderwägen nicht so üblich sind), Menschen, die Eis oder andere billige Waren anpreisen und freche kleine Jungs, die selbst nachts ohne Eltern unterwegs sind.)

Was mir in Mendoza und Umgebung zum  ersten  Mal so passiert ist, ist, extrem angestarrt zu werden. Mit blonden Haaren  fällt man in Südamerika wohl immer auf, aber noch nie davor, fühlte ich mich so unter Dauerbeobachtung und als ob jeder Blick an mir kleben bleibt, als auf dem Markt in Mendoza. Und dass, obwohl es eine größere Stadt mit Touristen ist.

Da Mendoza ja die Weinregion Argentiniens ist, durfte auch ein Ausflug zu den Bodegas, den Weingütern der Region, nicht fehlen. Maipú, eine Kleinstadt nahe Mendoza, besitzt viele davon und lebt davon, einmal im Lonely Planet erwähnt worden zu sein. Es gibt dort einen Haufen Fahrradverleihe. Einer davon verlieh uns ein paar Tandems und wir radelten den Tag über von einer Bodega zur anderen, zu einem Olivengut und dem Weinmuseum. (Die Tatsache, dass betrunkene, radfahrende  Touristen auch zur Gefahr im Straßenverkehr werden können , ist hier auch der Polizei egal.)

Am Freitag konnte ich endlich meine Schwester Marion am Terminal abholen und wir fuhren (inzwischen zu zehnt) über Weihnachten in ein Ferienhaus in der Nähe der Stadt. Erwähnenswert finde ich noch Ésteban, einen Taxifahrer, auf den wir aufmerksam geworden waren, weil sein Taxi als einziges so groß war, um vier von uns mit dem ganzen Gepäck zu transportieren. Wir nahmen seine Dienste insgesamt viermal in Anspruch, was ihn richtig stolz machte. Als ich ihn fragte, wo und wie er Weihnachten feiern werde und er antwortete, dass er Taxi fahren würde und der Heilig Abend eigentlich ganz nett sei, weil man manchmal auch eine Empanada von einem Kunden geschenkt bekommt, fiel mir mal wieder auf, wie unglaublich privilegiert ich bin und was ich für ein Glück habe, diese Erfahrungen gerade so selbstverständlich machen zu dürfen. In Mendoza habe ich bisher die unbeschwertesten und schönsten Tage hier in Südamerika verbracht, was hauptsächlich mit der tollen Stimmung in unserer Gruppe zu tun hatte.

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Station 2: Abenteuer im Valle de la Luna

Am Sonntagmorgen kamen wir in San Juan, einer recht großen Stadt mitten im Wüstengebiet im Westen Argentiniens an, wo wir einige Stunden Aufenthalt hatten. Inzwischen waren wir ein siebenköpfiges Kulturweit-Reisegrüppchen, bestehend aus Carola, Sandra, Katharina, Leo, Philipp,  Ferdinand und mir, das zusammen ins Valle Fértil und von dort ins Mondtal gelangen wollte.

Nach dem lebhaften  Córdoba, ist San Juan am Sonntagmorgen wohl der stärkste Kontrast, den man  sich aussuchen kann. Denn  es ist einfach NICHTS los. Keine Menschen auf der Straße, keine Geschäfte geöffnet, kein Verkehr. Dieser Eindruck wurde uns auch durch den schlauen Lonely Planet bestätigt.

Im einzigen geöffneten  Kiosk wurde ich einmal mehr  vom Verkäufer übers Ohr gehauen und bezahlte für meinen Obstsalat 4 Pesos mehr als Ferdinand, der seinen 5 Minuten später kaufte. Das Phänomen begegnet mir auf der Reise immer öfter und hat wohl damit zu tun, dass gewiefte Ladenbesitzer beim Anblick von blonden, europäischen Touristinnen manchmal auf die Idee kommen, ein paar Pesos mehr als gewöhnlich für ihre Ware zu verlangen.

Dafür, dass die Stadt inmitten eines wüsten-ähnliches Gebiets liegt, war sie ziemlich grün und hatte sogar einen fast verschwenderischen Brunnen. So wird mir von dieser Stadt hauptsächlich der Sprung in eben jenen und die Frage, ob es möglich ist, eine Stadt nur mit künstlicher Bewässerung so grün zu halten, im Kopf bleiben.

Am Nachmitttag fuhren wir weiter ins Valle Fértil, dem „Fruchtbaren Tal“ inmitten der Wüste. Das Dorf San Agostín ist der Ausgangspunkt für Touren in den Nationalpark Ischigualasto, einem Wüstenpark, der für seine Felsformationen und mondartige Landschaft bekannt ist und deshalb auch „Valle de la Luna“ (Mondtal) genannt wird.

Die Einwohner dieser Gegend sehen schon um einiges weniger europäisch aus als in den Städten Argentiniens, die ich bisher besucht hatte. Auf der vierstündigen Busfahrt sah ich ärmliche Lebensverhältnisse, wie ich sie mir bisher nicht vorstellen konnte. Die kleinen Hüttchen, die vereinzelt und wahrscheinlich ohne Strom- und Wasseranschluss mitten in der Wüste stehen, erinnerten mich ziemlich an die Wohnsituation der Protagonisten (zwei illegale mexikanische  Einwanderer in den USA) von „Tortilla Curtain“ von T.C. Boyle, welches wir letztes Jahr im Englischunterricht gelesen haben.

 

In San Agostín wurden wir erst einmal von zwei Herren „abgeholt“, die sich als Angestellte des Hostels ausgaben, die Fahrt aber kräftig für Werbung für ihr Touri-Exkursions-Unternehmen nutzten. Es stellte sich heraus, dass das ganze Dorf hauptsächlich von Touristen-Touren ins Mondtal lebt.

 

Im Hostel, in dem wir bis auf zwei weiteren Deutschen, die einzigen Gäste waren, wurden wir von „Gringo“, dem urigen Mitarbeiter, empfangen, mit dem wir bei über 30 Grad zunächst mal einen Mate trinken mussten. Den restlichen Tag verbrachten wir der Hitze angepasst herumliegend im Hostel.

Am nächsten Tag begannen wir unsere Abenteuerexkursion ins Mondtal, dem eigentlichen Ziel unseres Abstechers. Mit einem Minibus wurden wir eine Stunde in den Nationalpark gefahren. Dort wartete schon eine größere internationale Touristengruppe mit Führer. Die Führung durchs Tal dauert ca. 4 Stunden. Wie empfohlen waren wir mit reichlich Wasser, energiehaltiger Nahrung und vor allem gutem Sonnenschutz ausgestattet. Dank raffinierter Kopfbedeckungen und Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 schafften wir es alle, die Wüste ohne Sonnenbrand und –stich zu verlassen.

Wir hatten auch das Glück, dass es an diesem Tag stark windete, denn sonst muss die Tour fast unerträglich heiß und anstrengend sein. In unserem Fall war sie einfach nur beeindruckend: Die Landschaft wirkt wirklich wie auf dem Mond, es gibt Grand Canyon-artige Felsen in verschiedensten  Farben und Felsformationen, die zum Beispiel Submarino (U-Boot), El Hongo (Der Pilz) oder Boccia-Feld heißen und genau so aussehen.

Also ein perfekter Anlass um viele schöne Touri-Bilder fürs Reisefotoalbum zu schießen. Die Rückfahrt entpuppte sich als eigentliches Abenteuer, denn unser bisher wortkarger Chauffeur hielt plötzlich mitten auf der Strecke an, um  uns mitzuteilen, dass der Motor kaputt sei. Nach einer kurzen Phase des Misstrauens glaubten wir ihm. Er hatte uns auch extra noch bis auf einen Parkplatz gefahren, an dem zum  Glück nach einer halben Stunde einer der vier am Tag passierenden Busse vorbei kam, der uns wieder mit nach San Agostín nahm.

 

Dass die Frequenz an Bussen ins Dorf recht gering ist, stellte sich abends als Problem heraus. Um am nächsten Tag noch tagsüber in unserer nächsten Zielstadt Mendoza anzukommen, mussten wir einen Bus zurück nach San Juan nehmen, der nachts um 3.30 Uhr abfuhr. Als die Jungs am Busbahnhof die Tickets besorgen wollten, gab es leider nur noch 6 freie Plätze- für 7 Personen. So entschieden wir uns die Gruppe aufzuteilen. Sandra und Katharina blieben noch ein paar Stunden, während wir in Mendoza schon einmal eine Unterkunft suchen wollten.

Der Nachtbus schien wirklich ein Pendlerbus nach San Juan zu sein. Die Bewohner der Dörfer auf der Strecke steigen nachts um 3.30 Uhr ein, um morgens um 7 Uhr in San Juan zur Arbeit zu gehen. Wir nutzen die Zeit, um zu schlafen- für die eiskalte Klimaanlage waren wir zum Glück schon  gerüstet.

 

 

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Station 1: Córdoba

 

Córdoba ist Argentiniens zweitgrößte Stadt und außerdem DIE Studentenstadt des Landes. Ich habe sie nach zwei Besuchen zu meiner argentinischen Lieblingsstadt erkoren. Die Stadt ist im Vergleich zu Buenos Aires super sauber, wirkt sicher und hat natürlich auch viel weniger Verkehr. Das tollste ist aber das Ambiente mit den vielen jungen Leuten, der Altstadt mit Fußgängerzone und UNESCO-Weltkulturerbe- Gebäuden und den vielen tollen Läden.

Unser erstes Wochenende in Córdoba verbrachten Carola und ich couchsurfend (zu dieser Erfahrung an anderer Stelle noch mehr). Wir hatten das große Glück, dass eine andere Kulturweit- Freiwillige in Córdoba eine Bekannte, Rike, hatte, die sich günstigerweise auch noch in studentischen Kreisen bewegt und uns durch die Stadt führen konnte. Am Samstag besichtigten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten: das Jesuitenkloster, die historische Altstadt, die Universität und die Plaza San Martin. Den Nachmittag verbrachten wir als Freiwilligengruppe schlapp herumliegend im Parque Sarmiento, weil es so unglaublich heiß war und tranken Terreré.

Mein Highlight in Córdoba war der Hippie-Kunsthandwerkermarkt, den wir am Nachmittag besuchten und wo man für viele kleine Nettigkeiten, Schmuck, Antiquitäten, Kleider, Taschen etc. ganz schnell viel Geld liegen lassen kann:)

Abends konnten wir vor dem Paseo del Buen Pastor, einem ehemaligen Frauengefängnis, das zum Kulturzentrum umfunktioniert worden ist, ein kostenloses Konzert sehen und wurden danach noch von Rikes Freunden zum Asado, dem typisch argentinischen Grillen (viel Fleisch mit wenig Beilage), eingeladen. Die Stimmung in Córdoba ist selbst in der Siesta noch echt lebendig und eher europäisch. Als wir abends draußen bei Live-Musik zwischen Studenten saßen, kam ich mir eher vor wie in Spanien als in Argentinien.

Am nächsten Morgen versuchten Carola und ich ein zweites Mal vergeblich Fotos in den berühmten Kirchen zu machen (samstags war es die Siesta, sonntags dann der Gottesdienst, der uns daran hinderte). Nach einem Mittagessen mit unseren Couchsurfing-Gastgebern besuchten wir das Kunstmuseum Palacio Ferreyra, das mit komplett mit Kuhfell überzogenen Treppenstufen aufwarten kann und besuchten abends nochmal den Markt.

Die „Heimfahrt“ nach VGB entwickelte sich noch zu einem richtigen Abenteuer. Als wir am Busbahnhof ankamen begann es so heftig zu regnen, dass die Straßen komplett überschwemmt wurden (es gibt auch gar keine Gullis, wahrscheinlich, weil es so selten regnet). Die Strecke nach Villa General Belgrano ist schon an sich abenteuerlich (durch Sierras) und nicht für empfindliche Mägen zu empfehlen. Dazu kamen jetzt noch beschlagene Scheiben, sodass der arme Busfahrer irgendwann um etwas zum Abwischen für die Scheiben bat und Carolas Handtuch umfunktioniert werden musste. Die Fahrt durch Dunkelheit und sintflutartige Regenfälle habe ich zum Glück verschlafen.

Auch das nächste Wochenende verbrachten wir nochmal in Córdoba, weil wir alle so begeistert davon waren und von dort unsere große Reise starten sollte.

Freitagnachts erkundeten wir wieder mit Rike und anderen Freiwilligen das córdobensische Nachtleben. Am nächsten Tag gönnten wir uns noch ein Museum, etwas Shopping und noch einmal den Markt, bis wir abends unseren Bus nach San Juan- gemeinsam mit Sandra und Katharina nahmen und unsere Reise wirklich begann.

 

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Seit drei Wochen bin ich nicht mehr in Uruguay und unterwegs durch Argentinien. Das Wochenende zwischen dem Theatercamp und dem Zwischenseminar in Villa General Belgrano haben wir bereits im ca. 80 km entfernten Córdoba verbracht. Offiziell auf Reisen sind wir seit Samstag, dem 17.12. Bisher verlief alles nach Plan, außer, dass die Rückmeldung an CouchSurfing-Gastgebern, etwas mager ausfällt und wir deshalb bisher nur in Hostels übernachtet haben.

Publiziert am von Sophie Le | Kommentare deaktiviert für Unterwegs durch Argentinien

Und noch ´ne „deutsche Stadt“

Nach meinen Erfahrungen in Nueva Helvecia, das ja lieber in der Schweiz gewesen wäre, befinde ich mich gerade in einem „deutschen Pendant“: Villa General Belgrano, einer Stadt, in den Sierras ca. 80 km von Córdoba entfernt.

Die Stadt wird von vielen Nachkommen deutscher und schweizer Einwohnern bewohnt und hat nationale Bekanntheit über das jährlich stattfindende Oktoberfest erlangt hat.

Äußerlich versucht das Städtchen, jedes Cliché, das man mit Deutschland verbinden könnte, zu erfüllen. Das heißt Schwarzwaldhäuschen, Fachwerk und rustikale Holzschilder wohin das Auge reicht. Ida hat das ganze treffend mit einer Kulisse in Tripsdrill verglichen.

Die Hauptstraße besteht nur aus Touri- Läden, mit allem, von Bierkrügen über Spreewaldgurken, Dresdner Stollen und Sauerkraut. Dass man sich eben doch nicht in Deutschland befindet bemerkt man allerdings sowohl an kleinen Details, wie den Straßenhunden und daran, dass niemand am Zebrastreifen hält, als auch an den großen, wie dass hier doch Spanisch gesprochen wird.

Wenn man das alles noch als harmlos oder auch süß bezeichnen will, muss man sich doch bewusst machen, welchen Ursprung diese Deutschland-Verehrung hat:

Die Stadt hat (genau wie Nueva Helvecia) eine dunkle Vergangenheit als Zufluchtsort für aus Deutschland geflüchtete Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg. Welche Menschen eine „deutsche“ Stadt hier eben auch anzieht, musste ich leider feststellen, als ich mich plötzlich vor T-Shirts mit „Admiral Graf Spree“- und „Luftwaffe“-Aufschriften, leicht veränderten Hakenkreuzen und sogar Hitlers Portait als Comic wiederfand.

 

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Gebibst

Die vergangene Woche habe ich hier in Villa General Belgrano, einer „deutschen Stadt“ in der Nähe von Córdoba verbracht. Das Goethe-Institut Buenos Aires veranstaltet hier einmal im Jahr im Rahmen der PASCH-Initiative ein internationales Ferienlager mit Schülern der Partnerschulen und internationalen Künstlern, die gemeinsam ein Projekt auf die Beine stellen.

Das Thema dieses Jahr war „Theater“ und unser Projekt war es, das Theaterstück „Bibs“von Hans Magnus Enzensberger zu erarbeiten und dann vor den Einwohnern des Dorfes aufzuführen.

Meine Vorfreude auf diese Woche hat sich gelohnt: Schon die Anreise von Uruguay war spannend und meine drei uruguayische Schüler sind beim Anblick der Berge hier vor Freude fast ausgerastet. Mit elf Jahren waren meine drei Kleinen hier die Nesthäkchen des Lagers. Das und die Tatsache, dass wir die einzigen Uruguayer unter 140 Teilnehmern waren, hat sie am Anfang etwas eingeschüchtert, was dazu geführt hat, dass ich für die Woche zur Ersatzmama wurde. Ich wurde regelmäßig von meinen Heimweh-geplagten Kindern aufgesucht, um Tränen zu trocknen, zu kuscheln oder auf meinem Schoß einzuschlafen. Vor allem weil ich mit diesen Schülern in Nueva Helvecia noch gar nicht viel zu tun hatte, war das ein schöner Abschluss für meine Zeit in Uruguay.

Während der vier Tage arbeiteten wir alle in verschiedenen Workshops, um das Theaterstück vorzubereiten. Ich war die Freiwillige des Workshops „Kostüm“, das von einer Berliner Modedesignerin und einem argentinischen Modestudenten geleitet wurde. Die Teilnehmerinnen waren ausschließlich ca. 15-jährige Mädels. Unsere Aufgabe war es, die Kleidung für eine 4,5m-hohe Puppe, der Hauptperson „Bibs“ zu schneidern, was sich selbst für Anna-Laura, die Designerin, als Herausforderung herausstellte, weil diese völlig andere Proportionen als ein Mensch hatte. Ich habe bei dieser Arbeit festgestellt, wie viel Mode mit Mathe und Geometrie zu tun hat.

Andere Workshops waren z.B. Theater, Klanginstallation, Film, Ausstattung, Presse, Schattentheater oder Puppenspiel, sodass für jeden Schüler und seine Talente was dabei war.

Ziel des Camps war es natürlich, so viel wie möglich Deutsch zu sprechen. Das Deutschniveau einiger Schüler hat mich nach meinen A1-Erfahrungen in Uruguay schwer beeindruckt:)

Die Woche war für mich besonders spannend, weil hier so viel unterschiedliche Nationen vertreten waren. Die Schüler kamen neben Argentinien, Paraguay, Uruguay und Chile dieses Mal auch aus Costa Rica und Argentinien, sodass man schon hier die unterschiedlichen Angewohnheiten, Bräuche und Spanisch-Dialekte kennen lernen konnte. Die patriotischen Chilenen, die zu jeder Gelegenheit in Sprechchöre ausbrechen (Chi, Chi, Chi; Le,Le, Le- Viva Chile!), die tanzenden Brasilianer (ja, in echt)und die Tereré-trinkenden Paraguayer (die paraguayische Version von Mate wird eisgekühlt und mit Fruchtsaft getrunken- lecker!).

Hier hatte ich wirklich das Gefühl in Südamerika zu sein. Spätestens wenn Musik angeschaltet wird und selbst 15-jährige Jungs anfangen, super zu tanzen, weiß man, dass man nicht in Deutschland ist: )

 

Am letzten Abend folgte der Auftritt vor etwas wenigen Einwohnern der Stadt Villa General Belgrano. Für unsere Schüler war das allerdings überhaupt kein Problem. Nach der Aufführung folgte eine spontane Party im Theaterhaus, bei der die Schüler die Straße des sonst eher verschnarchten Städtchens tanzend eroberten.

Mit einem Lagerfeuer und einer letzten Party und in der Herberge und auch mit überraschend vielen Abschiedstränen auch bei den jugendlichen Jungs wurde das Ferienlager abgeschlossen.

Trotz des Regens, der schon nach der ersten Nacht die Zelte von uns Kultutrweit- Freiwilligen überschwemmten, hatte ich eine supertolle Woche hier, in der ich tolle Leute kennengelernt habe und beeindruckt war von dem Aufwand, den das Goethe hier betreibt, aber vor allem von der Kreativität und den Talenten der Kinder.

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