Am Sonntagmorgen kamen wir in San Juan, einer recht großen Stadt mitten im Wüstengebiet im Westen Argentiniens an, wo wir einige Stunden Aufenthalt hatten. Inzwischen waren wir ein siebenköpfiges Kulturweit-Reisegrüppchen, bestehend aus Carola, Sandra, Katharina, Leo, Philipp, Ferdinand und mir, das zusammen ins Valle Fértil und von dort ins Mondtal gelangen wollte.
Nach dem lebhaften Córdoba, ist San Juan am Sonntagmorgen wohl der stärkste Kontrast, den man sich aussuchen kann. Denn es ist einfach NICHTS los. Keine Menschen auf der Straße, keine Geschäfte geöffnet, kein Verkehr. Dieser Eindruck wurde uns auch durch den schlauen Lonely Planet bestätigt.
Im einzigen geöffneten Kiosk wurde ich einmal mehr vom Verkäufer übers Ohr gehauen und bezahlte für meinen Obstsalat 4 Pesos mehr als Ferdinand, der seinen 5 Minuten später kaufte. Das Phänomen begegnet mir auf der Reise immer öfter und hat wohl damit zu tun, dass gewiefte Ladenbesitzer beim Anblick von blonden, europäischen Touristinnen manchmal auf die Idee kommen, ein paar Pesos mehr als gewöhnlich für ihre Ware zu verlangen.
Dafür, dass die Stadt inmitten eines wüsten-ähnliches Gebiets liegt, war sie ziemlich grün und hatte sogar einen fast verschwenderischen Brunnen. So wird mir von dieser Stadt hauptsächlich der Sprung in eben jenen und die Frage, ob es möglich ist, eine Stadt nur mit künstlicher Bewässerung so grün zu halten, im Kopf bleiben.
Am Nachmitttag fuhren wir weiter ins Valle Fértil, dem „Fruchtbaren Tal“ inmitten der Wüste. Das Dorf San Agostín ist der Ausgangspunkt für Touren in den Nationalpark Ischigualasto, einem Wüstenpark, der für seine Felsformationen und mondartige Landschaft bekannt ist und deshalb auch „Valle de la Luna“ (Mondtal) genannt wird.
Die Einwohner dieser Gegend sehen schon um einiges weniger europäisch aus als in den Städten Argentiniens, die ich bisher besucht hatte. Auf der vierstündigen Busfahrt sah ich ärmliche Lebensverhältnisse, wie ich sie mir bisher nicht vorstellen konnte. Die kleinen Hüttchen, die vereinzelt und wahrscheinlich ohne Strom- und Wasseranschluss mitten in der Wüste stehen, erinnerten mich ziemlich an die Wohnsituation der Protagonisten (zwei illegale mexikanische Einwanderer in den USA) von „Tortilla Curtain“ von T.C. Boyle, welches wir letztes Jahr im Englischunterricht gelesen haben.
In San Agostín wurden wir erst einmal von zwei Herren „abgeholt“, die sich als Angestellte des Hostels ausgaben, die Fahrt aber kräftig für Werbung für ihr Touri-Exkursions-Unternehmen nutzten. Es stellte sich heraus, dass das ganze Dorf hauptsächlich von Touristen-Touren ins Mondtal lebt.
Im Hostel, in dem wir bis auf zwei weiteren Deutschen, die einzigen Gäste waren, wurden wir von „Gringo“, dem urigen Mitarbeiter, empfangen, mit dem wir bei über 30 Grad zunächst mal einen Mate trinken mussten. Den restlichen Tag verbrachten wir der Hitze angepasst herumliegend im Hostel.
Am nächsten Tag begannen wir unsere Abenteuerexkursion ins Mondtal, dem eigentlichen Ziel unseres Abstechers. Mit einem Minibus wurden wir eine Stunde in den Nationalpark gefahren. Dort wartete schon eine größere internationale Touristengruppe mit Führer. Die Führung durchs Tal dauert ca. 4 Stunden. Wie empfohlen waren wir mit reichlich Wasser, energiehaltiger Nahrung und vor allem gutem Sonnenschutz ausgestattet. Dank raffinierter Kopfbedeckungen und Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 schafften wir es alle, die Wüste ohne Sonnenbrand und –stich zu verlassen.
Wir hatten auch das Glück, dass es an diesem Tag stark windete, denn sonst muss die Tour fast unerträglich heiß und anstrengend sein. In unserem Fall war sie einfach nur beeindruckend: Die Landschaft wirkt wirklich wie auf dem Mond, es gibt Grand Canyon-artige Felsen in verschiedensten Farben und Felsformationen, die zum Beispiel Submarino (U-Boot), El Hongo (Der Pilz) oder Boccia-Feld heißen und genau so aussehen.
Also ein perfekter Anlass um viele schöne Touri-Bilder fürs Reisefotoalbum zu schießen. Die Rückfahrt entpuppte sich als eigentliches Abenteuer, denn unser bisher wortkarger Chauffeur hielt plötzlich mitten auf der Strecke an, um uns mitzuteilen, dass der Motor kaputt sei. Nach einer kurzen Phase des Misstrauens glaubten wir ihm. Er hatte uns auch extra noch bis auf einen Parkplatz gefahren, an dem zum Glück nach einer halben Stunde einer der vier am Tag passierenden Busse vorbei kam, der uns wieder mit nach San Agostín nahm.
Dass die Frequenz an Bussen ins Dorf recht gering ist, stellte sich abends als Problem heraus. Um am nächsten Tag noch tagsüber in unserer nächsten Zielstadt Mendoza anzukommen, mussten wir einen Bus zurück nach San Juan nehmen, der nachts um 3.30 Uhr abfuhr. Als die Jungs am Busbahnhof die Tickets besorgen wollten, gab es leider nur noch 6 freie Plätze- für 7 Personen. So entschieden wir uns die Gruppe aufzuteilen. Sandra und Katharina blieben noch ein paar Stunden, während wir in Mendoza schon einmal eine Unterkunft suchen wollten.
Der Nachtbus schien wirklich ein Pendlerbus nach San Juan zu sein. Die Bewohner der Dörfer auf der Strecke steigen nachts um 3.30 Uhr ein, um morgens um 7 Uhr in San Juan zur Arbeit zu gehen. Wir nutzen die Zeit, um zu schlafen- für die eiskalte Klimaanlage waren wir zum Glück schon gerüstet.



























