Uruguayische Erfahrungen

Ich weiß nicht, wann man von sich behaupten kann, ein Land zu kennen. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass meine Zeit hier definitiv nicht ausreicht, um Uruguay richtig kennen zu lernen. (Vor allem seit ich die zweibändige Uruguay-Enzyklopädie lese, die Silvana mir geliehen hat und ich ständig Fakten über Uruguay erfahre, von denen ich überhaupt noch nie gehört habe.)

Die erste Stufe des Kennenlernens habe ich glaube ich erreicht. Sie beinhaltet für mich, Kleinigkeiten im Alltag, die mir erst fremd waren, inzwischen zu kennen: wie sich die Leute begrüßen, Umgangsformen, Redewendungen, wie man sich kleidet und wie nicht, was man wann isst und wo man das kauft.

Wie bereits erwähnt, begrüßt man sich in Uruguay mit einem Kuss auf die rechte Wange. Dabei fragt man zur Begrüßung meistens neben dem „Hola“ (oder auch statt diesem) „Cómo andás?“ oder „Qué tal?“- man erkundigt sich also nach dem Befinden des anderen. Dass darauf nicht mehr als ein „Bien“ erwartet wird, habe ich schon verstanden. Dass man seine Stimmung aber bereits in der Frage unterstellt bekommt, war mir neu. Viele Leute stellen die Frage beinahe im Vorbeigehen nämlich eher so: „Como andás? Bien? Me alegro!“ (Wie geht’s dir? Gut? Das freut mich“) Irgendwie kann ich die ehrliche Freude dann meistens nicht so abnehmen, aber andere Länder andere Sitten.

Auch etliche Besonderheiten in der Sprache habe ich inzwischen  kennen gelernt und wende sie an. So z.B., dass man Jungen und Mädchen hier nicht als „chicas y chicos“ sondern „nenas y varrones“ bezeichnet oder, dass kein Mensch das Wort „Adiós“ zur Verabschiedung verwendet (auch hier hat sich das italienische „Chau“, in dieser hispanisierten Schreibweise, durchgesetzt.)

Das Rätsel, warum mich einige Verkäufer etc. mit „Micha“ ansprechen, hat sich gelöst (mi hija= meine Tochter, mein Mädchen). Es ist eine liebevolle Artjemanden anzusprechen und zeigt außerdem, dass ich hier sehr jung wirken muss (ich wurde bisher zwischen 15! und 18 Jahre alt geschätzt).

Ein anderes Mysterium war für mich am Anfang, von welchem „aschá“ die Menschen mit mir sprechen. Nach meiner „sch“ zu „ll“ Dekodierungsmethode verstand ich irgendwann, dass die Menschen das Wort „allá“ (dort drüben) benutzen, um über meine Heimat, also Deutschland, zu sprechen.

Und das Essverhalten: Das Frühstück nimmt hier keine besonders große Rolle ein, in meiner Gastfamilie zumindest sind es ein paar Kekse mit Dulce de Leche (was man übrigens mit wirklich allem isst), weshalb ich inzwischen mein Müsli kaufe, um den Morgen gut zu überstehen. Das Abendessen finde,t wie in südlichen Ländern üblich, sehr spät statt, bei uns zwischen  21 und 22 Uhr. Es gibt zwar offiziell gegen Spätnachmittag die „Merienda“, wo man Bizcochos isst und Mate oder Milch trinkt, ich hatte am Anfang trotzdem immer gegen 20 Uhr ein Hungerloch.

Mate ist hier übrigens omnipräsent.  Wer durch die Straßen Nueva Helvecias trifft, wird wenige Erwachsene (v.a. Männer) ohne Thermoskanne und Matebecher treffen. Man trinkt diesen Tee gemeinsam mit einem Metallröhrchen (Bombilla) aus einem Becher (Mate), der herumgegeben wird und immer wieder zu dem Menschen mit Thermoskanne zurückgegeben wird, der Wasser nachgießt.

 

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2 Antworten zu Uruguayische Erfahrungen

  1. Sophie Le sagt:

    Nein, Dulce de Leche ist eine hellbraune Creme, die hauptsächlich aus Zücker und eben noch Milch hergestellt wird. Sie schmeckt wie Karamell und befinet sich wirklich in allem: Nachtischen, süßen Stücken, Eis, Kuchen,A lfajores und natürlich so aufs Brot.
    Mir hat Mate von Anfang an gut geschmeckt, vieleDeutsch finden ihn wohl bitter. Man muss keinen trinken, aber die Kaffekultur ist hier gar nicht verbreitet:)

  2. Kathi sagt:

    Das Essverhalten in andern Ländern finde ich immer interessant. Ich finde schön, dass Du das so detailliert beobachtest und beschreibst. Man kann sich den örtlichen Gepflogenheiten oft auch kaum entziehen. Dulce de Leche ist wohl das Pendant zu dem Produkt, das man hier auch unter „Milchmädchen“ kennt? Quasi gezuckerte Dosenmilch in festerer Form. Hat die häufige Nutzung damit zu tun, dass es keine durchgängig präsente Kühlkette gibt? Welche Erfahrung hast du mit Mate gemacht? Gibt es Alternativen dazu?

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