Nachdem gestern bereits die Hälfte meine Zeit in Nueva Helvecia verstrichen ist, komme ich nun auch mal dazu, ein bisschen etwas von meiner Arbeit zu erzählen:
Ich arbeite an zwei Einsatzstellen, dem Colegio Mater Ter Admirabilis, einer privaten Grundschule und dem Liceo de Nueva Helvecia, der weiterführenden Schule hier.
Offiziell, bin ich zwar am Liceo beschäftigt, da Deutsch aber ein freiwilliges Wahlfach ist, gibt es in den drei Deutschkursen, die ich begleite, insgesamt nur drei Schüler (es kommt also im Schnitt einer pro Stunde, im Ernst!). Ich habe also hier recht wenig zu tun, da ich noch dazu mitten in der Prüfungsvorbereitungsphase hier ankam.
Im Colegio hingegen kann ich mich entfalten und alles, was ich anbieten möchte, wird von den Kindern mit Begeisterung und auch von der Schulleitung mit Unterstützung entgegengenommen. Ich durfte schon zweimal einen Ausflug begleiten und man ist dankbar, dass ich da bin.
Das Colegio MTA ist eine katholische Schule, die unter der Leitung der Schönstatt- Schwestern steht, einem ursprünglich aus Deutschland stammenden Orden. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Schule einen hübschen Klostergarten und ein Santuario (eine Nachbildung des Klosters Schönstatt bei Koblenz) besitzt, das bepilgert wird.
Jeden Morgen wird vor dem Unterricht gemeinsam gebetet, die Kinder dürfen sich melden und Fürbitten und Danksagungen vortragen (oft sind das ganz süße, wie das „Danke“ an den besten Freund, dass es ihn gibt). Diese morgendliche Versammlung wirkt auf mich immer noch oft befremdlich, da es für die mir bekannten Verhältnisse recht konservativ zugeht, was z.B. die Länge und Kinderfreundlichkeit der Gebete angeht. Gleichzeitig schaffen die Treffen aber ein Gemeinschaftsgefühl an der Schule, das ich aus Deutschland so nicht kenne.
Aber zu meiner Arbeit:
Ich werde hier als „Unterrichtsassistentin im Deutschunterricht“ eingesetzt. Unter dieser Stellenbeschreibung konnte ich mir im Voraus auch nicht viel vorstellen – inzwischen weiß ich, dass sie je nach dem, mit welcher Lehrerin ich zusammenarbeite ganz unterschiedlich ausgelegt werden kann:)
Ich begleite die drei Deutschlehrerinnen in den Unterricht von den Dreijährigen im Kindergarten bis in die sechste Klasse. Bei den Kleinen heißt das meistens Singen, Basteln und immer wieder Themen wie „Tiere“ oder „Farben“ wiederholen. Meine Aufgabe ist es hauptsächlich, Spiele mit den Kindern zu spielen und die Aussprache richtig vorzusprechen.
In den älteren Schulklassen, darf ich je nach Lehrerin mal ein Spiel spielen oder etwas erklären oder auch mal spontan den ganzen Unterricht übernehmen. Meiner Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt, weil der Alternativunterricht durch die Lehrer oft auch nur aus Filmeschauen bestünde und eigentlich alles, was ich anbiete ok ist.
Was aber am meisten meiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt, sind die drei AGs, die ich anbiete.
Ich habe von meinen Vorgängerinnen den „Taller de Alemán“, ein Deutsch-AG, in der wir spielerisch Grammatik wiederholen bzw. neu erlernen, und das Radio-Projekt übernommen. Alle PASCH-Schulen in Chile, Paraguay, Uruguay und Argentinien nehmen am Radio-Projekt teil. Monatlich kommt eine Sendung zu einem Thema mit Bezug auf Deutschland kommt raus, wir sind die einzige teilnehmende Grundschule. In der AG erarbeiten wir landeskundliche Themen, recherchieren und nehmen die Beiträge auf.
Im „Taller“ versuche ich Grammatik-Themen mit Spielen und deutschen Liedern etwas aufzuhübschen (so zum Beispiel zum Thema „Regelmäßige Verben“ mit dem „Konjugations-Flaschendrehen“ geschehen;) ).
Dazu habe ich noch eine eigene AG, die „Plataforma de Alemán“, gegründet. Es ist eine Internet-AG, in der wir mit PASCH-net.de, einer Lernplattform für Deutschlernende, arbeiten. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Technikversager bin und wird sich fragen, warum ich auf die Idee kam, eine Internet-AG zu gründen. Das habe ich mich nach dem ersten Mal auch gefragt, als mir 13 Schüler in einem Computerraum mit 10 Computern und nicht funktionierendem Internet außer Kontrolle gerieten. Inzwischen haben wir die AG in zwei Gruppen aufgeteilt und es läuft besser:)
Die Chiquilines (das ist die in Uruguay gebräuchliche Bezeichnung für kleine Kinder) sind sehr offen und (meistens) total lieb. Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Die Lehrer werden geduzt und genau wie alle anderen mit Kuss, oft sogar mit liebevollen Umarmungen begrüßt. Ich auch:)
Andererseits habe ich das Gefühl, dass die Disziplin eher geringer ist als in Deutschland und auch nicht so viel Stoff vermittelt wird, was auch daran liegen könnte, dass eine Klasse, dreimal die Woche Deutsch bei drei verschiedenen Lehrern zu drei verschiedenen Themen haben kann.
Mein Aufenthalt hier ist sehr kurz, was natürlich auch bedeutet, dass ich nicht so viel bewegen kann. Die ersten Wochen braucht man ja auch zum eingewöhnen und jetzt bleiben mir noch genau fünf. Trotzdem ist es schön zu sehen, wie motiviert viele Kinder sind, wenn man ihnen einmal eine andere Methode oder ein Vokabelspiel zeigt. Ich gebe auch zu, es gibt Klassen, die es nicht die Bohne interessiert, dass ich vorne ein Spiel erkläre, weil sie völlig damit beschäftigt sind, außer Rand und Band zu geraten und meine Autorität auf Spanisch noch nicht ausreicht, um irgendetwas zu bewegen.
Zumindest reichen meine Erfahrungen hier aber aus, um ein völlig neues Bild auf den Beruf des Lehrers zu bekommen. Ich will erstens sicher keine Lehrerin mehr werdne, weiß aber zweitens gute Lehrer jetzt noch viel mehr zu schätzen, denn eine gute Unterrichtsstunde vorzubereiten ist viel aufwändiger, als man das als Schüler immer so annimmt.









