Fast einen Monat…

 

…bin ich jetzt schon in Nueva Helvecia. Ein guter Anlass, um ein erstes Resumé zu ziehen. Wer mit mir Kontakt hatte, weiß, dass die letzten Wochen nicht ganz leicht für mich waren.

Am Wochenende habe ich eine Trip nach Buenos Aires gemacht, um mal wieder etwas anderes zu sehen und zugegebenermaßen auch, um mich nach vier Wochen einmal in die „deutsche Blase“ zurückzuziehen.

Dort habe ich zum Glück eine andere Perspektive auf meinen Aufenthalt bekommen und weiß jetzt einige Aspekte meines Alltagslebens, die mir besonders zu schaffen machen, wieder als Herausforderungen zu schätzen.

Nueva Helvecia ist klein- und das nicht nur im Vergleich zu Buenos Aires. Man kennt sich und vor allem: Man kennt mich! Wenn ich mich Menschen vorstelle, haben sie mich meistens schon gesehen oder zumindest von mir gehört. („Ja, jemand aus dem Nachbardorf hat mir erzählt, dass jetzt auch eine Deutsche ins Fitness kommt.“) Leider heißt das nicht, dass ich auch die Leute kenne.

Trotz meiner ehrgeizigen Bemühungen, schnell Menschen kennenzulernen (ich gehe jetzt ins Yoga, ins Fitness, in den Cine Club), habe ich leider noch nicht viele Bekanntschaften gemacht, die über Small Talk hinausgehen.

Eine Ausnahme bildet Carlos´ Familie. Mit ihr bin ich über meine Vorgängerin Anna in Kontakt gekommen. Carlos ist Sozialarbeiter. Er kommt aus der brasilianischen Grenzregion Uruguays und bringt mir ein bisschen Candombe- Trommeln bei. Mit einer vergleichbaren Herzlichkeit und Offenheit wie in dieser Familie wurde ich noch nie irgendwo aufgenommen. Ich kann jederzeit vorbeikommen und Carlos, sein Sohn Nahuel und ich trommeln zusammen, was mir total viel Spaß macht.

In Buenos Aires, wo ich zwei andere Kulturweitlerinnen besucht habe, fiel mir auf, wie abgeschottet von Deutschem ich im Vergleich zu den beiden lebe.Die Freiwilligen in der Stadt können sich am Wochenende treffen. Ich bin in Uruguay die einzige Deutsche und fühlte mich deshalb in den letzten Wochen oft etwas isoliert, weil ich viele Dinge auf Spanisch noch nicht richtig ausdrücken kann.

An diesem Wochenende ist mir allerdings aufgefallen, wie sehr sich die Zeit unter Uruguayern schon auf mich ausgewirkt hat. Mein Spanischverständnis hat sich extrem verbessert (Hurra, ich hab einen argentinischen Kinofilm komplett verstanden – zumindest was die Sprache angeht;) ) und bin jetzt natürlich auch ein bisschen stolz, die vier Wochen alleine bestanden zu haben.

Worum ich die Freiwilligen in Buenos Aires trotzdem beneide, sind eine gewisse Anonymität, Zugang zu einem Haufen Kulturangeboten und, was ich ehrlich zugeben muss, den europäischen Lebensstandard.

In meiner Gastfamilie leben wir in einfachen Verhältnissen. Auch wenn ich mich in Deutschland noch als anspruchslos beschrieben hätte, ist man als Mitteleuropäerin eben doch durch einen gewissen Standard verwöhnt. Was mir am meisten fehlt, sind ausreichend Privatsphäre und Zeit für mich, Platz, um meine Habseligkeiten abzulegen und die Möglichkeit, jederzeit und auch in meinem Zimmer, Strom benutzen zu können.

Trotzdem möchte ich das Leben in der Gastfamilie nicht missen. Ich habe mich bewusst, dafür entschieden, nicht ins Colegio zu ziehen, wo ich ein eigenes Zimmer und Internetanschluss gehabt hätte. Ich möchte das uruguayische Leben wirklich so kennen lernen, wie es ist, mit seinem Alltag, seiner typischen Küche, seinen Problemen und eben seinen Menschen. Und meine Familie kümmert sich immer noch ganz lieb um mich. Zum ersten Mal sehe ich bei ihnen, wie es ist, wirklich nicht viel Geld zum Leben zu haben und bin ihnen sehr dankbar, dass sie dazu auch noch mich in ihr Haus aufnehmen.

So versuche ich diese Schwierigkeiten, die mich in der bisherigen Zeit belastet haben, jetzt als Herausforderungen für den restlichen Aufenthalt, an denen ich weiter wachsen kann, zu nehmen.

Natürlich kommt auch noch meine Arbeit an den beiden Schulen dazu, über die ich ein anderes Mal berichten werde. Leider habe ich einen akuten Zeitmangel, weshalb ich meinen Blog nicht so regelmäßig führen kann, wie ich gerne würde, aber ich tue mein Bestes, um euch auf dem Laufenden zu halten.

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6 Antworten zu Fast einen Monat…

  1. Kathi sagt:

    Hi Sophie,
    Du bist also in Deinem Umfeld bekannt, lernst trommeln, kannst bereits komplett einen Film in Spanisch verstehen (!), hast eine nette Gastfamilie gefunden. DAS ist doch für 6 Wochen schon jede Menge! Wir verfolgen Deinen Erfahrungsbericht regelmäßig. Thomas ist zwar schreibfaul, lässt Dich aber vom Sofa aus grüßen!
    Bis bald.
    Kathi

  2. sehr schöner bericht:) bis übermorgen meine liebe!

  3. Kadda sagt:

    Hi Sophie,
    ich finde deinen Blog total interessant und damit du auch siehst, dass ich immer fleißig am lesen bin, wollt ich dir jetzt einfach mal einen Kommentar hinterlassen. =)
    Es freut mich für dich, dass es dir in deiner Gastfamilie so gut gefällt und ich wünsche dir, dass du auch zu den anderen Leuten bald mehr Kontakt bekommst.
    Die schlechte Internetverbindung kenne ich von meiner Indienreise (und leider auch teilweise aus dem Allgäu) und ich weiß, es ist echt nervig. Deshalb Danke, dass du trotzdem so fleißig von deinem Leben am anderen Ende der Welt berichtest.
    Liebe Grüße
    Kadda

    • Sophie Le sagt:

      Hey Katha,
      ist ja echt interessant, wer das alles so liest:) Danke! Ich bin ganz motiviert, mehr zu schreiben und vor allem mal mehr Bilder zu veröffentlichen, komme nur nie dazu, aber irgendwann werd ich sicher mal all das auch veröffentlichen können, was mir grade so im Kopf herumschwirrt:) Liebe Grüße ins Allgäu

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