11120 km von der Schweiz entfernt…

…liegt Nueva Helvecia (die neue Schweiz), wo ich nun seit zwei Wochen lebe und arbeite. Das Städtchen hat ca. 12000 Einwohner, liegt zwischen Colonia del Sacramento und Montevideo, ca. 15 km vom Río de la Plata entfernt und ist ein kleines Kuriosum.

Nueva Helvecia wurde vor 150 Jahren von Schweizer Auswanderern (aber auch von Deutschen, Österreichern und Franzosen) gegründet und pflegt bis heute einige von deren Traditionen (dazu aber noch mehr).

Trotzdem war ich, die hier eine kleine Abbildung des europäischen Vorbilds erwartete, überrascht wie wenig schweizerisch es hier zugeht. Bis auf einige Äußerlichkeiten (Straßen-, Geschäfts- und Nachnamen sowie ein Stadtportal im Alpenstil) ist es hier doch ganz anders.

 

Aber erst mal zu meiner Ankunft: Ich kam am Mittwoch, den 21. September mit der Fähre in Colonia an, wo mich Silvana, meine Gastschwester, abholte. Sie spricht super Deutsch und ist ein Schatz. Silvana ist so alt wie ich und hat Deutsch in der Schule gelernt. Nächstes Jahr wird sie als Au-pair nach Deutschland gehen. Ich wohne jetzt bei ihrer Familie, die sich richtig um mich kümmert.

 

Am ersten Tag, haben mich hier vor allem zwei Dinge überrascht, die nicht mit meinen Erwartungen übereingestimmt haben: Die Sprache und der Lebensstandard.

Zur Sprache: Das uruguayische Spanisch klingt (zumindest für meine Ohren) ganz anders als das, das wir in der Schule gelernt haben. Jeder „j“-Laut wird hier als „sch“ ausgesprochen. Nachdem ich die ersten Tage praktisch nichts verstanden habe, habe ich inzwischen folgende Taktik entwickelt: Immer wenn ich ein Wort nicht kenne, übersetze ich die Sch-Laute in ein Y bzw. LL. (Scho me schamo= Yo me llamo, Scha vengo= Ya vengo, Vamos a la plascha= Vamos a la playa etc.) Das klappt ungefähr in der Hälfte der Fälle:)

 

Da ich bei meiner Recherche über das Land gelesen hatte, dass Uruguay eines der reichsten Länder Lateinamerikas und außerdem sehr europäisch geprägt ist, kam ich mit einer etwas falschen Vorstellung, was den Lebensstandard hier angeht, an.

Denn was „reich“ im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Staaten  heißt, bedeutet nicht reich verglichen mit Europa. Jetzt wüsste ich mehr zu schätzen, was ich Zuhause als selbstverständlich hingenommen habe: viel Wohnraum, moderne Sanitäranlagen, überall Steckdosen und schnelles Internet wann immer man will.

 

Nueva Helvecia als Stadt habe ich nach einer Woche noch nicht durchschaut, doch ich werde mal einige Details, die ins Auge springen, beschreiben:

Das Hauptfortbewegungsmittel ist hier eindeutig das Moto (also jede Form von motorisierten Zweirädern, von der alten Dame auf dem Mofa bis zum Dorfjugendlichen, der auf einem Rad die Avenida entlangbrettert ist alles dabei;) ). Meine „Lieblingsstatisten“ im Stadtbild sind Menschen die auf ihren Motorrädern hinten Lautsprecher installiert haben, aus denen Werbung für städtische Geschäfte tönt. Die Geräuschkulisse ist also geprägt von Motorbrummen, werbeansagn und echt lauten Vögeln (es ist ja Frühling).

Optisch fällt auf, dass die Straßen etwas kaputter, die Häuser meistens kleiner und die Flora südländischer ist (Palmen).

 

Und die Menschen? Ich will nicht von „dem Uruguayer“ oder „den Helvetiern“ schreiben, aber an Verhaltensweisen lässt sich zusammenfassen, dass man sich nicht mit der rechten Hand, sondern mit einem Kuss auf die rechte Wange begrüßt.

Mehr zu meinem Leben hier kommt hoffentlich bald. Ich mache mich auf der Suche nach Internet immer auf zur Plaza, wo ich zwar WIFI habe, jedoch mit meinem Akku, der Sonne und gelegentlichen Internetabstürzen zu kämpfen habeJ

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4 Antworten zu 11120 km von der Schweiz entfernt…

  1. Kathi sagt:

    Liebe Sophie,
    Deine Einstellung zu den Fotos/Google ist sehr vernünftig und klug. Dann sehen wir Südamerika + P-Fotos dann später nach Deiner Rückkehr.
    Wir haben hier jetzt klare, aber kalte Herbsttage bei Vollmond und brauchen ab jetzt die Heizung.
    Colonia del Sacramento ist übrigens einer von 2 Einträgen zu Uruquay im Reiseführer „1000 places to see before you die“ – neben Punta del Este. „Im barrio historico mit seinen kopfsteingepflasterten Strassen und schattigen Platanen finden wir den kolonialen Kern dieser Stadt, einer der am besten restaurierten Stadtzentren Südamerikas … und die älteste Kirche Uruquays … und das bezaubernde Hotel Plaza Mayor aus dem 19. Jahrhundert.“ Vielleicht hast du ja Gelegenheit, mal einen Blick darauf zu werfen – evtl. in der Bar des Hotels bei einem Cafe oder Drink. Wenn man dann schon mal da ist ….
    LG
    Kathi

    • Sophie Le sagt:

      Danke Kathi,
      bei uns kam gestern endlich mal die Sonne raus, was sich natürlich auch gleich auf die Laune niederschlägt.
      Ich war schon einmal in Colonia (zum Umsteigen schon öfter) und es ist richitg schön. Am Wochenende treffe ich da zwei deutsche Freundinnen und mit viel Glück darf ich auch nächste Woche noch zum Schulausflug mit.
      Punta del Este steht auch auf meiner Liste, auch wenn es mir sehr touristisch erscheint.
      Hoffe, der Herbst ist nicht zu ungemütlich,
      liebe Grüße

  2. Kathi sagt:

    50% Hörverständnis-Quote ist doch schon ganz gut. Und es gibt ja noch Steigerungs- potential durch länger andauernde Einhör-Erfahrungen.
    Bei einem Aufenthalt auf den Azoren – dort wird auf (dialektmäßigem) Portugiesisch – auch mit reichlich „sch“-Lauten hantiert, konnte man sich sogar mit Portugiesisch klingendem Schwäbisch verständigen: „Hoat’s an Zucker“ klingt doch genuschelt etwa wie „Ha azucuar“.
    Natürlich weit unter Deinem Fremdsprachen-Niveau.
    Falls Du mal noch Anregungen für Deinen Unterricht suchst, gibt es hier eine gute Seite:
    http://www.bbc.co.uk/languages/
    Warum nicht mal z.B. „Test Your German“ in’s Spanische übertragen? Ist vielleicht ganz erheiternd. Einer meiner Englisch-Lehrer (sollte eigentlich Business-Englisch unterrichten – ein Ami) hat über ca. 6 Monate ausschließlich seine Witze erzählt. Dabei haben wir sicher ebenso viel Wortschatz und einiges über das kulturelle Selbstverständnis gelernt. Keiner aus dem Team hat das Nachteil bewertet. Man kann also auch kreativ faul sein. Durchaus beruhigend.
    Fotos. Ich finde, Du hast einen guten Blick für Fotomotive. Hast Du mal den „Mini-Spiegel“ für Handy oder Digi-Camera ausprobiert? Ich warte ja noch auf Deine Fotos aus der Perspektive „Sophie vor/an/bei/in .. Ort/Lokalität/Thema … . “
    Woran liegt die schlechte Netzverbindung? LAN zu wenig ausgebaut in Uruguay? Welche mobilen Verbindungen sind gut nutzbar? Verbindung via Satellit? Funknetze? Beste Netzwerkkarte?
    Wenn Du das rauskriegst, kannst Du Dir evtl. mit der richtigen „Netzkarte“ (ggf. lokaler Anbieter) eine bessere, bequemere Verbindung verschaffen. Kann lästig sein, aber evtl. sehr lohnend. Immerhin bist du noch einige Tage da. Und falls du alleine im Thema nicht weiterkommst – ein Fall für Dein „Netzwerk“.
    Bis bald. Kathi

    • Sophie Le sagt:

      Liebe Kathi,
      danke für deinen Link. Inzwischen bin ich schon ganz zufrieden, mit dem was ich verstehe, da hat sich in einem Monat schon einiges getan. Ich hatte sogar schon Träume mit spanischen Satzfetzen und spreche natürlich jetzt auch „uruguayisch“ und nicht mehr die reine spanische Version.
      Seit letzter Woche habe ich ein Internetmodem,also so einem Stick, bei dem man im Voraus die Stunden bezahlen kann, die man im Internet verbringt. Dadurch fühle ich mich wieder ein bisschen verbundener mit der Welt,was irgendwie total beruhigend ist. Fehlt nur noch die Zeit, mich ein bisschen mehr um meinen Blog zu kümmern;)
      Ich benutze den Fotospiegel,lade aber ungern Bilder mit mir selbst aus so naher Perspektive hoch, da mein Blog ja mit meinem wirklichen Namen betitelt ist und ich nicht möchte, dass ein Foto erscheint, wenn man meinen Namen googelt.
      Liebe Grüße nach deutschland, Sophie

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