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Anything is possible on a train …

“Anything is possible on a train: a great meal, a binge, a visit from card players, an intrigue, a good night’s sleep, and strangers‘ monologues framed like Russian short stories.” – Paul Theroux

– 6. April 2014: Ich springe gut gelaunt, aber körperlich total erschöpft aus dem Nachtzug. In diesem Moment bin ich richtig froh, wieder in Veliko Tarnovo zu sein. Das Licht, der Bahnhof, das Gebirge hinter mir – ich fühle mich wohl in dieser vertrauten Umgebung. Und das, obwohl es eine schöne Fahrt von Bukarest aus war – durch Rapsfelder, mit Zwischenstopps an abgelegenen Bahnhöfen, inmitten von Güterzügen. Das Schönste an der Fahrt aber war, dass wir schlafen konnten. Ich kann mich nicht daran erinnern, je über die Möglichkeit liegen zu können, glücklicher gewesen zu sein. Denn bevor wir in diesen Zug gestiegen waren, hatten wir mehr als sechs Stunden in einer rumänischen Bahnhofshalle verbracht. Wartend.

Trotz oder vielleicht sogar gerade wegen all der (anfänglichen) Schwierigkeiten hatten wir viele tolle gemeinsame Momente, über die wir sicherlich noch lange lachen werden.

– Zum Beispiel über unsere erste gemeinsame Zugfahrt durch die malerischen Landschaften Bulgariens. Meine Freunde, die Anfang April zu Besuch waren, nahmen an, dass man mit dem Zug schneller von Sofia nach Veliko Tarnovo käme … später waren sie ziemlich verwundert, als ich ihnen erzählte, dass wir nun sieben Stunden und somit vier Stunden länger fahren würden. Ich hingegen war erstaunt, als ich erfuhr, dass für unseren Zug eine Sitzplatzreservierung notwendig gewesen wäre. Die folgenden Stunden verbrachten wir teils stehend, teils vor der defekten Toilette auf den Koffern hockend. Nach einer Weile lud uns eine Familie in ihr Abteil ein, wo wir dann zusammen Karten spielten. Diese Zugfahrt wird uns allen noch lange in Erinnerung bleiben.

Mir wird in der letzten Zeit immer häufiger bewusst, dass ich viele nette und großzügige Menschen kennengelernt habe. (Fremde) Menschen, die mir mit vermeintlichen Kleinigkeiten, aber besonderen Gesten sehr geholfen haben. Ich hoffe, irgendwann die Chance zu erhalten, anderen das gleiche zurückzugeben. Einfach, weil ich in diesen Momenten unglaublich glücklich über jegliche Hilfe war.

Wie beispielsweise der Fahrkartenkontrolleur in Rumänien, der uns unsere Erschöpfung mit Sicherheit ansah, uns eine Schlafkabine zur Verfügung stellte und noch dazu Kissen brachte.

 

Am meisten begeistert waren Someia und Jörg vom alten Martenitza – Brauch, der am 1. März gefeiert wird. Man schenkt sich gegenseitig rote – weiße (rot für rote Wangen und weiß für weißes Haar und somit ein hohes Alter) Martenitzi (Armbänder), wünscht sich „Честита Баба Марта“ und trägt diese Bändchen so lange, bis man ein „Frühlingszeichen“ sieht – einen blühenden Baum, einen Storch oder eine Schwalbe. Sobald man eins dieser drei Dinge gesehen hat, spätestens aber zum 1. April, hängt man seine Armbänder an einen Ast.

 

Ein typischer Verkaufsstand mit Martenitzi