Manche (Seifen)blasen müssen platzen…

Hello lovely people,

ich weiß, es ist eine Weile her, seit ich mich das letzte Mal gemeldet habe, aber ich habe mir vorgenommen diese Sache mit dem Blog nicht zu etwas werden zu lassen, was mich stresst. Ich möchte mich nicht gezwungen fühlen, etwas zu schreiben und zu teilen, wenn ich mich nicht danach fühle. Aber here I am again und hab einziges zu erzählen. Denn tatsächlich ist in den letzten Wochen einiges passiert. Am 02.03. bin ich spontan nach Ungarn gefahren. Während der Corona Krise, während Reisen eigentlich unmöglich und moralisch schlecht vertretbar scheint, habe ich mich auf gemacht in ein neues Abendteuer. Und ich sag´s euch- das war es auch.

Ich bin also spontan in den Zug gestiegen. Ich hatte keinen Plan, was mich erwartete. Wie das Leben sein würde und wann ich wiederkehren würde. Von Nitra ging es nach Budapest und dort angekommen, war ich überrascht. Von so vielen Menschen auf einem Haufen. Ohne Maske. Es war ein wunderschöner Tag, die Frühlingssonne brachte Leben in die Großstadt. Und ich war natürlich viel zu dick angezogen mit 2 Paar Socken und meinen schwarzen Boots. Dazu hatte ich noch einen riesigen Reiserucksack auf dem Rücken, und nicht zu vergessen meine geliebte Yogamatte! Ich kam in Budapest an und musste eigentlich den Bahnhof wechseln. Das tolle an diesem spontanen Trip war, dass mich nichts hetze. Ich hatte keinen Anschlusszug, den ich unbedingt erwischen musste. Keinen Termin, bei dem ich rechtzeitig sein musste. Ich konnte einfach aus dem Bahnhof laufen und schauen, wohin mich der Wind trieb. Leider in die falsche Richtung. Ne stopp, falsche Richtung. Das impliziert, dass ich ein Ziel gehabt hätte, denn eigentlich hatte ich das nicht wirklich. Ich war einfach neugierig, was diese neue Stadt zu bieten hatte. Letztlich landete ich an der Donau, lief an der Promenade entlang und genoss ein ganz neues Gefühl von Freiheit. Einfach sein. Einfach leben. Wunderbar und unbeschreiblich. Und auch Auslöser für diesen Text und die Metapher über das Leben, die ich mit euch teilen möchte.

Eine oder eher gesagt, zwei Dinge haben mich die letzten 13 Tage begleitet. Waren meine ständigen Wegbegleiter und sind mir auf Schritt und Tritt gefolgt. Haha. Ich hatte mir auf meinem „Spaziergang“ durch Budapest zwei fette Blasen gerieben. Aber nicht etwa an der Ferse, nein noch schlimmer. AUF DER FUßSOHLE! Unter meinem Fuß! Schon auf dem Weg zu Keleti (einer der Bahnhöfe in Budapest) wusste ich, dass ich ein Problem mit meinen neuen beiden besten Freunden bekommen würde. Aber ich wusste auch, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich musste laufen, das war Teil des Abenteuers. Im Zug hatte ich eine Verschnaufpause, doch in Eger angekommen, wusste ich, dass wir noch nicht fertig waren. Jeder Schritt wurde eine Qual, doch stoppen konnte ich nicht. Ich wollte mehr sehen, mehr erleben. Davon würden mich auch nicht zwei lästigen Blasen abhalten. Also verlagerte ich mein Gewicht in die Fußballen, um so nicht ständig an den Schmerz erinnert zu werden. Abends in der Unterkunft angekommen, wusste ich, dass mich noch etwas erwarten würde. Den ganzen Tag über hatte ich sie so gut wie möglich ignoriert. Aber dann als ich Ruhe hatte und versuchte normal zu laufen, war der Schmerz nicht weg.  Nur weil ich ihn über den Tag hinweg, ignoriert hatte, löste er sich nicht in Luft auf. Also setze ich mich hin und zog meine Socken aus. Für alle Fußfetischisten – spart euch die Vorstellung, mehr Details bekommt ihr nicht. Denn hier geht es nicht um die Blasen und was man tun kann, damit sie schnell verschwinden. Hier geht es um das, was HINTER DEN KULISSEN steckt, nicht wahr?

Jeder von uns hat ein Leben, mit Höhen und Tiefen, in einer Komfortzone und einem Abendteuer. Und auf diesem Weg namens Leben häufen wir im Laufe der Zeit einiges an Gepäck an, die uns schwerer machen. Jede negative Erfahrung kann wie ein Stein in unserem metaphorischen Rucksack gesehen werden, den wir tagtäglich auf dem Rücken tragen. Wir gewöhnen uns an den Schmerz, an die Last. Alle Entscheidungen, die wir täglich treffen, haben Konsequenzen (nicht nur negative, sondern definitiv auch positive!!). Wir machen Erfahrungen. Und sie machen aus uns den Menschen, der wir nun mal sind. Aber manchmal ist das Gepäck zu schwer, manchmal sind die Umstände zu hart und unser Gepäck verursacht Symptome. In meinem Fall Blasen an den Füßen. Wir neigen dazu, diese Symptome zu ignorieren und denken, dass sie wie von Geisterhand eines Tages verschwinden. Oder wir behandeln die Symptome – aber nicht die Ursache. Hier ein einfaches und simples Beispiel. Viele kennen bestimmt das Gefühl von Kopfschmerzen. Jeglicher Art. (Ein-) Schlafstörungen, Gedanken die uns wachhalten und Albträume, die uns in unserer eigentlichen Ruhephase heimsuchen und uns alles andere als Entspannung schenken. Und was tun wir? Wir nehmen Kopfschmerztabletten, wir trinken Baldriantee oder probieren CBD Tropfen aus. Wir bekämpfen die Symptome, aber nicht die Ursache. Aber was steht hinter den Einschlafstörungen? Welcher Druck lastet so schwer auf uns, dass wir selbst im Schlaf darunter leiden? Was übt so viel Stress auf uns aus, dass wir Angst haben, unser Kopf könne jeden Moment implodieren.

Zurück zu den Blasen. Ich habe keine Schmerzmittel genommen, sondern ich habe einen anderen Weg gesucht, um den Schmerz zu lindern – Umverteilung, Verlagerung, allerdings sind dadurch andere Schmerzen entstanden, unter denen ich jetzt leide. Weil es nicht gesund, nicht natürlich war, so anders zu laufen. Also setzte ich mich hin und blickte der Wahrheit ins Auge. Oder eher in den Fuß. Unsicher, was ich als nächstes tun sollte, fragte ich meinen besten Freund: Google. Er war mir keine sonderliche Hilfe, denn er sagte, dass man manche Blasen aufstechen sollte und manche nicht. Toll, aber in welche Kategorie meine gehörten, wusste ich nicht. Ich klebte Pflaster auf sie und wartete. Später entschied ich mich, sie auf zu stechen. Ich meine, es waren nicht die ersten Blasen, die ich hatte. Aber jetzt waren meine Eltern nicht da, um das zu übernehmen und mir zu versichern, dass alles gut werden würde. Ich nahm also eine Nadel und versuchte mir selbst nicht wehzutun, aber dennoch dafür zu sorgen, dass die Blasen verschwanden. Die Blasen waren meine Symptome von meinem Gepäck auf dem Rücken. Man ist immer im Nachhinein schlauer, nicht? Deswegen habe ich jetzt verstanden, wofür sie stehen.

Sie zeigen sich, weil wir die eigentliche Last und den damit einhergehenden Schmerz ignorieren. Und deshalb suchen sie sich, einen anderen Weg. Die Symptome. Wir können so viele Tabletten schlucken, wie wir wollen. Wir können so viele Tropfen nehmen, bis die Flasche leer ist. Ich kann so viele Pflaster draufkleben, bist mein Fuß ein einziger Stoffball ist. Und das hilft, ja. Kurzfristig. Für eine Zeit. Aber dann kommt der Schmerz wieder. Vielleicht nicht als Blase, nicht als Kopfschmerz, sondern in einer anderen Form. Deswegen musste ich die Blase aufstechen, mir selbst weh tun und erkennen, dass die Blase nicht das eigentliche Problem ist. Mit jedem Schritt den ich tat, zuckte ich zusammen, denn der Schmerz durchfuhr meinen ganzen Körper. Aber mit jedem Schritt den ich tat, gewöhnte ich mich wieder an diese neue Form von Schmerz. Und das will ich nicht. Ich lebe nicht, um mich an Schmerz zu gewöhnen. Ja, im Laufe des Lebens lernen wir mit gewissen Schmerzen zu leben und das macht es erträglicher, aber letztlich stelle ich mir eine Frage. Macht uns das stärker?

Diese Frage muss jeder selbst für sich beantworten und eine Entscheidung treffen, wie er mit seinem Päckchen umgeht.

Hier ist meine: Ich erkenne den Schmerz und ich akzeptiere, dass er da ist. Und das ist okay. Und für eine Zeit ist das alles, wofür ich Kraft aufbringen kann. Aber ich nehme nur Anlauf. Ich werde den Schmerz nicht mein ganzes Leben mit mir tragen. Ich werde nicht jedes Mal ein Pflaster auf die nächste Stelle kleben, durch den sich mein Schmerz Luft gemacht hat. Sondern ich gebe dem Problem, der Ursache Raum und Zeit um zu existieren. Ich lade ihn ein, bei mir zu sein und mir die negativen Gefühle und alles ins Gesicht zu schreien. Ich werde weinen und ich werde schreien. Und das wird schmerzhaft und unangenehm, aber ich steche die Blasen auf und sehe was dahinterliegt. Denn manchmal kommt es auch vor, dass wir eine Mauer vor etwas bauen, dass es vielleicht gar nicht verdient. Nicht jedes negative Gefühl ist es wert zu schreien und sich aus der Bahn bringen zu lassen. Manchmal will es uns nur pushen, einen weiteren Schritt zu gehen. Aber manchmal steckt auch mehr dahinter.

Das Gepäck auf unserem Rücken, das ist vielleicht nicht von Anfang an Unsers. Wir wollen nicht akzeptieren, dass das Leben uns diesen Haufen hinwirft. Dass wir diese Erfahrungen machen. Und nicht alles, was uns vorgeworfen wird, gehört zu uns. Aber manches eben schon und wir können das nur herausfinden, wenn wir die Blasen aufstechen, den Rucksack öffnen und schauen, was sie darin befindet. Schmerz muss nicht für immer Schmerz bleiben. Er muss uns nicht auf ewig in unserem Rucksack belasten. Wir können ihm und der damit verbundenen Erfahrung einen anderen Platz in unserem Leben geben.

Jeder von uns hat ein Päckchen. Die einen groß, die anderen klein. Und das ist okay! Es spielt keine Rolle, für welchen Umgang ihr euch entscheidet. Wichtig ist nur, dass ihr euch entscheidet. Denn das Leben können wir nicht kontrollieren, aber wir können entscheiden, wie wir damit umgehen.

Was bisher so geschah…

Es ist schon knapp ein Drittel meines Freiwilligendienstes vergangen, sodass ich euch nicht von Anfang an mitnehmen konnte, aber hier werde ich euch von meiner bisherigen Zeit berichten. Wenn ihr Fragen habt, oder euch Themen interessiert, wie es zum Beispiel hier in der Slowakei damit ist, dann lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen oder schreibt mir eine Nachricht. Dann kann ich sehr gerne mal darüber sprechen.

Vielleicht sollte ich nicht erst bei meiner Ausreise im Oktober 2020 beginnen, denn eigentlich begann alles schon viel früher. Im Dezember 2019 bewarb ich mich bei kulturweit. Lange saß ich an den verschiedenen geforderten Texten, arbeitete an Formulierungen und diskutierte mit meinen Eltern, welches Wort besser passen würde. Ja, ich bin in dieser Sache ein kleines bisschen perfektionistisch. Denn ich meine – Worte sind unsere Kommunikation. So, wie wir uns ausdrücken, so werden wir von anderen wahrgenommen und das bestimmt ja maßgeblich, wie sie mit uns umgehen. Ende Januar 2020 bekam ich dann eine erste Rückmeldung. Ich erinnere mich noch genau an die Situation. Tatsächlich war nicht ich diejenige, die die E-Mail zuerst las. Ich war viel zu aufgeregt und nervös. Und deshalb unglaublich dankbar, dass dieser jemand da war, mich in die Arme nahm und zuerst die E-Mail öffnete. Die eigentlich überhaupt nicht so viel aussagte wie gedacht. Im Grunde genommen wurde mir gesagt, dass ich die erste Bewerbungsphase erfolgreich bestanden hatte und sich nun meine zukünftige Partnerorganisation bei mir melden würde.

Das tat sie dann auch und lud mich zu einem Vorstellungsgespräch Anfang Februar 2020 nach Bonn ein. Die Fahrt mit dem Zug dorthin war die reinste Odyssee. Aber diese ausführlich zu beschreiben würde den Rahmen wohl sprengen – ich sag´s mal so: Ich hatte derbe Glück im Unglück. Erst hab ich den Anschlusszug in Frankfurt verpasst, dann bin ich voller Verzweiflung in den nächstbesten gesetzt, der in die falsche Richtung fuhr und um schließlich 10 Minuten vor Beginn des Interviews angekommen. Das Gespräch war recht entspannt, gemeinsam mit 2 anderen Mädchen (die eine kam sogar aus der Nähe meines kleinen Kuhdorfs – was ein Zufall) saßen wir da und mussten Fragen über uns und unsere Vorstellungen beantworten. Absolut machbar. Und damit war mein Beitrag zur zweiten Bewerbungsphase getan.

Jetzt hieß es warten. Bis zum 06.April. Es verging kaum eine Woche, in der ich nicht an die Bewerbung und mein potenzielles Auslandsjahr dachte. Und dann kam Corona. Lockdown. Grenzen wurden geschlossen. Die Unsicherheit begann. Alles was ich tun konnte, war zu warten, auf den 06.04. Da kam dann die enttäuschende aber zu erwartende E-Mail, dass sie mir keine Aussagen über meinen Stand der Bewerbung mitteilen könnten, sie sich aber in ein paar Wochen erneut melden würden. Und so zog es sich bis Ende Juli. Am schlimmsten war tatsächlich die Ungewissheit, mit der viele, nicht nur ich, zu kämpfen hatte. Würden sie mir eine Einsatzstelle anbieten? Wenn ja, würde ich ausreisen können? Was, wenn ich nur als Nachrückerin angenommen wurde? Sollte ich mich auf einen Studienplatz bewerben? Auf Stipendien? Ich ließ mich also treiben und wartete auf ein Signal, das über mein weiteres Leben entscheiden würde.

Bis zum 21. Juli 2020. Ich war bei einer der letzten Präsenzveranstaltungen für die Landesschülervertretung und sah nur kurz während eines Vortrags auf mein Handy. Eine E-Mail von kulturweit. Mein Herz blieb stehen. Vielleicht kennen manche dieses Gefühl – eine Mischung aus unendlicher Neugier und gleichzeitiger Angst, vor dem was darinstand. Meine Konzentration war dahin. Das bemerkte auch meine wunderbare Freundin und Kollegin und hielt gemeinsam mit mir den Atem an, als ich die E-Mail öffnete. Ich hatte eine Zusage in der Hand. Lange Texte, viele Schritte was als nächstes zu tun wäre, aber eigentlich interessiert mich nur eins: wo geht es für mich ab Oktober hin – in die Slowakei. Slowakei wo? Jetzt im Nachhinein frage ich mich echt, ob ich einen Blackout hatte oder meine Konzentration auch im Geografie Unterricht eine Berg- und Talfahrt war. Denn so ganz genau, wo es liegt, wie weit es weg ist und so weiter wusste ich echt nicht. Allein das war für mich ein Grund, das Angebot anzunehmen. Voller Aufregung erzählte ich später meiner Familie und meinen besten Freunden davor. Und klar, alle freuten sich für mich, aber gleichzeitig hörte ich auch ein bisschen Bedauern in der Stimme, weil ich erstmal für 6 Monate weg wäre.

Ein paar Tage später schickte ich die benötigten Dokumente zurück und damit war es offiziell. Ich würde ab Oktober 2020 nach Nitra in die Slowakei gehen.

Alles hat ein Anfang

Hello und Herzlich Willkommen auf meinem Blog. Hier möchte euch nicht nur Einblicke in meine Arbeit als Freiwillige geben, sondern auch HINTER DIE KULISSEN mitnehmen. Man sagt ja, Jugendliche machen so ein Zwischenjahr, um sich selbst zu finden. Aber ich glaube, dass das ein ständiger Prozess ist und man in verschiedenen Lebensabschnitten, unterschiedliche Erfahrungen macht, aus denen man dann sein Leben lang lernt. Also welche Erfahrungen ich mache, was ich darüber denke und wie ich sie zu einem Teil von mir mache – das werdet ihr hier in den nächsten Monaten lesen können.

Ich hoffe, dass ich euch ein bisschen dazu ermutigen kann, aus eurer eigenen Komfortzone herauszutreten – was leider gerade nicht so möglich ist, wie gewohnt. Aber dennoch haben wir immer die Möglichkeit dazu, wir müssen nur ein bisschen um die Ecke denken 🙂

Wenn ihr Fragen habt, z.B welche Unterschiede es zwischen Deutschland und der Slowakei gibt oder was euch sonst noch so interessiert, dann lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen oder schreibt mir eine Nachricht. Dann kann ich sehr gerne mal darüber sprechen.