Es wurde mir vor meiner Ankunft einiges über Serbien erzählt. Was auch immer an all den Geschichten, die in alle Richtungen des menschlichen Lebens ragen dran ist – die Wohnung in der ich in Belgrad gelandet bin, kommt in keiner dieser Erzählungen vor.
Sie hat mich überrascht in jeglicher Hinsicht. Schließt Eure Augen und stellt euch vor, Ihr bekommt gesagt, dass Ihr in einem Zimmer in einer Wohnung einer Dame in Belgrad Wohnen könnt, für einen niedrigen dreistelligen Betrag. Wie würdet ihr euch das Zimmer oder die Wohnung bildlich vorstellen?
Teddybären? Kunstblumen? Kleine Räume?
Auch wenn meine liebe Vermieterin und Mitbewohnerin Ivana da vielleicht anders drüber denkt – die Wohnung ist geradezu herausgerissen aus den hochwertigen Seiten eines Lifestyle Magazins wie schöner Wohnen, Architektur und Wohnen oder aus dem Cube Magazine. Sie passt geradewegs hinein in die Metropolen dieser Welt, nach New York oder London oder vielleicht auch Paris. Nach 3 Tagen in der Serbischen Hauptstadt kann ich aber feststellen; Diese Wohnung passt perfekt in das moderne Belgrad, das geprägt ist von den Spuren der Vergangenheit aber dabei ist, wie der größte Phönix der Geschichte, mit einem kreativen Knall aus der Asche aufzusteigen.
Ivana ist Regisseurin, sie leitet zur Zeit eine Produktion von Elfriede Jelinek an einem Theater in Neu-Belgrad und ist gleichzeitig Professorin für Regie an der Uni Belgrad. Und sie liebt Bücher. Die Wohnung ist voll von Büchern, eines interessanter als das nächste. „Ich habe schon eine Menge Bücher abgegeben aber es sind immernoch so unglaublich viele“ sagt sie. Die Bücher sind es, die diese unwirkliche Wohnung im Stadtteil Dorćol in eine phantastische Märchenwelt mit knarzendem Parkettboden und leise schnurrenden, warmen Heizkörpern in eine Art Palast verwandelt. An den Wänden hängt alte und Moderne Kunst, die riesigen Zimmer mit 3,5m Deckenhöhe sind durch weiße Flügeltüren getrennt, vor den Fenstern hängen schwere Vorhänge, die die Akustik erstaunlich optimieren.
Betritt man die Diele durch die Eingangstür, erwartet ein großer Flügel, vollgestapelt mit Büchern und Fotos die Besuchenden. Daneben steht ein kleines geblümtes Sofa, mein Sofa, ein Zweisitzer, der sich so anfühlt als hätte mal eine französische Prinzessin darauf gesessen. Insgesamt fühlt man sich in der Wohnung sehr … aristokratisch. Ich habe das Gefühl, wäre ich ein Computerspielcharakter – mein Intellekt wäre um 10 Punkte gestiegen.
Nachdem ich mir einen Wifi-Repeater angeschafft habe, kann ich nun auch in der Küche arbeiten. Der original Router reicht nämlich nicht bis dorthin und schon gar nicht in meine Zimmer, die Wohnung ist ziemlich lang. Ja richtig, meine Zimmer. Ich habe eins zum arbeiten mit Schreibtisch, in dem auch ein Gästebett steht und eins zum Schlafen mit Schrank und Spiegel. Ersteres ist ebenfalls voller Bücher, VHS Kassetten mit Aufzeichnungen von Ivanas Stücken, Schallplatten und Fotos. Die Schallplatten werde ich bei Gelegenheit mal durchgehen.
Vielleicht auch alle Bücher. Wenn ich mal Zeit habe. HAHAHAHAHHA.
Wow, das sieht ja echt toll aus! Was für ein Luxus für eine Freiwillige 😀
Ja, ich hab echt Glück gehabt : ) Dafür hab ich aber auch zwei Gäste Betten und kann dann ständig Besuch bei mir aufnehmen aus den Nachbarländern…