Kaffeelisten, Handarbeit-AGs und Ententanz.

Hallo zusammen,

nun ist die erste Woche rum (an dieser Stelle bitte das obligatorische „die Zeit verging ja echt wie im Flug“ einfügen).
Nach dem Feiertag am Montag hatte ich am Dienstag eine Art „Probelauf“ – Schule aber ohne Schüler, am „Pädagogischen Tag“. Es war eine großartige Gelegenheit das ganze Kollegium kennenzulernen aber auch ein anspruchvolles Programm für den ersten Tag. Organisationstreffen für die Projekttage, Vorbereitung auf den Besuch der Prüfstelle für Auslandsschulen (?),
Differenzierungsdiskussionen und einem außerordentlich unterhaltsamen Lehrer-Impro-Slowmotion-Theaterkurs. Nach den acht Stunden fiel ich zuhause direkt ins Bett und stand nur für ein kurzes Abendessen wieder auf.
Einigermaßen erholt fand ich mich wenige Stunden später in der Ersten Klasse wieder (wie übrigens jeden Tag in den ersten beiden Stunden). Ungefähr 20 supersüße, hoch motivierte und, auch bereits am frühen Morgen sehr aktive, Kinder mit denen wir im Sitzkreis das Wochenende besprachen, das Schreiben übten und frühstückten.
Nach so viel Action brauchte ich erstmal einen Kaffee, da in der Wohnung (noch) keine Kaffeemaschine steht und der Coffeeshop zwischen Apartment und Schule erst um 10 Uhr öffnet. Nur woher nehmen? Nach verzweifelten Suchen klärte eine hilfsbereite Kollegin mich auf und trug mich auch in die Kaffee-Verbrauchsliste ein (wo ich schon jetzt ganz weit vorne liege).
Wer mich kennt, wird wohl nicht überrascht sein dass sich mit dem Zugang zur Kaffeemaschine mein Wohlfühlfaktor an der Schule gleich noch verzehntfacht hat. Als mir zudem noch die allmächtige Schlüsselkarte überreicht wurde fühlte ich mich endgültig als Teil der DSKL akzeptiert. Gemeinsam mit einer Mutter betreuue ich Mittwochsnachmittags die Handarbeits-AG, die sich großer Beliebtheit erfreutund an der sehr lernbereite Kinder teilnehmen, die alles ganz genau wissen wollen. So lobenswert das auch ist, bringt es jemanden ohne jegliche Talentierung für Stricken, Häckeln oder – Gott hilf – Weben doch in eine gewisse Zwickmühle. Einige Kinder belegen die AG im zweiten Jahr und können die Neulinge, also auch mich, über sämtliche Techniken in Kenntniss setzen. Svenja, eine Praktikantin an der DSKL, und ich hoffen auf ein ähnliches Wunder für unsere wöchentliche Tanz-AG, ebenfalls nicht unser Spezialgebiet. Aber im Notfall kann man ja immernoch Macarena tanzen. Oder halt den Ententanz.

Wie bereits angedeutet, sind die restlichen drei Tage wie im Flug vergangen, gefüllt mit vielen neuen Gesichtern, unglaublich netten Leuten und langen Gesprächen mit den Mitbewohnern. **
Es bleibt, nach den leisen Zweifeln der ersten Tagen, das Gefühl dass ich mich hier sehr wohl fühlen werde.
Bis bald!

** Fast vergessen zu berichten: Mittwochabend stand, plötzlich und unverhofft, eine völlig Fremde in der Küche und auf meine Frage, was sie denn da mache, erwiederte sie fröhlich sie würde jetzt hier wohnen. Nun sind wir in unserer halb-WG also um eine australische Köchin und Patisserie Azubine reicher und vorerst komplett.

 

Icke schon wieder.

Juten Tach,

die entscheidene Nachricht gleich vorweg: Ich bin da. Und habe Gedanken, Eindrücke und alles andere während der letzten beiden Tage auch gleich festgehalten, leider konnte ich sie ohne Internet nicht veröffentlichen, daher ist der folgende Text etwas unstrukturiert und witzlos.

30. August 2014, Tag 1.

Ich bin da. Im (19. Stock des Millenium Square, in einem Ein-Schlafzimmer-plus-Bad-und-einer-ausgelagerten-(absolut schrottreifen)-Küche-Apartment.
Und mit zwei wunderbaren Mitbewohnern im Zimmer nebenan, die mich sofort unter ihr Fittiche genommen haben, mich zum Einkaufcenter fuhren um Wifi-Tarife zu prüfen, mich dort empört von den „viel zu teuren“ Angeboten der Mobilfunkständen wegzogen und mich zu guter Letzt sogar noch zum Essen eingeladen haben. Das Gebäude sieht nicht total furchbar aus, im Keller ist eine Garage, im Erdgeschoss eine Art Shoppingmall mit Basar und Foodcourt und mit einem Aufzug geht es zur Ebene 2, wo jeder Besucher von der Security streng gemustert und in ein Buch eingetragen wird. Palmen, Pool, Gym, Badmintonhalle (laut der Mitbewohnerin lieben die Malayen Badminton) und ein toller Blick über Petaling Jaya, meinen Stadtbezirk. Dieser wird mit jedem Stockwerk besser und ist bei uns, im 19. Stock, nahezu atemberaubend. Ein Lichtermeer erstreckt
sich vor meinem Fenster, gemischt mit den Schreien von begeisterten Fußballfans aus dem Restaurant gegenüber. Es ist Mitternacht und dutzende Feuerwerke beginnen. Auch wenn damit vermutlich eher der Nationalfeiertag und weniger meine Ankunft zelebriert werden soll, fühle ich mich dennoch angesprochen und freue mich. Es ist schließlich auch mein Feiertag.

31.08.2014, Tag 2.

Aufgestanden um neun Uhr in der Früh, mit den Mitbewohnern gefrühstückt (Reis und Huhn beim Chinesen um die Ecke!?) und anschließend eine eindrucksvolle Stadtführung absolviert. Das ich erst durch ein Schild bemerkt habe, dass ich genau vor den Petrona Towers stand, ist wohl ein deutliches Zeichen für die Nachwirkungen der langen Reise. Plötzlich machte auch die Menschenmenge und die vielen posierenden Touristen einen Sinn. Denen habe ich mich direkt einmal angeschlossen und Nadia gleich mit aufs Bild geholt.
Das Stadtbild ist heute geprägt von wehenden Flaggen, zumindest wenn sich dann mal ein Luftzug erbarmt und für etwas Abkühlung sorgt. Auf dem Rückweg zu unserem Apartment haben wir nocheinmal versucht das wifi-Problem zu lösen, leider wieder ohne Erfolg. Die Sterne stehen wohl gegen mich. Eine lange email an die Familie, gefühlt hunderte WhatsApp- und Facebook Nachrichten von und an Freunde später,

(unter anderem die glückliche Botschaft, dat meene Berliner kulturweit Kumpelinen ooch beede jut anjekommen sind. Ick wünsch euch een paar wundebare Monate, passta uff euch uff, wa?)

jagte ich dem Mitbewohner versehentlich den Schreck seines Lebens ein, als ich mit knallblauer Gesichtsmaske in der Küche stand.
Nach einigen Verschönerungsarbeiten im Zimmer erkläre ich den Tag somit für beendet.
Anbei sind noch einige Fotos, damit ihr einen Einblick bekommt wo und wie ich hier so lebe.

Sonnenuntergang und der Muezzin ruft zum Gebet.
Sonnenuntergang und der Muezzin ruft zum Gebet.
Ein Stück Heimat mit der eigens abmontierten Lichterkette und Fotos.
Ein Stück Heimat mit der eigens abmontierten Lichterkette und Fotos.

Tower-Foto mit Nadia
Tower-Foto mit Nadia

Alles dauert ewig und doch vergeht die Zeit so schnell.

Der letzte Abend des Vorbereitungsseminares.
Die Zeit verging wahnsinnig schnell und gleichzeitig war es eine Ewigkeit.
192 Gesichter, die vor 10 Tagen noch völlig fremd waren. Die mich zum Teil einschüchterten, denen ich weder Namen noch eine Geschichte zuordnen konnte. Unsere einzige Gemeinsamkeit war die Teilnahme an diesem Seminar, dass so unglaublich lang erschien, von dem ich dachte es würde anstrengend und langweilig werden.
Es war tatsächlich anstrengend. Zehn Tage voller Transkulturalität, Nachhaltigkeit, Dr.Walter Versicherungsinformationen, Diskussionen, Vorträgen, Reden und Projekten.
Und voll ernsthafter Gespräche, be(un)ruhigender Berichte von ehemaligen Freiwilligen, Energizern, lautem Lachen und neuen Perspektiven.
Die Gesichter sind nicht länger unbekannt, den meisten kann ich einen Namen und ein Einsatzland zuorden, einigen sogar Schuhgröße, Lieblingsfarbe und die ein oder andere Anekdote.
Es ist komisch, wie vertraut einem Fremde in kurzer Zeit werden können – man ist in derselben Situation, hat ähnliche Gedanken und Bedenken. Aber man teilt auch die Vorfreude, die Euphorie und die Erwartungen. Morgen heißt es schon wieder Abschied nehmen – im Übrigen auch ein Thema des Seminars – von Trainern und Mitfreiwilligen. Bei einigen ist es ein Abschied auf Zeit – man sieht sich im November beim Zwischenseminar, in einem Jahr beim Nachbereitungsseminar und bei einigen hofft man einfach, dass man den Kontakt auch über kulturweit und den Freiwilligendienst hinaus halten kann.
Es sind viele kleine Abschiede, die uns allen vorallem in den nächsten Tagen bevorstehen. Und der große Abschied, der mir noch immer völlig unreal vorkommt aber der auch wahnsinnig schnell näher rückt.