Ewig und drei Tage sind vergangen seit dem letzten, wirklichen Blogeintrag hier. Es scheint, als würde ich langsam die Disziplin verlieren, so auf der Hälfte meiner Zeit hier.
Ja, tatsächlich, irgendwann in den nächsten Tagen ist die erste Hälfte meines Freiwilligendienstes vorbei. Meine Gefühle dazu sind gemischt – einerseits weiß ich, wie viel ich in den vergangenen Monaten schon gelernt, gesehen und erlebt habe und wie viel mehr da noch auf mich wartet , andererseits fühle ich mich so pudelwohl dass alleine der Gedanke an meine Abreise mich traurig macht. Ja, auch schon sechs Monate zuvor.
Sehr glücklich hat mich hingegen der Besuch von Louisa gemacht – nach acht(!) langen Monaten der Trennung hat sie ihre aktuelle SüdOstAsien-Rundreise-Station in Kambotscha für 4 Tage verlassen und einen Abstecher nach KL gemacht.
Während ich am Morgen noch schnell mit 2 gigantischen Koffern, einem 55l Rucksack, zwei prallgefüllten Handtaschen und 12 (!!) Tüten in meine neue WG umgezogen bin, saß sie schon im Flieger und nur eine knappe Stunde nachdem all das Gepäck dekorativ im Flur aufgestellt wurde, stand sie schon vor der Tür.
Was für eine Freude, obwohl die Situation sich für uns beide absolut unrealistisch angefühlt hat. Das war schnell überwunden – einige Stunden Gequatsche am Pool, ein Abschiedsessen mit Kai unten im Haus. (Leider war die Freude des Tages etwas getrübt von der Tatsache das Kai nun Svenja nach Deutschland folgte und beide endgültig Kuala Lumpur verlassen haben. Ihr halbes Jahr an der Schule ist vorbei und egal dass ich mir die ganze Zeit darüber bewusst war, vermisse ich sie schon jetzt.)
Eine Stunde lang packten wir beide unser Hab und Gut aus und bezogen mein neues Zimmer, Fotos folgen mal bei Gelegenheit. Da auch Gloria&Christoph Besuch aus ihrer östereichischen Heimat hatten, ging es für die ganze Clique am Abend erst zum Höckerchen-Thai und anschließend stürzten wir uns ins Nachtleben der Changkat. Nachdem der Freitagabend für Natascha und mich dort sehr entäuschend war, wurde es eine unglaublich lustige Samstagnacht und ein träger Sonntag.
Am Nachmittag trafen Lulu, Natascha und ich uns zum Brunch in unserer Lieblingsmall, stöberten ein wenig durch Antiquitätenläden und legten einen Abendessenstop in unserem Lieblings-Sushi Restaurant ein. Glücklich und vollgefuttert ließen Lulu und ich den Abend auf dem Dach der neuen Wohnung ausklingen, genossen den Blick auf PJ/KL und sogar die Spitzen der TwinTower um todmüde ins Bett zu fallen.
Am Montag mussten wir früh raus, wir sind zusammen zur Schule gegangen – fast wie früher. Es war witzig meinen Alltag mit ihr zu teilen und dass es ihr gut gefallen hat macht mich natürlich ein wenig stolz. Zur Schule gehört natürlich auch der CobraClub (für nicht eingeweihte, dass ist die Kneipe die direkt an der Schule liegt und wo auf unregelmäßiger Basis inoffizielle Treffen des Kollegiums stattfinden.) und von dort fuhren wir heim. Der Tag versprach noch spannend und vorallem lang zu werden, darum legten wir einen kurze Pause ein und fuhren gegen 21.00 Uhr nach Bangsar, wo wir auf den Rest der Gruppe stießen und meinen absoluten Lieblingstermin des Monats wahrnahmen: Eine Jam-Session, jeden erste Montag im Monat finden sich alle möglichen verschiedenen Künstler zusammen und singen, spielen, jammen zusammen. Obwohl keinerlei musikalisches Talent in mir steckt liebe ich es zuzuhören und freue mich schon Tage vorher drauf. Vor einigen Wochen haben Natascha und ich einige der Musiker kennengelernt und dadurch ist es doppelt so schön zuzuhören.
Bereits seit Sonntag Abend wurde das Hinduistische Fest „Thaipusam“ gefeiert, durch die große indische Bevölkerung in Malaysia und auch in Singapore, wird dieses Fest auch hier riesig groß und über mehrere Tage öffentlich gefeiert. Sonntag beginnt die „Pilgerung“ von Chinatown bis zu den BatuCaves (circa 15km) wo dann bis Dienstag Abend die Festlichkeiten weitergehen. Der Höhepunkt ist in der Nacht von Montag auf Dienstag, der Einzug der Gläubigen in den Tempel in den Höhlen. Über 200, recht ungünstig angelegte Treppenstufen, führt der Weg, vorbei an der riesigen goldenen Murugan Statue zum Ziel von ZEHNTAUSENDEN Pilgerern.
Das Skurrile dabei ist die Art und Weise wie die Hindus diesen Weg zurück legen. Vreinfacht lässt es sich so sagen: je mehr Schmerz jemand fühlt, desto mehr wird seine Sünde vergeben. Daher stechen sich die Gläubigen Metallstäbe durch Wangen/Lippen/Ohren, rasieren ihre Köpfe kahl, tragen Gefäße an Metallhaken in ihrer Haut zu den Tempeln oder haben Seile mit Haken an ihren Körpern befestigt an denen dann jemand zieht. Um diese physische wie psychische Belastung durchzustehen, versetzen sie sich vorher in eine Art Trance – angeblich auf natürlichem Wege, es ist aber recht eindeutig dass dort mehr als nur natürliche Drogen eine Rolle spielen und das Ausmaß davon ist nur eins: beängstigend.
Diese Prozession findet gegen 2.00 Uhr in der früh statt und zieht sich bis in die Morgenstunden. Wir waren so ziemlich die einzigen Touristen dort bzw. zumindest begegnete uns sonst niemand der nicht indische-Wurzeln hatte, obwohl von der Schule viele Kollegen dort gewesen sind und so friedlich der Abend auch ablief, es ist ohne Zweifel ein merkwürdiges Gefühl mitten in der Nacht in dieser Menschenmasse zu stehen und Teil dieser wichtigen, religiösen Zeremonie zu sein.
Wir selbst haben nur wenige Bilder gemacht, ich verweise zum bessern Verständnis auf Google Bilder, hier ist die Vielfalt einfach am größten.
Mein neuer Mitbewohner, Vinzent, hat ein Video des Abends zusammen gestellt, sobald ich ihn um Erlaubnis gebeten habe werde ich den Link dazu posten, es ist ihm gelungen die Stimmung dort ziemlich gut einzufangen.
Denn entgegen meiner Vorstellung ist es nicht leise, nicht bedächtig sondern es ist höllisch laut, Musik tönt aus allen Lautsprecher, Lichter leuchten, am Bahnhof ist eine Art Rummel aufgebaut und die Wanderer sprechen ihre Gebete in Megaphone.
Eine abolut einzigartige Erfahrung, die sich wohl mit nichts vergleichen lässt was ich je zuvor gesehen habe.
Völlig überwältigt fielen wir am frühen Morgen ins Bett, nach knappen 24h Stunden auf den Beinen.
Gegen Mittag krochen wir aus den Federn, kochten uns ein unglaublich leckeres Frühstück und fuhren in die Stadt. Sightseeing muss schließlich sein, wenn auch in abgespeckter Variante: Central Market, Nationalmoschee, PetronaTowers und anschließend noch eine leckere Pizza zum Abschied. Um 4.00 Uhr heute morgen hieß es dann mal wieder Abschied nehmen, etwas woran ich mich schon fast gewöhnt habe da hier nichts und niemand für immer bleibt.
Doch mit Louisa wird es ein Wiedersehen geben, auf absehbare Zeit und ich freue mich schon drauf.
Nun ist es Zeit den verpassten Schlaf der letzten Tage nachzuholen – anbei noch einige Bilder der letzten Tage.





