Überraschungen.

Liebe Menschen, auf Grund von unbeschreiblicher Faulheit lag dieser Text bereits seit zwei Wochen in der metaphorischen Schublade dieses Blogs und findet erst jetzt seinen Weg in die unendlichen Weiten des Internets. Der innere Schweinehund und ich bitten vielmals um Vergebung.


 

„Der Kern der Überraschung ist die Absicherung der Schnelligkeit mit Geheimhaltung.“

– Carl Philipp Gottfried von Clausewitz

An Überraschungen scheiden sich ja häufig die Geister. Entweder man liebt oder man hasst sie. Ich gehöre zu letzteren und lege keinen großen Wert darauf dass Dinge, welche mich betreffen (oder auch nicht), ohne mein Wissen geplant werden, habe dafür aber helle Freude daran eben diese zu planen und durchzuführen.
Und so stand ich pünktlich* zu Gründonnerstag (müde und nur mit Sandalen an den Füßen) im Schneeregen am Flughafen Berlin-Tegel. Und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, denn ich war zum Überraschungsbesuch nach Berlin gereist.
Unter größter Anstrengungen hatten mein Vater und ich diesen Plan ausbaldowert und geheim gehalten. Es ist keine Übertreibung zu sagen dass daraus im Prinzip ein viertägiges Überraschungs-Fest gewesen ist.
Sowohl meine Schwestern, Mutter, Großmutter als auch viele Freunde sahen zunächst aus als hätten sie einen Geist gesehen, wenn ich bei Geburtstagspartys aufkreuzte oder einfach an der Haustür klingelte obwohl doch eigentlich zeitgleich ein Skype-Date angestande hätte. Glücklicherweise scheinen sich recht wenige Überraschungshasser in meinem Umfeld zu befinden, so dass wir meist alle erst in ein lautes Gekreische, dann in ein recht albernes auf-und-ab hüpfen und anschließen in Tränen ausgebrochen sind.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit war Berlin wohl nicht das umweltfreundlichste Ziel, dennoch das erfrischenste das ich mir vorstellen könnte.

Ein entspanntes Osterwochenende in Hessen war genau das richtige um einfach mal abzuschalten. Sogar das Spazierengehen habe ich für mich entdeckt – welch erfreuliche Abwechslung war es mal wieder frische Luft einzuatmen, etwas draußen zu laufen ohne in Schweiß auszubrechen und generell das Leben im Freien zu leben.
Wenn man das so liest glaubt man wohl dass es in Malaysia ja furchtbar sein muss – wenn sie kurz vor Ende ihres Jahres noch mal nach Deutschland kommt?
Alles Quatsch, ich neige ja zeitweise zu Übertreibungen, dies ist jedoch keine: ich freue mich sehr wieder zurück nach KL zu kommen, habe die Stadt, mein Zuhause, das Wetter, die Schule und in erster Linie meine Freunde während der letzten Tage vermisst. Warum dann Deutschland?
Einfach so. Weil es sich richtig angefühlt hat, weil es schön ist anderen eine solche Freude zu machen, weil es noch viele Dinge zu erledigen gab und ich im Sommer und auch danach voraussichtlich auch nicht mehr viel Zeit dort verbringen werde. Während ich diese Zeilen tippe sitze ich also im Flieger, auf dem Weg zurück und habe dieses besondere Kribbeln im Bauch, das nur Aufregung und Vorfreude auslösen. Es ist so schön-schlimm, dass ich mich weder auf das Boardprogramm noch auf Kanye West konzentrieren kann, obwohl er mir doch so schön über die Kopfhörer seine Lebensweisheiten ins Ohr brüllt. Da hilft es wohl nur noch sich die dicken Socken anzuziehen, sich in Decke und Pulli zu verkriechen, die Augen zu schließen und erst in KL wieder zu öffnen.

Überfällig.

Meine Damen und Herren, es folgen nun die neusten Nachrichten.
Während einer zweiwöchigen Schreibblockade meinerseits, überstürzten sich die Ereignisse im beschaulichen Malaysia nahezu. Ganz nach dem Motto „der frühe Vogel fängt den Wurm“ begannen engagierte ElterInnen, LehrerInnen und die Assistentinnen (hier ist tatsächlich nur die weibliche Form nötig, da der einzige männliche Assistent sich gedrückt hat) der deutschen Schule bereits am letzen Septemberwochenende mit den Bastelarbeiten für den Charity-Weihnachtsmarkt der Deutschen Community. Bei brütender Hitze wurden Plastiktannenzweige geschnitten und Adventskränze geflochten. Auf das Abspielen von Weihnachtsmusik wurde aus naheliegenden Gründen bisher verzichtet. Mein dröhnender Schädel, eine Folge eines lustigen Abends im Nachtleben von KL, war mehr als dankbar dafür.
Zusätzlich zu den normalen Ereignissen des Alltags, wurden für die Grundschüler der DSKL Projekttage abgehalten – inhaltlich wurde die Transkultualität vermittelt, angepriesen wurden sie  unter dem knackigen Titel: „Our earth is home for all“.
Mit großer Begeisterung malten die fünf bis zehnjährigen mit Fingerfarben, bastelten Weltkugeln, sangen das „Lied vom Frieden“ und exkusierten am Donnerstag, den 2.10, ins Batikmuseum Kuala Lumpur. Nicht nur 70 strahlende Kinder schwangen hochkonzentriert die Pinsel, auch Mitglieder des Kollegiums batikten Eulen, Katzen und Fische als Dekoration für ihre jeweiligen Klassen. Nicht ganz ohne Stolz sei hier mein eigener künstlerischer Durchbruch erwähnt, ein Fotobeweis ist am Schluss dieses Posts zu sehen!
Ein durchaus erquickender Tag, der angesichts der geballten Grundschüler-Energie jedoch mit einem frühen Zubettgehen und tiefem Schlaf endete.
Am 3. Oktober, Deutschlands höchstem Feiertag, wurde die Vereinigung von Ost- und West nicht nur mit den Schülern der Klassen fünf bis zwölf sowohl in Projektgruppen, als auch auf dem Pausenhof thematisiert, sondern am späteren Abend auch in einer gewissen Wohngemeinschaft am Stadtrand.
Da am darauffolgenden Sonntag mal wieder ein Feiertag gefeiert wurde, kamen auch SchülerInnen und LehrerInnen der Deutschen Schule in den Genuss eines langen Wochenendes. Es zog vier (aber irgendwie auch sechs) wanderwütige Seelen in die nahe, weite Ferne. Nahe der Stadt Ipoh, welche aufmerksamen Lesern bereits ein Begriff sein dürfte, liegen die Cameron Highlands, welche mit zu den kühlsten Orte Malaysias zählen. Und die Temperaturen fielen merklich mit jedem Höhenmeter. Die Schönheit des Regenwaldes, gepaart mit der Begeisterung über kleine Obst-/Baskstände am Straßenrand der Serpentinen löste bei der Besatzung des, nicht klimatisierten, Jeeps Begeisterung aus und boten den Auftakt für ein erholsames und schönes Wochenende. Die Teeplantagen, Erdbeerfelder (!), Waldwege und auch ein überaus gemütlich eingerichteter Starbucks boten ein abwechslungsreiches, jedoch nicht überforderndes Program. Zudem trafen wir noch unsere Kollegin Sophie mit ihrem Freund. Durch ungewöhnlich starke Regenfälle und nahezu arktischen Temperaturen von nur 18 bis 24 Grad war die Couch eines gemütlichen Hostels für die Abende der Place-to-be der Gegend und der örtliche Kamillentee das It-Getränk schlechthin.
Auf jedes Wochenende folgt bekanntlich eine Arbeitswoche, welche nicht weiter auffällig verlief. Am Donnerstag um 15.15 Uhr öffneten sich die Türen der Aula für die allererste Aufführung der Tanz-AG – ein kurzer Tanz auf „Hier kommt die Maus“ von Stefan Raab. Nicht nur die tanzenden SchülerInnen waren stolz wie Oskar, auch ich war gerührt vom Anblick „meiner Kleinen“ dort oben, wie sie strahlten und sich bemühten jede Bewegung im Takt auszuführen. Erstaunlich, wie sehr die Schüler einem in kurzer Zeit ans Herz wachsen können, ich möchte mir gar nicht ausmalen wie dies am Ende des Schuljahres sein wird.
Auch das zweite Wochenende war stressig, jedoch auf die bestmögliche Art: den Freitag ließ ich gemeinsam mit einigen Kollegen gemütlich beim Essen in Bangsar ausklingen, am Samstag zerrte Nadia mich in „Annabelle“, wir shoppten (endlich mal wieder) auf den CentralMarket und in ChinaTown und am Abend lud Sophie (Lehrerin) zum BurgerEssen ein. Ein Abend voller Gelächter, der in den frühen Morgenstunden im „The Roof“ endete – ein recht eleganter Club, dessen aufgetakelten Besuchern man mit einer Portion Humor begegnen sollte. Jedes Coctailkleid in Ehren, aber in meinen Augen sind einige Kleider dann doch etwas too much.
Am Sonntag regnete es gefühlt den gesamten Tag durch und ich entschied mich gegen jede Aktivität, für einen kleinen Stapel DVDs und meinen Reiseführer. Denn am Freitag beginnen bereits die Herbstferien und am Samstag mache ich mich auf nach Hanoi, wo ich Louisa, Maja und Sylvia einen Besuch abstatten werde. Ich freue mich schon sehr darauf und kann es kaum abwarten endlich in den Flieger zusteigen!
Trotz ohnehin bereits chronischem Schlafmangel – 7 Stunden Schlaf sind hier nicht das gleiche und fühlen sich an wie 5 1/2 – liege ich nun im Bett und tippe diese Zeilen. Absenden werde ich sie morgen, da ich nach wie vor kein WLAN in der Wohnung habe. Es darf aber damit gerechnet werden, dass dies in den nächsten 6 Wochen noch eingerichtet wird. Derweil übe ich mich in Verzicht – es heißt ja nicht umsonst „In der Ruhe liegt die Kraft.“

 

 

 

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Alles dauert ewig und doch vergeht die Zeit so schnell.

Der letzte Abend des Vorbereitungsseminares.
Die Zeit verging wahnsinnig schnell und gleichzeitig war es eine Ewigkeit.
192 Gesichter, die vor 10 Tagen noch völlig fremd waren. Die mich zum Teil einschüchterten, denen ich weder Namen noch eine Geschichte zuordnen konnte. Unsere einzige Gemeinsamkeit war die Teilnahme an diesem Seminar, dass so unglaublich lang erschien, von dem ich dachte es würde anstrengend und langweilig werden.
Es war tatsächlich anstrengend. Zehn Tage voller Transkulturalität, Nachhaltigkeit, Dr.Walter Versicherungsinformationen, Diskussionen, Vorträgen, Reden und Projekten.
Und voll ernsthafter Gespräche, be(un)ruhigender Berichte von ehemaligen Freiwilligen, Energizern, lautem Lachen und neuen Perspektiven.
Die Gesichter sind nicht länger unbekannt, den meisten kann ich einen Namen und ein Einsatzland zuorden, einigen sogar Schuhgröße, Lieblingsfarbe und die ein oder andere Anekdote.
Es ist komisch, wie vertraut einem Fremde in kurzer Zeit werden können – man ist in derselben Situation, hat ähnliche Gedanken und Bedenken. Aber man teilt auch die Vorfreude, die Euphorie und die Erwartungen. Morgen heißt es schon wieder Abschied nehmen – im Übrigen auch ein Thema des Seminars – von Trainern und Mitfreiwilligen. Bei einigen ist es ein Abschied auf Zeit – man sieht sich im November beim Zwischenseminar, in einem Jahr beim Nachbereitungsseminar und bei einigen hofft man einfach, dass man den Kontakt auch über kulturweit und den Freiwilligendienst hinaus halten kann.
Es sind viele kleine Abschiede, die uns allen vorallem in den nächsten Tagen bevorstehen. Und der große Abschied, der mir noch immer völlig unreal vorkommt aber der auch wahnsinnig schnell näher rückt.

Hallo Welt!

Zugeben, ich hatte eigentlich nicht mehr mit einer Zusage gerechnet. Es war bereits Mitte Juni, Plätze wurden nur noch im Nachrückverfahren vergeben und in gewohnt pessimistischer Manier hatte ich mich bereits damit abgefunden doch schon in diesem Jahr ein Studium zu beginnen.
Und dann klingelte das Telefon. Ich holte grade meine Großmutter vom ZOB Berlin ab, wir lagen uns in den Armen, ihre vollgepackte Reisetasche hing über meiner Schulter, Handtasche und Autoschlüssel blockierten die andere Hand. Also verfluchte ich bereits lautstark den Anrufer, wollte eigentlich gar nicht rangehen und tat es nur weil ich auf einen Rückruf bezüglich der Blumen für unseren Abiball wartete. Zwanzig Sekunden später war das Meckern in ein lautes Jubeln umgeschlagen und die völlig überwältigte Oma fing vor Freude an zu weinen.

Ein Jahr Freiwilligendienst in Malaysia.
Ausreise zum 1.September 2014, ab dem 18.08 das Vorbereitungsseminar in Berlin. Da ich zwischendurch noch einen Monat Urlaub in den USA geplant hatte, musste alles auf einmal erledigt werden:
Visum, Wohnung, Gesundheitszeugnis, Impfungen, Kontakt mit der Einsatzstelle und leider auch schon die ersten Verabschiedungen von Freunden, die in den paar Tagen zwischen Rückkehr nach Berlin, Vorbereitungsseminar und Abflug nach Kuala Lumpur selbst verreist sind.
Also gab es am Morgen meines Abflugs bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das große „Auf-Wiedersehen“ Ende August: ein Plakat, ein paar Tränen und viele „wir skypen sooft es geht“ Versprechungen später graut es mir schon vor dem eigentlichem Abschied. Das ist nun wirklich nicht meine Stärke.
19 Tage sind es noch und langsam, aber sicher kommt eine leichte Nervosität auf. Bisher hat es sich noch nicht real angefühlt, es war eher eine nette Vorstellung, nichts worüber man sich Sorgen machen müsste. Muss man sich nach wie vor nicht, habe es doch noch nie lange am selben Ort ausgehalten und dieses Jahr wird mit Sicherheit eine ganz besondere Erfahrung, über die ich hier berichten werde.