„Day of the books“

17.06.2013

Heute habe ich erst einmal versucht auszuschlafen, doch das war irgendwie nicht möglich. Es war viel zu heiß. Eigentlich habe ich kein Auge zugetan. Man kann vielleicht von einer tropischen Nacht sprechen, aber das sind hier eigentlich die meisten Nächte. Heute fiel das Thermometer aber nicht unter 30 Grad und ich war völlig fertig.

Die Nacht war echt der Horror.

Deshalb habe ich mir heute als erstes einen Kaffee bei Starbucks gegönnt, mit dem ich mich dann vor das Hochhaus, in dem Elenas Büro ist, gesetzt habe und auf sie gewartet habe.

Allerdings war mein Frappucino schon 200 Meter nach Verlassen der Starbucks Filiale zu einer Frappu-Matsch geworden. Es ist so heiß, dass das in Sekundenschnelle geschmolzen ist.

Kurz vor ein Uhr kam Elena dann auch und wir beide sind zusammen ins Jialeyuan gegangen. Und wie jedes Mal, wenn ich dort essen gehe, dreht die halbe Belegschaft durch. Mittlerweile erkennen sie mich auch wieder und sehen mich nicht nur als einen Ausländer, sondern als DIE AUSLÄNDERIN, die immer mit der Chinesin dort essen geht. Und jeder will der oder diejenige sein, der/die mir das Essen auf den Teller legt… 😀

Heute hielt sich das aber ein bisschen in Grenzen, da ungefähr 50 Leute vor uns anstanden und ca. 200 im Restaurant saßen, sodass sie alle ziemlich beschäftigt waren.

Aus diesem Grund haben ich und Elena unser Essen zum Mitnehmen (auf chin. „dabao“) zusammengestellt und sind dann damit in ihr klimatisiertes und ruhiges Büro gegangen, wo wir gemütlich essen konnten.

Mein Essen bestand heute aus Gongbaojiding, welches zu meinen Favoriten zählt und mittlerweile auch als Ausländeressen deklariert ist. Es sind nämlich Hühnerfleisch-Würfel mit Chili und Erdnüssen und meistens Gemüse. Normalerweise mit Lauchzwiebeln, aber ich habe es auch schon mit Gurke gesehen oder wie im Jialeyuan mit Kartoffeln. Verdammt lecker! Dieses Gericht möchte ich zuhause mal versuchen nachzukochen! (Die Betonung liegt dabei auf VERSUCH ;))

Dazu habe ich Kartoffeln mit Paprika und Tomaten, die im Wok angebraten worden waren, und Mungbohnenkeime (als eine Art Salat) gegessen.

Und nach dem Essen gings los. Ich und Elena sind zum Park am Zhujiang (Perlfluss) gelaufen, wo auch das Guangdong Provinzmuseum liegt, welches als großer schwarzer Würfel mit mystisch rot glühenden Einbuchtungen gegenüber von der Oper zu finden ist.

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Leider stellte sich raus, als wir beide das Tor erreichten: Montags geschlossen.

Elena ist mir gleich darauf fast vor die Füße gefallen, um sich zu entschuldigen, aber ich habe gesagt, dass das doch kein Problem ist. Aber sie war trotzdem irgendwie fertig und richtig sauer auf sich selbst. Das ist jetzt das zweite Mal, wo mir so etwas aufgefallen ist. Ich habe von einer Schülerin mal einen Brief bekommen, der eigentlich ganz süß war. Doch gegen Ende hat sie sich fast selbst beleidigt und beschimpft, weil sie es in ihrem Leben versäumt hat Deutsch zu lernen und „nur“ auf Englisch mit mir reden kann. Und ihr Englisch war perfekt.

Ich war immer noch dabei Elena wieder aufzumuntern, als ich ihr vorschlug, dass wir stattdessen in die Bibliothek gehen (das Gebäude nebenan :)).

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Dieses Gebäude fasziniert mich nämlich schon seit längerem wegen seiner unglaublichen Architektur. Die Guangzhou Library besteht nämlich aus zwei Teilen (Flügeln), die auseinander zu driften scheinen und nur mit dem komplett gläsernen Mittelteil gehalten werden, welches die Eingangshalle bildet. Diese Halle sieht fast so aus wie ein meterhoher Wintergarten und hat etwas sehr ästhetisches und futuristisches an sich.

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Wir sind zu zweit durch die Gänge und Stockwerke geschlendert und haben uns zusammen Bücher über Rezepte, chinesische Geschichte oder Sprachen angeschaut. Sie hat sich sogar ein Buch ausgeliehen, welches sich mit chinesischen Sprichwörtern beschäftigt und das noch eine englische und japanische Übersetzung hat.

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Unser nächstes Ziel war die Buchhandlung in Tiyu Xilu. Und vielleicht war das ein Fehler 😉

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mich beim Bücherkauf schlecht zurückhalten kann. Jetzt sind in meinem Einkaufskorb ein Buch über chinesische Geschichte, eins über Konfuzius, eins über Laotse und dann noch ein Buch zum Erlernen der Kantonesischen Sprache. Ach, Sandra!

Zu meiner Überraschung hat Elena aber mir gesagt, dass wir heute  Abend zum Essen eingeladen werden. Als ich raten sollte von wem, lag ich natürlich falsch. Kein Kollege, kein Schüler, sondern… ihr Freund!

Der ominöse Freund, der immer in Shanghai ist und so viel arbeitet, dass sie sich kaum öfter sehen als einmal im Monat, wenn er mal für zwei Tage zurück nach Guangzhou fliegt. Ich hatte schon so viel von ihrem Freund gehört und ihn auch schon auf Bildern gesehen, aber noch nie im „Real Life“.

Also sind wir zurück nach Zhujiang Newtown gefahren und sind dort in ein sehr teures, aber kleines Sushi-Restaurant gegangen, wo man aber ungefähr 90 Minuten muss, um einen Sitzplatz zu bekommen.

Doch sobald wir unseren Sitzplatz hatten, kam dann auch Elenas Freund uDSC00937nd setzte sich zu uns. Wir bestellten Tamago (Sushi mit Ei), einen warmen Krautsalt und verschiedene Rohfischsorten auf Eis.

 

Ich hatte jetzt schon ungefähr dreimal in meinem Leben richtiges Sushi gegessen, aber das war mit Abstand das edelste. Rohen Fisch hatte ich bisher noch nicht wirklich (bewusst) probiert.

Diese Fischplatte war aber ohne Reis und Noriblätter, sondern nur mit Eiswürfeln angerichtet.

Zuerst war ich ziemlich skeptisch und zurückhaltend, aber schon nach dem ersten Stück war ich begeistert. Das war der leckerste Fisch, den ich je in meinem Leben gegessen hatte. Auf der Platte gab es auch unterschiedliche Sorten, deswegen weiß ich gar nicht, was ich gegessen habe, aber egal. ALLES war lecker. Unglaublich lecker.

Ich denke, dass man spätestens hier merkt, dass die Qualität des Restaurants sehr gut ist und auch der Preis gerechtfertigt ist.

Zum Essen gab es japanisches Bier, welches zur Abwechslung mal die 4%-Marke überstieg. Auch wenn es nicht so stark war, traf es mich eiskalt. Erstens habe ich heute kaum geschlafen, dann sind wir den ganzen Tag gelaufen, ich hatte schon ewig nichts mehr gegessen und es war heute viel zu heiß. Klar steigt einem das Bier schneller zu Kopf.

Es war auch noch im Rahmen und nachdem ich die Flasche fast alleine getrunken habe auch irgendwo absehbar, aber ich merkte schon, dass es mich ziemlich mitnimmt.

Das Essen war trotzdem klasse und ich und Elenas Freund haben uns lange unterhalten, über Politik und Wirtschaft und so weiter. Sein Englisch ist nämlich ausgezeichnet. Wir haben aber trotzdem versucht so viel wie möglich auf Chinesisch zu reden, da Elena ja gerade noch frisch Englisch lernt 🙂

Die beiden haben mich dann noch zur Ubahnstation gebracht, wo ich mich von ihnen verabschiedet habe. Sie wollten nämlich noch einen romantischen Spaziergang zum Perlfluss machen. Schließlich sehen die beiden sich auch nicht so oft.

Ich bin dann nach Hause gefahren und habe mich nur noch auf mein Bett gefreut. Schließlich war es ein unglaublich langer Tag.

Und dank dem Bier konnte ich sofort einschlafen.

Doch das Glück währte nicht lange. Denn schon am nächsten Morgen sollten meine Nachbarn mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung machen.

 

 

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