Der Mai ist da ;)

01.05.2013

 

Ich schäme mich ja ehrlich gesagt ein bisschen, dass ich den Übergang in den Mai verschlafen habe, aber die Kinder haben mich gestern wirklich gestern so geschlaucht, dass ich nur noch ins Bett fallen konnte. Irgendwann heute Morgen um 13 Uhr habe ich mich aus den Laken geschält und den Wechsel in die aufrechte Position geschafft. Und so habe ich nochmal zwei Stunden verharrt, weil ich meinen Laptop unweit von mir gefunden habe 😉

Zwei Folgen Grey’s Anatomy zum „Frühstück“, wenn man es auf den Punkt bringen möchte.

Da ich heute aber schon lange genug in der Wohnung war, wollte ich heute definitiv noch in die Stadt gehen und kreativ werden. Nach dem Duschen und Fertigmachen habe ich mich dann auf den Weg nach Zhujiang Newtown gemacht, wofür ich aber ewig lange gebraucht habe. Ich hatte nämlich irgendwie in dem Glauben gelebt, dass ich die einzige bin, die heute frei hat.

Ätsch, falsch. Heute am 1. Mai hat auch China Feiertag und somit ebenfalls eine sehr große Anzahl an Menschen, die in Guangzhou leben. Mir kam es auf jeden Fall so vor als würden sich 5 Millionen Menschen mehr als sonst in der U-Bahn befinden.

So habe ich für eine 25-minütige Fahrt inklusive Umsteigen heute doppelt so lange gebraucht. Überall waren Menschen mit Einkaufstauschen, Eltern mit ihren Kindern, Jugendliche, Ausländer, … und ich mittendrin.

Ich denke, dass jetzt die Zeit gekommen ist, um euch die Kellerschen U-Bahntheorien näher zu bringen. Folgende Daten basieren auf empirisch gesammelten Daten, verlorenen Nerven und Ironie.

Bei einem so hohen Aufkommen an Menschen sieht man auch die besonders beliebten Drängler. Es gibt aber eine Vielzahl an Typen, die in der U-Bahn fahren und die möchte ich euch hier vorstellen:

In der U-Bahn sind vor den Türen Pfeile, die einem anzeigen sollen, wo man sich anstellt und wo man die Leute aussteigen lässt. Ein Großteil der Chinesen bzw. 80% aller U-Bahnfahrer sind „pfeilblind“. Die stellen sich nämlich an, wie es ihnen passt.

Neu kennengelernt habe ich auch das „Nebenanstellen“. Nach zahlreichen Beobachtungen bin ich zu diesem Schluss gekommen:

Wenn in der Schlange schon 30 Leute stehen, dann darf ich mich auch „ganz selbstverständlich“ neben dem zweiten Mann in der Schlange anstellen. Ist natürlich völliger Quatsch, aber es gibt echt Menschen, die dieses von mir oben genannte und beobachtete Prinzip perfektioniert haben.

Wichtig zu wissen ist, dass immer wenn man denkt, dass die U-Bahn voll ist, dann passen noch locker 300 Leute rein. Das führt unter Umständen dazu, dass man in eine Masse integriert wird. Das kann man auch als „Sardinenbüchse“ beschreiben. In diesem Zustand gibt man jegliche Selbstbestimmung auf, weil man ersten gar nicht mehr selbstständig einsteigt, sondern „eingestiegen wird“. Die Masse schiebt einen hinein und die Kunst liegt darin, so wenige Körperteile/Menschen wie möglich in den Türen einzuquetschen. Man verliert meistens auch den Kontakt zum Boden, aber das spielt keine Rolle, da man gar nicht umfallen kann.

Kritisch wird’s, wenn man aus der U-Bahn dann nicht mehr herauskommt. Dieses Phänomen nenne ich auch gerne „Wrestling“, weil das der einzige Weg ist, sich zu behaupten.

Diese Taktik durfte ich auch heute einsetzen, weil als ich in Zhujiang Newtown angekommen bin, sind die Leute einfach eingestiegen OHNE die anderen vorher aussteigen zu lassen. In solchen Situation kommt man sich vor, wie in einer chinesischen Kriegs-Soap, wo es nur noch ums Überleben geht. Man muss seine gesamte Körpermasse gegen die Meute einsetzen, um „gegen den Strom zu schwimmen“. Das Ganze läuft auch noch auf Zeit, da die Türen automatisch gesteuert werden und sich nach kurzer Zeit wieder schließen. Egal, ob die Hälfte noch in der Übergangsphase ist oder nicht.

Das war übrigens auch das erste Mal, dass ich in China eine große Fluchtirade auf Deutsch losgelassen habe. So etwas Bescheuertes habe ich selten erlebt. Auch wenn ansonsten in ganz China die Menschen die alten Menschen respektiert werden, in so einer Situation ist auch das vergessen und man stürzt wie doof auf diese Türen. Wenig vor mir war ein Kind eingeklemmt und nur weil ich den Typen neben mir zurückgehalten habe, konnte die verzweifelte Mutter ihr 6-jähriges Kind rausholen.

Genau so stelle ich mir eine Massenpanik vor. Der einzige Unterschied ist, dass bei einer Massenpanik ALLE das machen, während hier ja zum Glück noch die Hälfte der Menschen unbekümmert ist und nur belustigt glotzen.

Nachdem ich mich selbst rausgekämpft hatte, habe ich noch ein paar Flüche nach hinten geworfen und habe mich erst einmal wieder richtig anziehen müssen. Und natürlich muss man nachschauen, ob in dem Gedränge was geklaut wurde.

Zum Glück ist nichts passiert, auch wenn ich aussah, als wäre ich in einen Sturm gekommen. Völlig zerzaust.

Meine Güte.

Wieder oberhalb der Erde habe ich mir erst einmal ein Sandwich bei Subway gekauft und habe mich dann in Costas Coffee gesetzt. Heute hatte ich sogar meine Bonuskarte voll, so dass es einen gratis Kaffee gab 😉

Mit Gratiskaffee, Subway-Sandwich und „Das Bildnis des Dorian Gray“ lässt sichs gut gehen. Und man kann den U-Bahnstress vergessen!

Gegen Abend bin ich wieder heimgefahren und habe mit meinem Freund geskyped, bevor ich mich mit Andy treffen wollte. Wir und Maurice und Linda wollten zusammen etwas trinken gehen und eine Bar aufsuchen. Leider habe ich mich so verspätet, dass ich ein Taxi nehmen musste, wobei ich im strömenden Regen draußen versucht habe eins anzuhalten. Drei sind vorbeigefahren, aber der vierte war zum Glück so nett und hat mich mitgenommen. Wir haben uns dann auch ein wenig unterhalten. Der Taxifahrer kommt  aus der Provinz Henan, aber eigentlich hat er eher mich ausgefragt. Zum Schluss hat er mir noch einen Kuai erlassen und ich bin mit 19 RMB mit nur leichter Verspätung angekommen.

Maurice und Linda hatten auch noch Xenia und zwei Jordanier dabei, die aber eher weniger mit und zu tun haben wollten. Im Costas Coffee haben wir kurz Pause gemacht, bevor dann ich, Andy und Maurice alleine in die Bar gegangen sind.

Dort haben wir dann noch eine Weile geredet und noch ein paar Snacks gegessen, bevor wir dann auch nach Hause gegangen sind. Andy ist zurück ins Hotel und ich und Maurice sind zu meiner Wohnung gefahren. Maurice wollte nämlich bei mir übernachten und hat war auch wirklich so kaputt, dass er sofort eingeschlafen ist. Er war in den letzten drei Tagen in einem Nationalpark im Norden von Guangdong.

Leider hat er die ganze Nacht geschnarcht…

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