Schulausflug

30.04.2013

Heute, an meinem zweiten freien Tag, habe ich mich dazu bereiterklärt, dass ich als Aufsichtsperson auf einen Ausflug mitgehe. Die Schule ist die Englischschule, in der ich in den Winterferien für zwei Wochen ausgeholfen habe. Jetzt haben sie sich an mich erinnert, weil ihnen die Lehrkräfte ausgegangen sind. Die dort angestellten Lehrer sind zum Teil Chinesen und zum Teil ausländische Lehrkräfte. Alle Ausländer hatten aber keine Zeit, weil sie wegen Visum oder Uni anderweitig verhindert waren. Und obwohl nun alle chinesischen Lehrerinnen dabei waren, waren sie einfach nicht genug für die Menge der Schüler. Deswegen haben sie mich gefragt, ob ich einspringen könnte. Ich habe zugesagt, da ich ja schließlich heute noch nichts anderes geplant hatte und ich habe mich auch gefreut, dass man sich an mich erinnert hat.

Die Abfahrt war heute um 8:30 und wir hatten einen großen Reisebus, den wir auch randvoll bekommen haben. Ich schätze, dass wir insgesamt 70 Leute waren. Unser Ziel des Ausflugs war Zhongshan, eine Stadt im Süden Guangzhous, die direkt zwischen Guangzhou und Macau liegt. Dafür mussten wir auch über 2 ½ Stunden fahren!

Damit es den Schülern aber nicht langweilig wird, hat jeder Lehrer die Aufgabe ein Spiel zu spielen und die Kinder so 10 Minuten jeweils zu beschäftigen. Ich war an dritter Stelle eingeteilt, bevor ich aufstehen durfte, mir ein Lautsprecher und ein Headset umgehängt wurden und ich mich der Meute stellen durfte.

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Ich habe mir als Spiel ausgedacht, dass ich Schüler beschreibe und dann geraten wird, wen ich beschreibe. Derjenige, der es als erstes wusste, wen ich beschreibe, der hat ein kleines Päckchen mit Chips bekommen.

Leider habe ich mir das einfacher vorgestellt, weil für den Ausflug nämlich alle Schüler das gleiche T-Shirt bekommen haben.

„Ich sehe einen Schüler, der hat braune Haare, braune Augen, ein rot-weiß-oranges gestreiftes T-Shirt…“

Tony, der Sohn der Chefin

Tony, der Sohn der Chefin

Na super, die Beschreibung trifft auf alle zu! 😉 Aber zum Glück gab es ein paar Schüler, die einen Hut oder zwei Zöpfe hatten, damit man sie auseinanderhalten konnte. Ansonsten habe ich einfach die anderen Begleitpersonen beschrieben. Der Mann der Chefin, Stanley, war zum Beispiel der Fotograf und hatte deshalb eine markante Kamera um den Hals.

Ansonsten war die Fahrt ziemlich anstrengend, da Kinder sehr viel Lärm machen können und nach zwei Stunden hatte ich einfach nur noch Kopfschmerzen…

Aber als wir im Vergnügungspark angekommen sind, sind wir mit kleinen Gruppen mit je zwei Lehrern losgezogen und haben uns den Park angeschaut. Der Park ist komplett für Kinder ausgelegt, deswegen war jetzt für mich primär nichts Interessantes dabei, aber ich habe ja die Aufgabe gehabt, die Schüler zu beaufsichtigen. Zusammen mit meiner Gruppe sind wir ins Technik- und danach ins Dinosauriermuseum gegangen.

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Und dann sind wir ein bisschen rumgelaufen und die Kinder haben die Fahrgeschäfte ausprobiert.

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Um 12:30 Uhr haben wir uns dann am Barbecue-Stand getroffen, wo wir alles zusammen in kleinen Grüppchen gegrillt haben. BBQ sieht hier so aus, dass jeder der Steintische in der Mitte eine eingelassene Kuhle hat, die mit Kohle und mit Brandbeschleuniger getränkten Stofffetzen zum Grill umfunktioniert wird, sobald man ein Stück Hasendraht darüber legt.

Wir haben dann Ziegenfleischspieße und Hühnerfüße/Flügel gegrillt, allerdings wurden die nicht richtig durch. Die Spieße haben höchstens Feuer gefangen. Aber ich musste von dem Fleisch eh nichts essen. In meiner Gruppe habe ich geholfen, die Ziegenspieße zu machen und habe sie gut und knusprig durchgegart (so wie ich es gemacht hätte, wenn ich das Stück hätte essen wollen). Leider kam dann der Busfahrer und hat gesagt, dass man diese Spieße nicht essen kann und hat sie sofort weggeschmissen…

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Na gut, von da an habe ich die Finger von fremden Essen gelassen. Ich habe mich dann um meine zwei Maiskolben gekümmert und um meine zwei Süßkartoffeln, die ich in den Kohlen versenkt habe. Und weil beides ungefähr 40 Minuten brauchte, habe ich die Zeit damit verbracht Honigbrote zu essen. Der Honig war nämlich deren Barbecue-Sauce, die sie auf ihre Hühnerfüße und Spieße gestrichen haben. Dazu gabs noch Öl, Sojasauce und ein Curry-Pulver. Maiskolben mit Honig schmeckt übrigens sehr gut 😉

Um 14 Uhr brach dann aber ein kleiner Sturm los und es regnete in Strömen. Innerhalb kürzester Zeit schaffte das Wasser es nicht mehr zu versickern und es floss nun oberirdisch ab. Hinter uns schossen dann die Wassermassen in kleinen Sturzbächen von den Treppen und begannen alles zu überfluten. Auch meine Schuhe standen schnell in 3cm tiefem Wasser. Während das für mich ein ziemlich krasses Bild war, wie von allen Seiten das Wasser zu strömen beginnt, haben die Chinesen ihre Taschen und Füße auf die Bänke geholt und völlig lässig weitergegrillt. Das muss man erst einmal können. Ich habe es ihnen dann nachgemacht und konnte unter mir zusehen, wie die ganzen ausgespuckten Hühnerknochen langsam bergab gespült wurden…

Ein wahnsinniges Bild! Nicht gefährlich oder so, dafür war es dann doch noch zu wenig Wasser, aber definitiv eine neue Erfahrung für mich.

Am Nachmittag regnete es dann immer noch ein bisschen, aber mit dem Schirm war es auszuhalten. Ich war auch nun nicht mehr in einer Gruppe eingeteilt und konnte nun auf eigene Faust den Park erkunden. Da ich auf dem Plan die chinesischen Zeichen für Zoo gelesen habe, habe ich mich direkt mal auf den Weg dorthin gemacht. Ganz nebenbei war ich auch zu einer Hauptattraktion des Vergnügungsparks geworden, da ich wohl die erste Ausländerin war, die dort je gesichtet wurde… So kam es mir zumindest vor. Es ist schon komisch, wenn alle Menschen ihre Tätigkeiten einstellen und einfach nur noch unverhohlen glotzen. Man fühlt sich fast wie in einem verrückten Werbespot…

Nach einer Weile habe ich den Zoo dann auch gefunden und habe feststellen müssen, dass dieser in meinem Ticket nicht enthalten ist. 15 RMB extra.

Da kam ich ins Grübeln, ob sich das lohnt. Aber das Schild preiste die große Auswahl an Tieren an und da wollte ich mich nicht an umgerechnet 2 Euro aufhängen.

Das hätte ich mal lieber getan, weil das was ich da gesehen habe, nicht schön war.

Die Gehege sind Betonklötze mit einer Scheibe an der einen Seite und ansonsten völlig lieblos. Keine Tränke, kein Spielzeug, kein Gras, kein separates „Klo“, kein Schlafplatz, nichts.

Das Tigergehege war ein solcher Betonraum, der völlig trist in einheitlichem grau gehalten war. Der Tiger dort war auch nicht mehr ganz dicht, was ich auch völlig verstehen kann. Als ich an das Fenster kam, stand das Tier auf und fing an zu schreien, fast schon mehr kreischen als brüllen und begann “umherzutigern“. Schrecklich. Bei dem Anblick habe ich echt weinen müssen. Ich glaube auch, dass man davon ausgehen kann, dass ein Gehege in einem deutschen Durchschnittszoo so groß ist, wie der gesamte Zoo hier.

Es gab Affen, die völlig apathisch wirkten. Ein Kamel in einem Fahrradunterstand, zwei Bieber auf vier Quadratmetern Beton. Zwei Stachelschweine, viele Vögel, eine Kuh, einen Strauß, zwei Wölfe, ein Reh, das bei den klimatischen Bedingungen dort eigentlich nicht wirklich klar kommt. So sah es zumindest aus…

Und dann gab es dort noch einen Bär, der die ganze Zeit im Kreis lief.

Die größte Sünde war es aber meiner Meinung nach einen riesigen Löwen in einem Gehege zu halten, wo er gerade einmal in der Breite reinpasst. Die armen Tiere!

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Das war der schlimmste Zoo meines Lebens! Ich habe echt schon nach Türen und Möglichkeiten für eine spontane Befreiungsaktion gesucht… Das ist Tierquälerei! Und die halb verrückt gewordenen Tiere sind der Beweis dafür.

Gott sei Dank bin ich da schnell wieder weggekommen und war dann froh, dass ich zum Bus zurück durfte. Um 16 Uhr haben wir uns nämlich auf den Heimweg gemacht. Auf der Rückfahrt gab es dann aber kein Bespaßungsprogramm mehr und wir konnten alle ausruhen und schlafen.

Zum Schlafen hatte ich aber keinen Platz, da der Bus ziemlich eng war. Ich schaffte es noch nicht einmal richtig meine Tasche auf den Schoß zu nehmen. Und so waren die drei Stunden Rückfahrt äußerst unbequem. Allerdings hat Rainy, eine der dort angestellten Lehrerinnen, mir ein bisschen Kantonesisch beigebracht und ich habe ihr ein bisschen aus meinem Sprachrepertoire was beibringen können. So habe ich zum Beispiel auch gelernt, dass die spanische Begrüßung „Hola!“ im Chinesischen so klingt, als würde man sagen: „Ich muss pinkeln!“ 😉

Rainy hat mir aber außerdem auch ihre Männer, überwiegend Sänger und Stars, für die sie schmachtet, auf ihrem Handy gezeigt und mir von ihren Fantasien erzählt… Das wollte ich jetzt eigentlich nicht so genau wissen, aber im Großen und Ganzen war das Mädchen ja ganz nett 😉

Dennoch war ich so froh, als wir um 19:30 Uhr endlich angekommen sind und ich zurück zu meiner Wohnung laufen durfte, um endlich alle meine Glieder ausstrecken konnte, die im Bus leiden mussten. Und ganz wichtig: Keine Kinder!

Der Ausflug war nicht schlecht, aber doch anstrengender als ich mir ihn vorgestellt hatte. Ich schätze, dass ich den Tag aber trotzdem sinnvoll verbracht habe und ich bin aus meiner Wohnung herausgekommen! 🙂

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