Wald der Talente

19.04.2013

Glücklicherweise war heute Ausflugstag/Wandertag, an dem alle Klassen (außer die Klasse 9) auf einen Berg geklettert sind. Glückerlicherweise deshalb, weil der für mich ausgefallen ist!

Stattdessen hatten wir heute den Talentwettbewerb „Wald der Talente“. Deshalb haben wir heute noch einmal geprobt, bevor ich, Lisa und die Schüler zur „Touristikschule“ von Guangzhou gefahren sind. Ursprüngich war das die Schule, für die ich als Freiwillige eingeteilt worden war. Aber einem Monat nach meiner Zusage wurde meine Einsatzstelle in die Zhongdafuzhong geändert. Kein Problem wie ich finde, aber es war doch ein komisches Gefühl über den Campus zu laufen und sich die typischen „was wäre, wenn …“-Gedanken zu machen. Was wäre, wenn ich heute an dieser Schule wäre und nicht an der Mittelschule der Sun Yat-sen-Universität? Wie würde mein FSJ dann aussehen? Aber wie ich schon mehrmals betont habe, ist mein FSJ hier toll bis auf die Krabbeltiere. Ich denke sogar, dass ich es nicht besser hätte treffen können! Guangzhou und die Zhongda war ein Glückstreffer für mich!

Der Campus der Toursimusschule ist aber auch ganz schön und mir gefallen die Schuluniformen dort sehr gut. Schließlich haben wir ja nur die grün-weißen Jogginganzüge. Die haben dort Anzug und Krawatte. So habe ich mir die Schuluniformen eigentlich immer vorgestellt!

DSC00132

Die Aula war auch richtig groß und es gab eine tolle Bühne, weshalb ich jetzt verstehen kann, warum der Wettbewerb hier ausgetragen wurde. Insgesamt nahmen vier Schulen an dem „Wald der Talente-Wettbewerb“ teil. Unsere Schule, die Tourismusschule, Fannys Schule in Nansha und die Fremdsprachenschule in Shenzhen, wo der Freiwillige Florian ist.

DSC00134

Kurz nach uns kam dann auch Peter an und er hat mir kurzerhand die Aufgabe gegeben, den ganzen Tag mit Fotos zu dokumentieren. Dafür wurde ich mit einer Spiegelreflexkamera ausgesattet, mit der ich herumlaufen durfte. Endlich hat mir mein Kunstabitur was gebracht, denn mein Thema war die Geschichte und Funktion einer Kamera mit allem drum und dran. Belichtungszeit, Brennweite und so weiter. Ich konnte mich das erste Mal richtig austoben, aber ich glaube die Bilder sind nur mittelmäßig geworden. Man wird ja nicht automatisch zum Superfotograf nur weil man weiß, was Av und Tv bedeuten. Man kann ja auch nich gleich schwimmen, weil man die Schwimmbewegung im Trockenen ausprobiert hat.

Aber es hat Spaß gemacht, auch wenn mir danach Finger und Arme wehgetan haben. Hätte nicht gedacht, dass das so anstrengend sein kann!

Nach den offiziellen Ansprachen folgten die Auftritte der Schulen. Danach eine Tee- und Tanzzeremonie bevor es eine kleine Pause gab. Diese Pause war eigentlich dafür gedacht, dass es „westliche Kuchen“ zu essen gab. Allerdings war das (der eigentliche Grund weshalb ich gekommen bin :D) die Enttäuschung des Tages. Es gab für alle nur zwei Bleche. Auf dem einen waren kleine Hörnchen und auf dem anderen eine Art trockenen Kuchen. Der trockene Kuchen war sofort leer, aber irgendwie hat er mir nur nach Teig geschmeckt. So als hätte man den Geschmack vergessen. Und die Hörnchen waren mit Fleisch gefüllt. Also eins müssen die Chinesen echt noch lernen: „Wie backe ich westliche Kuchen?“. Also wenn schon westliche Kuchen drauf steht, dann muss auch westliche Kuchen drin sein. Bei der Aussage „für das leibliche Wohl ist gesorgt“ wäre ich nicht so enttäuscht gewesen…

(Ich vermisse die deutsche Kuchenvielfalt wirklich sehr. Ich fürchte, dass ich in Deutschland erst richtig fett werden werde!)

Nach der kurzen Pause folgten dann ein paar Erfahrungsberichte von den Schülern, die bereits in Deutschland für einen Sommerkurs oder ein Stipendium waren, bevor die Ergebnisse des Wettbewerbs bekannt gegeben wurden.

Auf Platz 1 landete vollkommen verdient Fannys Schule und auf dem zweiten landete die Touristikschule selbst. Auf den beiden dritten Plätzen landeten unsere Schule sowie die Schüler aus Shenzhen. Meine Schüler waren ziemlich enttäuscht und niedergeschlagen. Aber hätten sie die zusätzlich angefügte Gott/Jesus-Nummer weggelassen, dann hätten wir garantiert besser abgeschnitten. Doch egal, daran ändert keiner mehr etwas. Manche Stücke sollte man halt einfach nicht mehr umschreiben, wenn sie einmal für gut befunden wurden!

Die Schüler waren enttäuscht, dass sie „verloren“ hatten (Zitat: „We are losers“) und ich war enttäuscht von den „westlichen Kuchen“. Na gut.

Wir sind dann auch relativ früh gegangen, da heute ja Ausflugstag war und danach immer ein obligatorisches Abendessen auf Kosten der Schule stattfindet (mit Anwesenheitspflicht, versteht sich). Dazu sind ich und Lisa in ein dem Campus nahegelegenes Restaurant gegangen, wo die anderen schon auf uns warteten.

DSC00151

Als wir gerade frisch angekommen waren wurde schon der erste Baijiu ausgeschenkt. Und man darf sich nicht verweigern, wenn man nicht als unhöflich gelten will. Da ich aber danach noch Unterricht hatte, war Alkohol eine schlechte Idee. Prompt wurde mir Baijiu eingeschenkt, den ich aus Höflichkeit getrunken habe (ekelhaftes Zeug!). Wenn ich mir überlege, dass ich den in meiner Wohnung zur Schimmelabtötung verwende und ich hier im Restaurant das Zeug trinken muss… Schließlich konnte ich mich aber auf meinen Unterricht berufen und konnte den Baijiu gegen Bier eintauschen, was bei den chinesischen Prozentgehalten lächerlich ist 😉

So durfte ich für den Rest des Abends mein Perlfluss-Bier trinken. Leider habe ich hier den Fehler gemacht, die erste Flasche leerzutrinken, was sofort dazu geführt hat, dass ich Nachschub bekam. Und wie gesagt, Ablehnen ist sehr sehr unhöflich. Vor Allem wenn wir eine Geburtstagskind in der Runde haben.

Doch auch nach dem zweiten Bier war ich noch fit und die anderen lagen schon halb unter den Tischen. Warum enden solche Abendessen immer in einem Besäufnis? Bei mir natürlich nicht, was bei den anderen für große Verwunderung gesorgt hat. Die wären nach 2 Flaschen Bier schon weg gewesen und deswegen waren sie ziemlich fasziniert. Wir Europäer können zum Glück Alkohol besser vertragen und abbauen als Asiaten. Und das chinesische Bier ist so wässrig und hat sowieso weniger Alkohol, dass es eigentlich gar nichts ausmacht. Also 2 Bier kommen nicht mal auf ein deutsches, würde ich schätzen.

Die größte Schwierigkeit bestand darin, dass ich mich irgendwie loseisen musste, damit ich rechtzeitig zu meinem Unterricht kommen konnte. Aber keine Chance, die lassen einen nicht gehen. Zum Schluss haben sie dann auch noch den Kuchen mit Kerzen gebracht und dann saß ich fest. Verdammt!

DSC00154

Trotz der Unhöflichkeit und so weiter bin ich dann direkt nach dem Geburtstagslied gegangen und bin zu meiner Wohnung gerannt (!), um meine Materialien für den Unterricht zu holen. Natürlich kam ich zu spät! Aber es war nicht schlimm, da ich es erklären konnte. Und während ich fleißig und beschäftigt war, haben die anderen Lehrer sich weiter das Hirn weggetrunken. Und ich frage mich: warum tun die das?

Andere Länder andere Sitten.

Nach dem Unterricht wollte ich erstmal duschen, weil es heute so schwül und heiß war, dass es eigentlich richtig ekelhaft war, sich fernab von Klimaanlagen aufzuhalten. Und schließlich wollte ich für das Skypen mit meiner Familie schick sein 😉

Was für ein langer Tag…und morgen wieder vier Stunden Unterricht? Ich hasse Samstage!

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Wald der Talente

  1. Miriam sagt:

    Hello Sandra,

    ich muss jetzt einfach mal was los werden: ich liebe deinen blog! Ernsthaft, ich freu mich immer, wenn ich den link auf facebook entdecke und freu mich drüber, dass ich hier endlich mal keine langweilige tourie-romantik, sondern ganz schlichten alltag abroad finde. find ich super: zum teil ironische distanz, aber ehrlichkeit und dennoch das schöne nicht auslassend, wie das ganze essen… oscar wilde wäre stolz auf dich;)

Kommentare sind geschlossen.