So haben wir uns das nicht vorgestellt

11.03.2013

Egal wie oft ich versucht habe, mir einzureden, dass dieser Tag nicht kommt, war vergeblich. Denn heute war es soweit. Der letzte gemeinsame Tag, den wir hier in China miteinander verbringen können. Das ist wirklich ein komisches Gefühl.

Und trotzdem wollte ich, dass dieser Tag besonders wird. Wie es sich am Ende sogar entwickeln würde, war besonders. Aber nicht auf die Art und Weise, die wir beide uns vorgestellt hatten.

Zuerst haben wir beide schon einmal den Koffer gepackt. Alex hatte sogar noch ein bisschen Platz, dass er schon ein paar Bücher und Klamotten von mir mit nach Deutschland nehmen konnte.

Danach haben wir beide uns in dem chinesischen Schnellrestaurant, was schon fast zu meinem Stammrestaurant geworden ist, ein Mittagessen gegönnt, bevor wir beide zur Schule gingen. Denn da heute Montag war, musste ich auch arbeiten und deshalb habe ich Alex mit in den Unterricht genommen. Auch diesmal kam wieder die Frage nach unserer Hochzeit auf. Chinesen scheinen es mit diesem Thema anscheinend sehr eilig zu haben. Lisa ist noch nicht einmal verheiratet, aber ich als (noch) Teenager soll das schon sein? Was denken die nur von uns Ausländern? 😉

Der Unterricht drehte sich um Zukunftspläne, wozu die Frage nach der Hochzeit dann aber als geschickte Überleitung zur Einführung der neuen Vokabeln diente.

Trotzdem war uns beiden langweilig. So geht es meistens mir, wenn ich keinen Part im Unterricht übernehme, sondern einfach nur verfolge, was passiert. Das ist nicht so schlimm, da wir meisten zweimal hintereinander den selben Unterricht halten (wie auch heute), dann ist die Wiederholung doch sehr langweilig.

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Nach dem Unterricht sind ich und Alex dann in den Supermarkt gegangen, um ein Eis zu kaufen, welches wir beide dann im Park gegessen haben. Immer wieder musste ich die Tränen niederkämpfen und den Gedanken daran verdrängen, ihn morgen zum Flughafen bringen zu müssen…

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Um uns abzulenken, sind wir ein wenig spazieren gegangen.

Ursprünglich war geplant, dass wir mit dem Schulleiter heute Abend essen gehen, aber Lisa konnte nicht kommen, da Elternabend war und wir hatten somit keinen Übersetzer.

Das wäre ein sehr peinliches Essen geworden, muss ich gestehen. Von daher hat es leider nicht geklappt. Aber ich werde den Schulleiter garantiert noch zum Essen einladen, bevor ich zurück nach Deutschland gehe. Trotzdem Schade, dass es nicht geklappt hat.

Aber wie gesagt, stattdessen sind wir spazieren gegangen und sind noch einmal über den Markt gelaufen und sind durch die Straßen geschlendert. Wir sind sogar an Orten entlanggelaufen, an denen ich selbst noch nie gewesen bin und so haben wir beide an unserem letzten Tag noch einmal die Straßen Chinas erkundet.

Wir waren auch sehr lange unterwegs und noch gar nicht hungrig, so dass wir uns die Zeit noch ein wenig vertrieben, da wir uns schließlich um neun mit Lisa zum Teetrinken treffen wollten. Die Restaurants hatten zwar schon fast geschlossen, aber die Cafés waren noch geöffnet. Dort wollten wir uns dann treffen.

Im RBT Café, wo ich mein erstes Mittagessen in Guangzhou gegessen habe, saß ich nun mit Lisa und meinem Freund und habe den letzten Tee mit Alex dort getrunken. Doch wir haben die Zeit genutzt und uns noch ein wenig über China unterhalten. Schließlich kann man das besonders gut mit einer Chinesin wie Lisa, die so gut Deutsch spricht und uns vieles erklären kann, was wir nicht wissen oder wissen wollen.

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Es war ein sehr schöner Abend und ein schöner Abschluss. Bis hierhin war der Tag noch völlig in Ordnung.

Ich und Alex hatten aber nun schließlich doch Hunger, aber da es so spät war, hatten keine Restaurants mehr geöffnet. Deswegen haben wir uns für McDonalds entschieden, da wir dachten, dass man da nichts falsch machen kann.

Zuhause in meiner Wohnung haben wir dann noch eine Dokumentation über China angeschaut und dabei unser Abendessen verdrückt. Es war wirklich lecker.

Doch das Essen lag mir schwer im Magen. Ich konnte lange nicht einschlafen und ich bekam immer mehr Bauchschmerzen.

Von da an lief alles schief. Mir ging es richtig schlecht und ich habe mit Magenkrämpfen, und später sogar Durchfall und Erbrechen kämpfen müssen. Das ist das erste Mal, dass mir das in China passiert und das ausgerechnet heute an unserem letzten gemeinsamen Tag!

Mir ging es sehr schlecht und auch Alex ging es zunehmends schlechter, auch wenn er sich noch ganz wacker schlug. Ich hoffte inständig, dass er davon verschont blieb. Schließlich musste er den nächsten Tag im Flugzeug verbringen.

 

12.03.2013

 

Letztendlich haben wir beide die Nacht unfreiwillig durchgemacht und wir sind dann um kurz vor 6 Uhr in den Bus in Richtung Flughafen eingestiegen. Ich habe mir natürlich ein „Sanitary Bag“ mitnehmen müssen, was mir zwar peinlich war, aber ich wollte meinen Freund unbedingt zum Flughafen begleiten.

Dieser Schritt fiel mir am Allerschwersten. Und das nicht nur wegen der „Umstände“, sondern weil ich ihn einfach nicht gehen lassen kann. Ich kann es nicht. Ich will nicht.

Auch wenn uns die Leute komisch angesehen haben, war es mir total egal. Es hat mir das Herz gebrochen, ihn in diesen Flieger steigen lassen zu müssen. Ich hasse Abschiede! Und wir werden jetzt auch wieder auf Skype zurückkommen müssen, nachdem wir jetzt die letzten drei Wochen direkt zueinander sprechen konnten…

DU wirst mir so fehlen. Die nächsten vier Monate aber sind eine absehbare Zeit und ich freue mich schon sehr auf unser Wiedersehen!!

 

Nach unserem Abschied ging es mir noch viel schlechter als vorher. Ich wollte auch einfach nur noch nach Hause, um mich hinzulegen, da mittlerweile auch mein Kreislauf immer mehr versagte.

Und obwohl ich mit dem Bus fahren wollte, war gerade keiner da. Ich musste ihn knapp verpasst haben. So konnte ich mir nicht anders helfen und musste mit der U-Bahn zurück fahren! Fast 90 Minuten lang.

Ich war völlig fertig. In der U-Bahn bin ich mehrere Male eingeschlafen, zumindest habe ich kleine Blackouts. Auch konnte ich kaum laufen, deswegen war ich froh, dass ich den Weg zu mir nach Hause schon fast im Schlaf kannte.

Irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft, nach Hause zu kommen und gerade noch rechtzeitig. Mir war so schlecht, dass ich Lisa absagte, dass ich heute nicht arbeiten könnte und habe mich zum Schlafen gelegt. Wirklich erholsam war das nicht, nachdem ich mehrmals aufstehen musste. Es war wirklich nicht angenehm.

Als es mir aber gegen Abend wieder ein wenig besser ging, war ich in der Lage Alex‘ Flüge online zu verfolgen, um zu wissen, wo er sich gerade befand. In der Zwischenzeit gingen bei mir Nachrichten von meinen Eltern ein, dass der Flughafen in Frankfurt mit dem schweren Wintereinbruch zu kämpfen hatte und deshalb immer mehr Flüge ausfallen…

Ich habe mir nur gewünscht, dass es Alex besser ging als mir und dass alle seine Flüge nach Plan verliefen.

Meine letzte Information des Tages war, dass das Flugzeug in Amsterdam gelandet war.

 

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