Wunderschöne Feuerblumen

11.02.2013

 

Ein ziemlich poetisch klingender Name muss ich sagen. Ist aber nur die „wörtliche“ Übersetzung des chinesischen Wortes 花火 huāhuŏ, das sich aus den Zeichen für „Blume“ und „Feuer“ zusammensetzt.

Genau das sollte uns heute Abend erwarten, was wir aber leider nicht mit eingeplant hatten. Von Kais Freundin Angel haben wir erfahren, dass das große Neujahrsfeuerwerk am Montag, also heute, stattfinden sollte. Damit hatten wir aber absolut nicht gerechnet. Wir sind fest davon ausgegangen, dass es in der Nacht vom 9. Auf den 10. Ein Feuerwerk geben würde, da das der Jahreswechsel im chinesischen Lunarkalender ist.

Deswegen haben wir auch nur vier Nächte in unserem Hostel gebucht und wollten am elften schon wieder nach Guangzhou zurückfahren.

Aber das Feuerwerk findet am zweiten Tag des neuen Jahres um 20 Uhr statt.

Wir haben deshalb einen kleinen, aber effektiven Schlachtplan entwickelt, der vorsah, dass wir aus dem Hostel um 11 Uhr auschecken und uns danach ein gutes Frühstück gönnen.

Das haben wir im McDonalds zu uns genommen, wo ich zum letzten Mal die zwei Sachen genossen habe, die China mir nicht bieten kann. Einen McDonalds-Salat und einen Milchshake!! Ich werde euch vermissen! Das sind meine zwei Lieblingsgerichte beim Mc.

Und normalerweise auch das einzige, was ich dort esse, wenn ich in einen deutschen McDonalds gehe.

Nach unserem Mahl sind wir dann zur Promenade vorgelaufen und zwar mit unserem gesamten Gepäck, da wir ja aus unserem Hostel ausgecheckt haben.

Vorne an der Promenade haben wir uns dann auf eine Parkbank gesetzt und es uns bequem gemacht. Es war mittlerweile 12:30 Uhr und der größte und anstrengendste Teil unseres Schlachtplans stand uns bevor: WARTEN.

7, 5 Stunden Hardcore-Parkbanksitzen.

Für mich als mittlerweile erfahrene Hardseat-Fahrerin in chinesischen Zügen kein Thema mehr, aber das größte Problem ist aber die große Langeweile!

Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne hat geschienen und es war sehr warm. Also haben wir uns gesonnt und gelesen.

Das sind meiner Meinung nach auch die besten Momente, um den Herr der Ringe zu lesen. Da ich mir das Ganze auch noch im englischen Original gebe, dauert es noch einmal ein bisschen länger als eh schon.

Dafür habe ich das ganze „Konzil von Elrond“ hinter mich gebracht 😉

Simon ist irgendwann ein wenig spazieren gegangen, während wir auf sein Gepäck aufgepasst haben. Dafür hat er uns mit Sandwichs versorgt, als er wieder zurück kam.

Auch Kai ist irgendwann zu Starbucks gelaufen und hat uns mit Getränken versorgt. Meine Aufgabe war es sitzen zu bleiben. Warum kriege ich immer die schwierigsten Aufgaben? 🙂

Als es uns wirklich langweilig wurde, haben wir uns mit den Menschen auf der Parkbank neben uns unterhalten. Es war eine Oma mit ihrem Enkel, die die ganze Zeit zu dem Kleinen sagte: „Die verstehen dich nicht. Die können uns nicht verstehen.“

Wir haben sie von dem Gegenteil überzeugt 😉

Sie kommt mit ihrer Familie eigentlich aus Heilongjiang, aber wohnen seit ein paar Jahren in Shenzhen und sind heute in Hongkong um sich, wie wir, das Feuerwerk anzusehen.

Der kleine Junge war auch wirklich so süß und hat uns Bonbons und Nüsse gebracht.

Ich und Kai haben uns dann aus Dankbarkeit daran gemacht, zwei Bilder zu malen. Kai hat ein total schönes Neujahrsbild mit einer Schlange und einem Drachen gemalt, während ich mich an eine Kuli-Skizze des Jungens gemacht habe.

Beider Bilder kamen sehr gut an und wurden dann in der ganzen Familie rumgezeigt. Ich glaube, sie haben sich sehr gefreut.

Noch drei Stunden!

Mir wars dann zu doof und ich habe mich auf der Bank und auf meinem kleinen Köfferchen zusammengerollt (wie auf der Fahrt nach Sanya) und ungefähr eine Stunde geschlafen.

Toll ist es auch, wenn man dann aufwacht und denkt: WAS? NOCH ZWEI STUNDEN? ACH, SCHEISSE!

Mittlerweile sinkt die Stimmung und man sagt sich, dass das Feuerwerk richtig geil werden muss, damit sich das lohnt.

Gegen vier Uhr wurde bereits die Promenade abgesperrt und um 18 Uhr wurden dann auch die Wege zu Starbucks und den Toiletten dichtgemacht.

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Auch direkt vor uns wurden Sperren errichtet, damit man Pufferzonen und Fluchtwege gewährleisten kann und auch gleichzeitig verhindern kann, dass irgendjemand ins Meer fällt.

Um 19:20 wurden auch wir von unserer tapfer verteidigten Bank aufgescheucht, da wir uns alle in die Absperrung begeben sollten. Verdammt!

Aber um Punkt 8 Uhr hat sich dann aller Ärger in Luft aufgelöst, als das Feuerwerk begann.

Wir wurden für alles entschädigt, was wir die letzten 8 Stunden ausgehalten haben und ich wurde für Silvester entschädigt, wo ich von dem Feuerwerk eigentlich kaum was gesehen habe.

Diesmal standen wir direkt gegenüber von den Schiffen, die das Feuerwerk von ihren Decks abschossen.

Und es war einfach wunderschön!!!

Für ganze 23 Minuten (!) wurde uns eine Show geboten, die die Warterei komplett aufwiegt.

Wahnsinn! Das Finale muss ich euch auch zeigen, damit ihr einen kleinen Eindruck von dem bekommt, was wir erleben durften!!!

Feuerwerk

Es ist zwar nur ein kleiner Ausschnitt, aber er spricht für sich 😉

Das war das schönste und längste Feuerwerk meines Lebens und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Bedarf an Feuerwerk bis Silvester komplett gestillt ist! 😀

 

Leider begann das Abenteuer erst NACH dem Feuerwerkt. Nämlich dann als sich die Menschenmasse in Bewegung setzte.

Und wir mit unserem Gepäck mittendrin.

Da die Polizei gute Arbeit geleistet und alles abgesperrt hat, gab es keine Massenpanik oder so, dafür aber regelmäßig Stau. Und leider waren auch alle U-Bahnstationen abgesperrt!

Verdammt!

Unser Problem war, dass wir so schnell wie möglich nach Louhu kommen mussten.

Von Hongkong aus fuhren nämlich keine Züge mehr nach Guangzhou, von Shenzhen aber schon noch. Der letzte um 22:40 Uhr.

Das bedeutete, dass wir nur noch zwei Stunden hatten, um zur U-Bahnstation zu kommen und von dort aus nach Shenzhen zu fahren. Und das war sehr knapp!

Zunächst einmal wurden wir ewig lang durch die Straßen gelotst, um zu der einzigen U-Bahnstation zu kommen, die nicht abgesperrt worden war!

Dann mussten wir von Tsim Sha Tsui 45 Minuten nach Louhu fahren! Außerdem musste ich seit ungefähr einer Stunde dringend auf die Toilette, aber die Toilette  in der U-Bahn war zu überfüllt und wir standen unter Zeitdruck!

Um viertel zehn kamen wir endlich in Louhu an und wir mussten dann aus Hongkong ausreisen.

Formular ausfüllen, Anstellen, Pass abstempeln lassen.

Weiterrennen!

Dann wurde die ganze Prozedur für die Einreise nach China wiederholt.
Formular ausfüllen, Anstellen, Pass abstempeln lassen.

Jetzt waren wir offiziell wieder in China und auf der chinesischen Seite des zweigeteilten Bahnhofs Louhu. Unser nächstes Ziel war der Warteraum Guangzhou-Shenzhen, wo wir unser Ticket kaufen mussten.

Und wir hatten es geschafft. Um 22:30 Uhr standen wir vor dem Ticketschalter und kauften unsere Rückfahrttickets nach Guangzhou. Wir hatten sogar noch Zeit endlich auf die Toilette zu gehen, bevor wir in den nächsten Zug einsteigen konnten.

Mensch, wir haben es geschafft. Auf die Minute genau! Puhh…

Das Feuerwerk fühlte sich nach der Aufregung schon wieder sehr weit weg an, doch wir hatten jetzt 80 Minuten zum entspannen und zum beruhigen.

In Guangzhou angekommen haben wir uns mit letzter Kraft in den McDonalds geschleppt und zu Abend gegessen. Eigentlich wollte ich dort nichts essen, aber alles andere hatte mitten in der Nacht schon geschlossen. Und das letzte, was ich zu essen hatte war das Sandwich an der Promenade bzw. die Süßigkeiten, die uns unser Parkbanknachbar gegeben hatte.

Um 1 Uhr waren wir endlich an meiner Wohnung und wir konnten unser doofes Gepäck abstellen und ins Bett fallen.

Was für ein Tag!

Und Guangzhou hat mich wieder!

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