Wuhan – neue Aussichten und starker Kontrast zu Guangzhou

03.10.2012

Nach unserer Ankunft mit dem Zug in Wuchang, einem Stadtteil von Wuhan, und unserer Taxifahrt zur Bierschule, waren wir endlich da! Ja, ihr habt richtig gelesen! Bierschule. Unser lieber Florian (es gibt zwei, der eine, der in Shenzhen eingesetzt ist und dieser hier in Wuhan)  darf sein FSJ an der Bierschule in Wuhan absolvieren, die deutsches Bier herstellt. Diese Brauereifachschule bildet Braumeister aus und unterrichtet als Nebenfach Deutsch! Die anliegende Brauerei ist aus Deutschland und vor ein paar Jahren 1:1 nachgebaut worden. Das Bier, das hier gebraut wird, heißt auch „Zentrumsbier“.

Florian hat hier auch kein Zimmer, sondern ein ganzes Apartment mit vier Bädern und ganz vielen Schlafzimmern. Also ideal für Besuch! Es war auch schon der Frühstückstisch gedeckt mit Haferflocken, Bananen, Toastbrot und Marmelade und es war einfach nur hammerlecker. Das tat so richtig gut nach der anstrengenden Fahrt, vor Allem in Kombination mit einer Dusche. Wir stanken nämlich alle nach Rauch, weil im Zug zwar Rauchverbot ist, das aber keinen schert. Ich hatte auch angeschwollene und dicke Füße von den 13 Stunden im Sitzen (bis auf die eine Klopause), was erstens etwas unsexy aussieht und zweitens auch ziemlich unangenehm ist. Aber das Beste ist da wirklich bewegen!

Um kurz nach 11 Uhr kam dann Kai vorbei, den wir ja vom Vorbereitungsseminar kennen, der aber mit dem PAD unterwegs ist statt mit dem Goethe Institut und deshalb nicht in Peking dabei war! Aber es war echt toll in wiederzusehen! Schließlich haben wir und die anderen in Berlin und am Werbellinsee viel Zeit miteinander verbracht!

Nach unserem üppigen Frühstück sind wir aufgebrochen zu unserer Tour. Der erste Haltepunkt war ein Daoistischer Tempel ganz in der Nähe, der sehr klein und unscheinbar von außen wirkte. Aber in Wirklichkeit ist das ein richtig schöner Tempel, der sich bis hoch auf den ganzen Berg erstreckte, an dem er liegt. Also sind wir in die einzelnen Tempelabschnitte hineingegangen und haben die schönen Altäre und die tolle Architektur bewundert. Im dritten Gebäude gab es dann unseren ersten „Buddha-Overkill“, weil einfach die gesamte Wand innen mit Mini-Buddhas gesäumt war. Es waren unglaublich viele!

Daoistischer Tempel

Nach weiteren, etlichen Treppenstufen kamen wir in den letzten großen Tempel, wo auch viele Menschen zum Opfern oder zum Beten gekommen waren. Wir haben uns nur die Steinfiguren und die Verzierungen innendrin angesehen und haben die Betenden beobachtet. Es ist wirklich eine ganz besondere Atmosphäre.

Ein kleines Highlight war dafür der alte Pagodenturm hinter dem Tempel. Der Eingang zur Pagode ist genau 1,68 m hoch, d.h. ich konnte gerade so aufrecht hindurch gehen, unsere Jungs jedoch nicht 😉 Im Inneren des Turms gab es eine schmale Treppe, die einen tunnelartigen Aufstieg hat und teilweise nur einen Meter hoch ist. Also haben wir eine kleine Kletter-Krabbel-Aktion gestartet um die ewig vielen Stufen nach oben zu kommen. Es waren glaube ich mindestens 6 Stockwerke. Dafür wurden wir oben angekommen mit einer genialen Aussicht belohnt! Denn die Pagode steht fast auf dem Gipfel eines kleinen Berges und von der obersten Etage hat man einen tollen Blick über Wuhan. Einfach nur beeindruckend. Und unter sich sieht man den Tempel und den Garten mit vielen Bäumen. Wunderschön, aber verdammt hoch! Wer hier Höhenangst hat, sollte am Besten nicht runterschauen.

Alte Pagode

Das aber fast größere Abenteuer war aber der Abstieg in dem schmalen Treppengang. Und danach sind wir zurück Richtung Ausgang.

Aussicht vom Dach der Pagode

Am Fuße des Tempels wieder angekommen, haben wir uns auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle gemacht. Denn im Gegensatz zu Guangzhou, hat Wuhan keine U-Bahn und der gesamte Verkehr innerhalb der Stadt ist über Buslinien geregelt. Was für ein enormes Busvorkommen und eine starke Luftverschmutzung sorgt. Außerdem mussten wir über eine Stunde auf unseren Bus warten, weil die Linie nicht sehr stark frequentiert ist. Für die Zwischenzeit haben wir uns da eine Süßkartoffel gekauft, die echt lecker war, aber so heiß, dass ich mir die Finger und die Zunge verbrannt habe! Aua!

Kartoffel

Unsere Buslinie führte uns irgendwo hin, wo wir in die Nähe des nächsten Tempels waren. Doch dafür würgte unser Busfahrer den Bus erstmal auf der Hauptverkehrsstraße ab und bekam ihn nicht mehr an. Also standen wir mitten auf einer vierspurigen Straße und warteten, während der Busfahrer kämpfte. Eine Viertelstunde später fuhr er endlich wieder an und uns ist auch Gott seid Dank niemand hinten aufgefahren. Dafür ist Busfahren sehr sehr… schaukelig! Es ist wirklich nicht mit Deutschland zu vergleichen, den die Busse hier würden glaube ich durch keinen deutschen TÜV kommen. Und es ist wirklich oft so, dass auch  Vollbremsungen hingelegt werden, so dass der ganze Bus durchgeschüttelt wird. Es ist dabei wirklich schwer sich festzuhalten. Also Busfahren hier in China ist durchaus ein Erlebnis! Aber auch etwas gefährlich!

Bevor wir dann aber zum Tempel gegangen sind, wollten wir erst etwas essen. Deswegen haben wir uns ein muslimisches Restaurant ausgesucht und lecker und günstig gegessen. Mein Fehler hier war mal wieder, dass ich in die Küche geschaut habe. Dafür habe ich mich dann umgedreht und dem Koch beim Nudelnmachen zugesehen! Es ist wirklich eine Kunst verdammt schwierig! Aber allein durch schleudern und Falten schafft er es, hauchdünne und gleichmäßige Nudeln hinzubekommen! Das ist echt genial! Ich habe Nudeln mit Ei und Tomate gegessen (normalerweise isst man das ja mit Reis!) und es war sehr lecker. Mit zwei Flaschen Pepsi habe ich dafür 13 Kuai bezahlt, was ungefähr 1,5€ entspricht. Da kann man echt nichts sagen! Und es hat sehr gut geschmeckt!!

Nudeln, Ei, Tomate

Für den Buddhistischen Tempel, der nur ungefähr 500m entfernt von dem Straßenrestaurant lag, haben wir jedoch 16 Yuan Eintritt bezahlen müssen. (kurze Info: Kuai und Yuan sind Synonyme, also gleichbedeutend!) Aber der Tempel ist es auch wert gewesen! Er ist anders als der Tempel von heute sehr schlicht und nicht so bunt, doch auch hier gibt es Buddhas ohne Ende! Der Guiyan-Tempel hat auch eine Besonderheit. In einem Tempelraum stehen ganz viele unterschiedliche Buddhas und man soll sich einen beliebigen Buddha aussuchen. Von da aus soll man (als Frau) die Jahre seines eigenen Alters nach rechts abzählen und dann offenbart einem der Buddha, der dann das Ziel ist, etwas über sich selbst. Mein Buddha war jedoch sehr normal und unscheinbar. Während es Buddhas auf Drachen oder trinkende Buddhas gab, bin ich bei einem Buddha mit einer Katze auf dem Schoß gestartet und bei einem lächelnden Buddha mit gefalteten Händen herausgekommen, der eine innere Ruhe und Weisheit ausstrahlte. Ich weiß nicht, inwieweit ich das interpretieren kann/will/soll, aber es hört sich ja mal nicht schlecht an!

Guiyan-Tempel

Dafür  tun mir die Tiere hier echt leid! Vor Allem die Schildkröten. Die wohnen zwar entweder in jedem Tempel, aber man sieht oft auch ein paar tote Schildkröten treiben, oder sie werden in einem Restaurant gegessen oder auf der Straße als Spielzeug verkauft. Das ist echt sehr traurig und mir tun die Tiere so unendlich leid. Aber ich kann es leider nicht ändern.

Guiyan-Tempel

Neue Pagode im Aufbau

 

Für 18 Uhr waren wir mit Florians Schulleiter zum Essen verabredet, worauf ich mich sehr gefreut habe! Unser Restaurant war auch sehr lecker und sehr gut besucht (Was immer ein gutes Zeichen ist!) . Außerdem konnte der Schulleiter Deutsch und er hat als Gastgeschenk selbstgebrautes Bier aus seiner Schule mitgebracht! Und dieses Bier hat endlich mal wie ein deutsches Bier geschmeckt! Und nicht so wie Wasser.

Zentrumsbier- Genüsse aus Bayern

Das Essen war auch klasse, aber auch wieder sehr experimentell für mich. Es gab Gurken mit Entensauce, Entenfleisch (mit Kopf), Rindfleisch gebraten auf einer heißen Platte, Ein Herz aus Reis, Tofu-Schweinefleischsalat, Chilli und Bohnen-Topf in einem Hotpot, scharfer Fischkopf mit Nudeln, Pilze, Erdnüsse, Reispfannkuchen, Auberginen, Schweinefleischreisbällchen, komplett frittierter Fisch, usw. Richtig interessant war der frittierte Fisch, weil der mal schlichtweg ganz auf dem Teller lag und man das Fleisch wegzupfen musst. Zunächst habe ich mich geweigert, aber dann habe ich doch probiert. Und das Ganze hat ungefähr 100 Mal besser als Krabbenchips geschmeckt, denn der Fisch und sein Fleisch waren wirklich komplett frittiert! Es war wirklich lecker!

Frittierter Fisch

Oh ich habe mich da so voll gegessen und so viel probiert, dass ich echt überrascht bin, dass ich nicht geplatzt bin! Immerhin habe ich ein üppiges Frühstück, ein lecker Mittagessen und ein sehr ausführliches Abendessen mit deutschem Bier hinter mir! Ich war einfach nur noch müde und satt!

Dafür habe ich es mir nach dem gestrigen Blogeintrag auf Florians Couch bequem gemacht, die so schön weich ist, dass ich überlege, wie ich die Couch mit nach Guangzhou bekomme…

Jedoch habe ich die Rechnung ohne die Moskitos hier in Wuhan gemacht, die mich bis drei Uhr wachgehalten haben, bis ich mich dazu entschieden habe, mit Licht zu schlafen. Diese Viecher brummen so laut, dass man sie trotz Hörbuch-Beschallungen auf beiden Ohren hört und sogar davon wach wird! Ich habe mindestens vier getötet, aber erst das Licht hat sie dann vertrieben.

Bis um 7 Uhr heute Morgen sich die chinesischen Rentner vor unserem Haus getroffen haben um mit ihrer Musikbox und mit ihren Schwertern Tai-Chi zu machen… Und das ist echt laut! So war die Nacht sehr kurz und mal wieder sehr unerholsam. Auch meine Beine streiken noch immer und haben mir mit Krämpfen gestraft.

Halten wir also fest: Der Tag war super, der Nacht nicht so. Aber ich freue mich auf morgen und Wuhan ist echt toll! Und ich genieße die Zeit mit den anderen Freiwilligen hier!

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