Eine Fahrt ins Nachbardorf

01.10.2012

Am Nationalfeiertag Chinas haben wir uns was ganz besonderes ausgedacht. Ein Ausflug nach Foshan.

Den Morgen habe ich mal ganz gechillt angehen lassen und ich habe mich erstmal ein bisschen nach dem langen Marsch von gestern entspannt. Außerdem wollte Maurice am Nachmittag kommen und ich wollte deshalb zu Hause warten. Ich habe nochmal ferngesehen und mein Gepäck für den Urlaub geplant, Blog geschrieben und Musik gehört.

Irgendwann klingelte mein Handy und Maurice war dran. Er sagte er wäre jetzt da. Als ich ihn gerade von der U-Bahn-Haltestelle abholen wollte, stand er auch schon vor der Tür 😉 War schon lustig. Sein Gastgeschenk waren Hummer-Käse-Chips. Lecker! 🙂

Wir beide waren dann um 16 Uhr mit Florian und der Deutschlehrerin verabredet, die wir in Foshan treffen sollten. Foshan ist das Nachbardorf, ungefähr 60 km entfernt, aber der Übergang zu Guangzhou ist fließend. Es ist eigentlich ein Ballungsgebiet wo man keine genauen Grenzen mehr ziehen kann.  Es gibt sogar eine sehr gute U-Bahnanbindung dorthin. Allerdings sind wir 80 Minuten unterwegs gewesen von Zhongda 中大, also von mir, nach Zumiao 组庙 und das allein mit der U-Bahn. Also die Entfernungen sind schon gewaltig. Aber wie gesagt, es ist gut zu erreichen.

Ausgang der Metrostation

Dort am Bahnhof haben wir uns dann mit Florian und Wangzhuo getroffen und sind zum Zumiao-Ahnentempel gelaufen, um uns Eintrittskarten zu kaufen, da wir erst was essen gehen wollten und der Ticketschalter nur bis 17.30 Uhr offen hatte. Danach sind wir dann erstmal in ein buddhistisches Restaurant gegangen, die nur grad dummerweise Nachmittagspause hatten und erst um 17 Uhr wieder öffneten. Deshalb haben wir uns in der Zeit den Tempel um das Restaurant angeschaut. Der ist zwar auch viel kleiner und unbedeutender als der Zumiaotempel, dafür war der Eintritt frei und das Restaurant befindet sich quasi im Tempel.

„Garnelen“

Nüsse und Gemüse

Das buddhistische Restaurant serviert ausschließlich vegetarisch, was ich sehr toll fand. Aber es gab auch Fleischersatz, der richtig richtig gut geschmeckt hat. Es war auch kein Tofu oder so, sondern irgendetwas anderes pflanzliches. Dafür hätte ich schwören können, dass das Pseudo-Schweinefleisch wie echtes geschmeckt hat, auch wenn man es an der Konsistenz etwas gemerkt hat. Auch die Pflanzen-Garnelen waren einfach gut und es gab viel Gemüse. Auch wenn da vielleicht hunderttausend Geschmacksstoffe und Aromen drin waren, war es sehr lecker. Und ich glaube aber auch gar nicht so ungesund! Und das war mir 3,5 € wert 😀

Gemüse

„Schweinefleisch“

Nach unserem etwas schnellen Essen, weil der Tempel um 17:30 Uhr den Einlass schließt, sind wir losgelaufen und sind mit ein bisschen Betteln und weil wir Ausländer sind, noch 10 Minuten nach Einlass reingekommen. Dafür hatten wir für den Tempel nur noch ca. eine halbe Stunde Zeit. Aber für Fotos und um alles anzusehen hat alles gereicht, auch wenn ich Hetzen beim Sightseeing hasse! Ich möchte mich auf eine Sache einlassen können und hasse ein vollgestopftes Programm! Kann man aber nichts machen.

Zumiao-Tempel

kleiner Park im Tempel

Als nächstes sind wir in die neue Altstadt aufgebrochen. Hier in China hat, ich habe es ja schon mal erwähnt, (Bau)Substanz keinen großen Wert. So wird eine Renovierung folgendermaßen ablaufen: Alles abreißen und 1:1 wieder aufbauen. Von Denkmalschutz etc. ist hier nicht viel zu sehen.

neue Altstadt

Restaurant

Deshalb hat man mal einfach die Altstadt komplett abgerissen und ein kleines Pseudo-koloniales Viertel aufgebaut und das Ganze ein bisschen auf Alt gestaltet. Doch die neuen Fenster und der planartige Aufbau der Stadt verraten sich selbst. Ich weiß nicht wie ich darauf reagieren soll. Es ist zwar schön und es sieht echt gut aus, aber es sieht auch künstlich und fremd aus, wenn daneben die ganz alten Wohnhäuser stehen sieht. Es ist wirklich etwas befremdlich, aber durchaus ein typisches Bild hier in China.

Das sagt doch alles?

Blind Dating in der neuen Altstadt

Da es auch mittlerweile dunkel wurde, sind wir zur Ubahn-Haltestelle gelaufen und sind zum Qiandenghu Lake gefahren, der auch der „Tausend-Lichter-See“ genannt wird. Außerdem lag die Haltestelle auf unserem Weg nach Hause, aber immer noch in Foshan.

Von der Haltestelle sind es dann aber auch nochmal 2 Kilometer bis zu dem See, der künstlich angelegt wurde und einfach riesig groß ist. Alles ist beleuchtet, es gibt Straßenhändler, es gibt Steinpavillons und Tretboote, es ist wirklich schön, aber vor Allem bei Nacht. Und heute am Nationalfeiertag war auch wirklich viel los! Es war unglaublich voll und die meisten Brücken waren aus Sicherheitsgründen gesperrt. Aber wir haben uns auf eine Wiese gesetzt und haben dem ganzen Treiben zugesehen.

[Warnung für Tierfreunde, bitte den nächsten Absatz überspringen!]

 

Es gab wie am Perlfluss auch ganz viele Essensverkäufer oder Süßwarenhändler, aber auch Spielstände. So gab es auch eine etwas perversierte Art von Ringewerfen. Auf einem Tuch am Boden waren ungefähr 5x5x10cm große Käfige aufgestellt mit Mäusen, Hasen, Vögeln, Ratten, Schildkröten, etc. aufgestellt und für ein Yuan pro Ring konnte man versuchen die Tiere zu gewinnen. Die Käfige waren so klein, dass die Tiere sich kaum rumdrehen konnten, aber die meisten von Ihnen waren sowieso schon vollkommen apathisch. Wir haben wirklich mit dem Gedanke gespielt, mitzumachen, um die Tiere zu befreien, aber ich glaube die sind eh schon viel zu krank die Tiere, als dass sie es überleben würden. Außerdem was soll ich mit einem Kaninchen machen? Freilassen wäre eine Option, aber ich glaube nicht, dass das hier in China eine so gute Idee ist. Und vor Allem? Jeder der mitmacht, bestätigt diesen blöden Händler ja noch in seinem Tun und er verdient Geld damit.

Klauen wäre für mich noch eine Alternative gewesen, aber wie klaut man 30 Tiere? Als äußerst auffälliger Ausländer? Ich habe schon recht früh feststellen müssen, dass hier viele Dinge nicht mit meinem Gewissen vereinbar sind… Wegschauen ist zwar die bescheuertste Lösung, aber die einzige, die man hat. Leider.

Um kurz nach halb neuen haben wir uns dann auf den Rückweg gemacht, da ich einerseits um 22 Uhr zum Skypen verabredet war, was mir sehr wichtig war, und die U-Bahnen auch nur bis 22:30 Uhr fahren und wir noch eine Weile nach Hause brauchten. Zum Glück sind wir aber in einer Endstation eingestiegen und hatten somit immer einen Sitzplatz! Das ist auch mal eine ganz neue Erfahrung in einer chinesischen U-Bahn!

Der Tag heute war sehr schön, leider sehr gehetzt, was mich ehrlich gesagt etwas ärgert, aber ich kann ja jederzeit wieder alleine dorthin gehen. Ich kenne ja den Weg!

Um viertel nach 10 Uhr waren wir dann wieder bei mir in der Wohnung, Maurice auch, denn der wollte heute bei mir übernachten, weil wir ja morgen schon mit dem Zug nach Wuhan fahren.

Ich kann euch sagen, dass die 13 Stunden Zugfahrt mehr als abenteuerlich und wohl alles andere als angenehm sein werden. Und da ich auch nicht weiß, wie ich dort ans Internet komme, wird das mit dem Blogschreiben wohl schwierig. Aber ich nehme meinen Laptop auf jeden Fall mal mit!

 

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