Krieg und Frieden

Morgen um diese Zeit werd ich schon im Kreise meiner Lieben in Leipzig sitzen. Und obwohl mich der Gedanke, dass meine Zeit in Karlovac so bald endet, immer noch melancholisch stimmt, bin ich jetzt im Moment irgendwie auch ganz froh, … Weiterlesen →

Besinnlichkeit stellt sich ein

In der Ecke meines Zimmers steht ein großer Koffer. Er wartet darauf, von mir mit den für meinen Heimaturlaub erforderlichen, sowie den aufgrund der klimatisch rauen und unwirtlichen Bedingungen in Karlovac, Kroatien, überflüssig gewordenen Kleidungsstücken sowie saisonal angepassten Präsenten für Freunde und Familie gefüllt zu werden.

Ich stelle fest, dass mich der Anblick dieses Koffers deprimiert. Dass ich ausgesprochen gut in der hohen Kunst der Prokrastination geworden bin, seit ich hier bin. Wenigstens habe ich schon meine Mitfahrgelegenheit zum Flughafen am Sonntag organisiert.

UND ICH FREUE MICH SOOOOOO SEHR AUF LEIPZIG!!!

Karlovac hat sich übrigens in ein Winterwunderland verwandelt. WeihnachtsZagreb, das Treffen mit den anderen und das Wochende im HoboBear Hostel waren so schön.

Und ich schreibe fleißig am Drehbuch, plane am Drehbuch, denke ans Drehbuch, rede über das Drehbuch. Und beobachte, wie die Figuren sich in meinem Kopf langsam von den Seiten lösen, greifbar werden, ihre eigenen Stimmen entwickeln. Alles natürlich beständig unterstützt durch frisch gebackene Plätzchen von Oma Dragica.
Nicht, dass ich keinen Spaß am Reisen mehr hätte, aber irgendwo in mir weiß ich, dass dieses schreiben, denken, Plätzchen essen, während draußen die ersten Schneeflocken fallen, ziemlich genau dem entspricht, was ich mir irgendwann vor langer Zeit mal gewünscht hatte für diesen Freiwilligendienst. Und es ist ein gutes Gefühl, dass alles, was ich mir gewünscht hab, auch geklappt hat.

Ich hab diesen Freiwilligendienst ja nicht nur gemacht, um mal rauszukommen, was anderes zu machen, die Welt zu sehen. Eigentlich wollte ich auch einfach noch ein bisschen Zeit haben. Zeit für mich, Zeit um meine Gedanken zu ordnen, kreativ zu sein. Zeit, in der ich noch nicht dauernd daran denken muss, was ich in Zukunft mache, wo ich studiere, arbeite, Geld verdiene. Insofern bin ich neben all den großartigen Abenteuern auch immer froh, wenn ich ein paar Momente für mich hab. Einfach mal herumgammeln kann. Nichts sein muss.

In der Schule werden gerade noch fieberhaft die letzten Noten gesammelt, und die Vorbereitungen für die große Weihnachtsparty am Freitag sind in vollem Gange. Mittlerweile hängen überall Lichterketten, Engel, Sterne, Christbaumkugeln. Ich habe mein Projekt erfolgreich angefangen, war bei einem Rockkonzert und hab meinen schicken Hut ausgeführt. Alles ist gut.

 

So viel für jetzt.

Bald mehr.

—Eilmeldung—Eilmeldung—Eilmeldung—

Ich bekomme (zusammen mit der wunderbaren Maschenjka) Drehbuchförderung von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.

Meine wirre, aus dem Moment geborene Schnapsidee und die abenteuerlichen Pläne, die wir gemeinsam ausgedacht haben, gelten hiermit als „Bedeutsames Projekt des Freistaates Sachsen.“

LEUTE SIND BEREIT, GELD DAFÜR ZU INVESTIEREN.

„Nichts als mein Leben“ (AT) wird entstehen.

Und ich habe einen fabelhaften neuen Hut.

 

P.S. Bin dann mal weg, feiern. Živjeli!

Momentaufnahme 3, oder: nach dem Referendum

Ich vermute mal, alle, die deutsche Zeitungen lesen, haben mitbekommen, wie das mit dem Referendum ausgegangen ist. Für alle anderen: bei nur 36% Wahlbeteiligung haben ungefähr 65% aller Wähler für den neuen Gesetzesentwurf gestimmt. Und nein, es ging nicht um die „Legalisierung der Homo-Ehe“. Es ging darum, zu verhindern, das auch nur die Idee einer Legalisierung der „Homo-Ehe“ in Betracht gezogen werden kann.

Die meisten jungen und/oder westlich orientierten Leute, mit denen ich geredet habe, wissen sich angesichts so viel Verbohrtheit auch keinen Rat mehr. Viele sagen auch, sie haben nichts anderes erwartet. Gestern hab ich dann gehört: „Du hast es ja gut. Du gehst zurück nach Deutschland. Wir müssen das hier aushalten“. Und natürlich bin ich in dieser Hinsicht sehr privilegiert. Ich habe nur einen Ausschnitt davon erfahren, wie es ist, in einem Land zu leben, dass in vieler Hinsicht so extrem zweigeteilt ist. Ich behaupte nicht, dass in Deutschland alles wunderbar ist, ganz im Gegenteil. Aber zumindest können mittlerweile PrideParades stattfinden, ohne das tausende Hooligans, die „Sterbt, Perverse“ schreien, von der Polizei davon abgehalten werden müssen, friedliche Demonstranten krankenhausreif zu schlagen.

Dafür lese ich dann, wie Leute aus Deutschland im Internet das Referendum in Kroatien  kommentieren und genau dieselben Hassbotschaften verbreiten wie die Referendumsbefürworter hier in Kroatien.

Tocotronic lag da schon irgendwie richtig:

Aber hier leben, nein danke.

(wobei „hier“ grade unsere ganze angeblich zivilisierte Welt einschließt)

 

P.S.: Die kroatische Regierung will jetzt die eingetragene Lebenspartnerschaft einführen. Ratet mal, wer mit einem Referendum gedroht hat…

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