Angekommen

Es ist 14:00 Uhr. Jetzt 14:13 Uhr. Was soll ich bloß schreiben? Zunächst für alle: Mir geht es gut, wirklich gut!

Mein Plan war bereits am Montag einen Eintrag zu schreiben, aber eins stelle ich jetzt schon fest: Planlos klappt alles viel besser! Also weg mit den Plänen und der Struktur und her mit der Spontanität!

Mein Hinflug am Montag war ziemlich entspannt. Pünktlich um sechs am Morgen startete der Flieger in Düsseldorf Richtung Moskau. Pünktlich ist ein gutes Stichwort – gefühlte 100-mal bin ich schon auf die deutsche Pünktlichkeit und weitere Klischees in der Schule angesprochen worden. Der Druck ist hoch, mittlerweile stelle ich mir aus Vorsichtsmaßnahmen drei Wecker, damit ich hier niemanden enttäusche. 😀 Am Moskauer Flughafen war es ziemlich interessant. Viele Wege führen nach Rom, aber wo ging´s für mich weiter nach Perm? Mit Deutsch  und Englisch bin ich am Flughafen nicht weit gekommen. Aber zum Glück gibt es Hände und Füße! Irgendwie habe ich es dann doch zum richtigen Terminal geschafft. Nach etwa vier Stunden Aufenthalt, die ich damit verbracht habe Winterjacke, Rollkragenpulli, Winterschuhe und Strickjacke ins Handgepäck zu quetschen (Mission fehlgeschlagen, in Moskau waren es 20 Grad!), ging es weiter – Endspurt! In der kleinen Maschine habe ich zum ersten Mal bewusst wahrgenommen, dass das Abenteuer Russland beginnt! Alles wurde nationaler, selbst die Sicherheitsmaßnahmen im Flieger wurden nur noch in Landessprache verkündet. Als aufmerksamer Alleinreisender wusste ich aber genau, was ich im Falle eines Falles zu tun habe: „Die Schwimmwesten befinden sich unter den Sitzen. Es gibt zwei Möglichkeiten der Bedienung. Entweder man pustet sie mit eigener Kraft auf oder man zieht an den beiden Schnüren.“ Ich denke weitere Ausführungen sind nicht nötig, es ist ja auch nichts passiert! Mit etwas Verspätung (deutsche Pünktlichkeit!!!) und einer Extrarunde über die Stadt bin ich um 20:30 Uhr gelandet. Am Permer Flughafen wurde ich herzlichst von einer Deutschlehrerin und Aleksei, dem Enkel meiner Gastoma, empfangen. Bei abendlichem Sonnenschein haben wir noch eine Autofahrt durch die Stadt gemacht und man hat mir einige Sehenswürdigkeiten gezeigt. Als wir bei der Wohnung meiner Gastoma ankamen, war ich ziemlich angespannt und nervös. Ich wollte einen guten Eindruck machen und hatte den Plan(!!!) mich so vorzustellen, wie ich es im Flugzeug einstudiert habe. Natürlich kam alles anders. Aleksei und die Deutschlehrerin Natalia sind direkt gegangen und ich wurde von meiner Gastoma Larissa in die Küche gebeten. Mich erwartete ein Tisch voller Speisen. Neben drei verschiedenen warmen Gerichten auch Salate, Joghurts, Müsli, Obst, Desserts und andere landesspezifische Leckereien! (Oma in Beverungen, mach dir bitte keine Sorgen: Hungern muss ich nicht, das Essen ist super!) Den restlichen Abend habe ich damit verbracht mich mit Larissa über einfache Themen wie Familie, Schule und Hobbys auf Russisch zu unterhalten. Englisch und Deutsch spricht sie kein Wort, es ist nicht immer einfach mit der Kommunikation, im Notfall immer nicken und nett lächeln. Ich habe hier mein eigenes Zimmer, Larissa hat mir ihr Zimmer überlassen und für russische Verhältnisse ist es wirklich groß und ich finde es gemütlich! Leider hat sie kein Internet, aber nach vier Tagen kann ich sagen: Es geht ohne, wirklich! Irgendwann lag ich dann im Bett und bin auch direkt eingeschlafen!

Am zweiten Tag habe ich bis elf Uhr geschlafen. Um 12 Uhr hat mich die Schulleiterin in der Schule erwartet. Die Distanz von Larissas Wohnung zur Schule beträgt keine 100 Meter. Dennoch hat mich Aleksei zur Schule gebracht, er wohnt auch in der Nähe. Aleksei hat auch an meiner Einsatzstelle gelernt und spricht hervorragend Deutsch. Er hat das deutsche Sprachdiplom auf C1-Niveau absolviert, das gleicht fast einem Muttersprachler. Zur Schule möchte ich ein anderes Mal etwas schreiben, nur eins kann ich sagen: So eine moderne und ordentliche Schule habe ich noch nie gesehen. Die Schulleiterin ist sehr engagiert und hat mir einige Fragen gestellt. Sie hat mehrfach betont, dass ihr mein Wohlergehen sehr am Herzen liegt. Den restlichen Nachmittag habe ich in der Schule verbracht und einige Lehrer kennengelernt und die Schule erkundet. Alle geben mir das Gefühl von Geborgenheit und zeigen Interesse an meiner Person, das freut mich sehr!

Am Abend habe ich bei Sonnenschein und strahlend blauem Himmel mit Aleksei einen Spaziergang durch die Stadt gemacht. Natürlich sprechen wir zu 99 Prozent auf Deutsch, aber ich habe mir vorgenommen (kein Plan, nur ein Vorhaben) jeden Tag etwas mehr Russisch zu sprechen.

Gestern, also Mittwoch, war mein erster „Arbeitstag“. Von 10 bis etwa 15 Uhr habe ich in verschiedenen Deutschklassen hospitiert und war überrascht über die Disziplin der Schüler. An der Schule gibt es zwei Schichten. Von 8:30 Uhr bis etwa 14 Uhr lernen die meisten Schüler. Für die 6. & 7. Klässler beginnt die Schule allerdings erst gegen 13 Uhr und endet gegen 19 Uhr. Manche Lehrer unterrichten hier von morgens bis abends. Am Abend bin ich mit Aleksei (er ist übrigens 20 Jahre alt) in ein japanisches Restaurant gegangen. Dort habe ich seine Freunde Dimitri, Lera und Irina kennengelernt. Ich habe mich ein bisschen wie in einem Verhör gefühlt, alle hatten sehr viele Fragen und haben mich ausnahmslos angestarrt. Vielleicht waren es aber auch einfach zu viele Eindrücke in den letzten Tagen und zu wenig Schlaf. Alekseis Freunde sprechen kein Deutsch, aber haben Englisch in der Schule gelernt. Normalerweise spreche ich auch Englisch, nicht gut, aber ich habe die Sprache solange ich denken kann – mehr oder weniger – „gelernt“. Gestern war es mir nicht möglich Englisch zu sprechen. Sobald ich etwas sagen wollte, kamen russische und deutsche Wörter aus meinem Mund und ich habe begonnen alle Sprachen zu mixen, das war wirklich verrückt! Völlig verstört bin ich nach dem Treffen nach Hause und war froh, dass meine Gastoma kein Englisch spricht! Nachdem sie mir das russische Fernsehprogramm präsentiert hat, bin ich todmüde ins Bett gefallen.

Nach meinem gestrigen ersten Arbeitstag, folgt heute direkt ein freier Tag. Donnerstags wird an der Schule fast kein Deutsch unterrichtet. Dennoch war ich früh auf den Beinen und bin in die Schule um einige Dinge am Computer zu regeln. In der Schule habe ich mein eigenes kleines Labor, in dem ich mich zurückziehen kann. Eine Lehrerin hat mich zum Mittag in die Kantine der Schule eingeladen. Dort saßen einige hungrige Schüler, die mich alle mit „Guten Tag“ oder „Herzlich Willkommen“ begrüßten. Jeder Schüler lernt an der Schule ab der ersten Klasse Deutsch. Den restlichen Nachmittag habe ich damit verbracht diesen Beitrag zu verfassen und mich auf eine Doppelstunde Deutsch in der 9. Klasse vorzubereiten.

Jetzt aber genug geschrieben. Gleich kommt Aleksei und wird mit mir in die Stadt gehen. Wir werden uns das Gebäude der Permer Oper ansehen und einen Internetstick für mich kaufen, damit ich hoffentlich noch heute diesen Beitrag hochladen kann.

 

Liebe Grüße aus der heute regnerischen Region Perm!

 

P.S.: Mein Tipp des Tages: Oft kommt man ohne Plan besser voran!

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