Ru(pp)mänien

Halbzeit

Anfang und Abschied, Berge und Baustellen, Zukunft und Zweifel. In meinem ersten Beitrag habe ich ein Abecedarium der ersten drei Wochen meines Freiwilligendienstes erstellt. Seitdem sind ungefähr 21 Wochen vergangen und nun fallen mir bei jedem Buchstaben viele neue Erlebnisse und Gedanken ein (na gut, bis auf C, X und Y vielleicht).

Ich war zum ersten Mal in meinem Leben an Weihnachten ohne meine Familie in einem anderen Land. Ich saß stundenlang im Unterricht, sowohl in der Lern- als auch als Lehrrolle. Ich habe interessante rumänische Städte besucht und wunderschöne Zeit in der Natur verbracht.

Jetzt ist es Ende März und der Frühling beginnt nicht nur auf dem Kalenderblatt. Die Bäume fangen an zu blühen, Vögel zwitschern und die Luft riecht frischer. Alles wird sonnig und hell und grün. In Rumänien ist der Frühlingsanfang sogar so besonders, dass es den Festtag „Marțisor“ dafür gibt. Am ersten März schenken sich die Menschen gegenseitig rot-weiße Bändchen mit Anhängern, die den Frühling symbolisieren. Aber zu rumänischen Feiertagen bei Gelegenheit mehr (höchst interessantes Thema).

Gewissermaßen befindet sich mein Leben gerade auch im Frühling. Ich fühle mich, als ob auch an mir grüne Blätter wachsen und Knospen sprießen. Woran das liegt? An zahlreichen Veränderungen: Mein Schulalltag spielt sich mehr und mehr in Präsenz anstatt vor dem Bildschirm ab. Ich bekomme neue Aufgaben und Herausforderungen. Und ich treffe Menschen – altbekannte und ganz neue.

Seit zweieinhalb Wochen bin ich nicht mehr die einzige Freiwillige in Oradea. Klara (https://kulturweit.blog/klarafallro/) wird nun das nächste halbe Jahr gemeinsam mit mir an der Schiller-Schule verbringen. Nun ist da eine Person, mit der ich Arbeitserfahrungen, Plăcintă-Liebe und Stadtspaziergänge unmittelbar teilen kann.

Außerdem habe ich gerade Besuch aus Deutschland: Meine Mutter ist hier und gemeinsam werden wir in der nächsten Woche noch einige Abenteuer erleben. Es ist wunderschön, nach so langer Zeit einen ganz besonderen Menschen wiederzutreffen. Und es zeigt mir, dass räumliche Distanz in vielerlei Hinsicht gar nicht so relevant ist, wie ich immer dachte. Manche Dinge verändern sich, manche bleiben aber auch genau gleich. Dieser Satz steht jetzt einfach mal so kryptisch im Raum.

Zurück zum Frühling und dem breiten Spektrum an Metaphern, das sich mir bietet. Bevor neue Blüten wachsen, vergehen die alten (ok, jetzt ist aber Schluss damit). Ob gewollt oder ungewollt – mit Anfang ist oft auch Ende verbunden. Es hieß also „La revedere!“ zu denjenigen Freiwilligen, die nur ein halbes Jahr lang kulturweit machen. Teilweise war es ein wirklich trauriges „Auf Wiedersehen!“.

Aller Abschied/Anfang ist schwer. Trotzdem ist Grün meine absolute Lieblingsfarbe und ich freue mich herauszufinden, welche Nuancen dieser Farbe mir der Frühling noch so bringen mag.

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