Ru(pp)mänien

Hieroglyphen, Kirchen und Entspannung

Wer meinen letzten Bericht gelesen hat, weiß, dass es in der Schulbibliothek wirklich viele Bücher gibt. Alle, die ihn noch nicht gelesen haben, dürfen gerne mal im ersten Eintrag unter Buchstabe B nachgucken. Aber so wichtig ist das eigentlich auch gar nicht, denn jetzt schreibe ich viel ausführlicher darüber. Immerhin habe ich in der letzten Woche meine Arbeitszeit hauptsächlich dort verbracht…

Die Bibliothekarin Aurelia ist immer schwer beschäftigt. Es kommen ständig neue Bücher hinzu, die von ihr ausgepackt, registriert und im Regal angeordnet werden müssen. Meine Aufgabe hingegen betrifft sozusagen das Gegenteil – ich schlage Zahlen in einem uralten Registrierbuch nach, trage diese dann in eine andere Liste ein und mache die Löschung der Bücher, die sich hinter diesen Zahlen verstecken, damit amtlich. Eigentlich keine schwere Angelegenheit – wäre da nicht diese praktisch unleserliche Handschrift in dem Registrierbuch. Manchmal dauert es mehrere Minuten, bis ich Titel und Autor*in eines Buches entziffern kann. Liebe Menschen, die ständig behaupten, dass ich eine Sauklaue hätte: Lest bitte einmal in diesem Registrierbuch, dann denkt ihr das nie wieder über mich.

Von solchen Kraftanstrengungen einmal abgesehen verlief meine Woche allerdings relativ entspannt. Die 5. Klasse lernt etwas über S-Laute und erfährt, wie „das“ und „dass“ richtig verwendet wird. Beim Vorbereiten dieser Stunden merke ich regelmäßig, dass meine Unterstufenzeit schon länger zurückliegt und ich viele Regeln gar nicht mehr kenne. Da fällt es mir leichter, etwas für die 8. Klasse vorzubereiten, bei der es vor allem um Leseverstehen und Textarbeit geht. Für die 12. Klasse hingegen ist es nicht mehr lang bis zur schriftlichen DSDII-Prüfung, weswegen wir hierfür fleißig am Üben sind.

Das Wochenende nutzte ich dann, um Oradea zu erkunden. Immerhin war es erst das zweite Wochenende, das ich in meiner Heimatstadt verbrachte, und es gab noch viel zu entdecken. So machte ich mich auf den Weg in die wunderschöne Altstadt und schaute mir die zahlreichen Kirchen an, deren Türme ich bisher nur von meinem Balkon aus gesehen hatte. In der griechisch-katholischen Nikolauskirche hatte ich dann eine sehr interessante Begegnung: Ein Mann, der scheinbar dafür zuständig war, die Kirche zu bewachen, zeigte mir alles – besser gesagt versuchte er es. Er konnte nämlich leider kein Englisch… und ich beherrsche immer noch zu wenig Rumänisch. Trotzdem nahm er sich bestimmt eine halbe Stunde lang Zeit und erklärte mir mit den immer gleichen Satzfetzen und Händen und Füßen etwas über die Heiligen, die Bauart der Kirche usw. Er schaltete sogar extra das Licht an, damit ich die Kirche und den Altar erleuchtet sehen konnte, und führte mich in eigentlich abgesperrte Bereiche. Seine Mühen und diese kleine Führung weiß ich sehr zu wertschätzen, obwohl ich leider nicht viel mehr als „barock“ und „Maria“ verstehen konnte. Ich muss wohl noch einmal zurückkommen, sobald mein Rumänisch etwas ausgereifter ist.

An Sprachkenntnissen mangelt es also immer noch sehr, aber dafür entwickle ich so langsam eine Orientierung in Oradea. Denn neben der Kirchenerkundung ging ich auch einfach nur spazieren und genoss das milde Herbstwetter und die vielen malerischen Fassaden der Stadt. Auch Wäschewaschen, Kochen und Backen kamen nicht zu kurz, sodass ich entspannt in die neue Woche starten konnte und nun endlich die Zeit finde, diesen Eintrag zu schreiben!

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