Sprachunterricht aus zwei Perspektiven

Rote, grüne und graue Äpfel

„Das ist Elefant. Das ist Radiergummi. Das ist Apfel“, erzählt er mir stolz. Ich bin beeindruckt. Das klappt heute doch schon richtig gut. Aber ich will natürlich noch mehr wissen. Lehrer haben immer noch mehr Fragen. „Und welche Farbe hat der Apfel?“. Große dunkle Augen schauen fragend, aber interessiert zurück. Mhh, er hat recht: In dieser Schule gibt es leider nur schwarz-weiße Kopien des Anfänger-Deutschbuchs. Der Apfel ist genau so grau wie der Elefant und das Radiergummi.

Ich versuche es trotzdem noch einmal: „Intsch guin…?“. Gut, dass ich gerade die gleichen Vokabeln lerne wie die Kinder: Farben, Tiere, Obst – was Kinderbücher eben so hergeben. Jetzt versteht er mich. „Garmir!“ – „Und auf Deutsch?“ – „Rot. Grün“. Läuft doch wirklich super heute. Da können wir gleich noch einmal Umlaute üben: „Mä, mö, mü“.

Granatapfel

Typisch armenisch: Ein roter Granatapfel

Ein paar Stunden später bin ich dran, auf die – diesmal bunten – Bilder eines Kinderbuches zu zeigen und nicht enden wollende Fragen zu beantworten. Es ist gut, dreimal in der Woche daran erinnert zu werden, wie schwer es ist, das Schreiben (neu) zu lernen. Kreise, Punkte, gerade und geschwungene Linien und immer dieses Gefühl, das blöde Zeichen noch nie und gleichzeitig schon hundertmal gesehen zu haben. Und warum sind Lehrer immer mit der Aussprache ihrer Schüler unzufrieden? Im Armenischen gibt es drei „r“-Laute. Gut, dass auf dem Tisch meiner Armenischlehrerin immer auch echte Äpfel stehen; nur die darf ich natürlich nicht essen, ohne zu sagen, welche Farbe sie haben.

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