Es ist viel passiert. Nicht nur mir in meinem kleinem Leben hier in Riga, sondern auch in dem kleinen Land Lettland. Das Unglück, was sich an einem Donnerstag-Abend in einem Supermarkt der weitverbreiteten Kette „Maxima“ abspielte, ist nun nach 2 Wochen ein bisschen verarbeitet. Doch für so ein kleines Land hat solch eine Katastrophe, das schwerste Unglück seit der Unabhängigkeit 1991, große Folgen. 3 Tage Staatstrauer und Erschütterung im ganzen Land. Die Opferzahl ist bei 2 Millionen Einwohner nicht gerade wenig, so dass jeder Lette eine Person, die sich zu dem Zeitpunkt im Supermarkt befunden hat, über mehrere Ecken kennt. Jetzt kommt auch noch hinzu, dass sogar der Ministerpräsident zurückgetreten ist – generell ist hier also sehr viel los im Moment.
Ich persönlich war an dem Katastrophenabend nicht in Riga, sondern gerade auf dem Schiff von Stockholm nach Tallinn –> Zwischenseminar. Also habe ich über eine andere Freiwillige aufgeregt erfahren, dass wohl gerade etwas Schlimmes in Riga passiert sei. So schnell geschieht es also- und man rechnet nicht damit, dass man selber einmal so nah an diesen schrecklichen Sachen dran sein kann, die in den täglichen Nachrichten gezeigt werden..
In dieser besagten Woche bin ich schon vorher Samstags mit 2 Freiwilligen (Katha aus Brest und Cleo aus Valmiera) von Riga aus Richtung Estland gefahren. Ein kurzer Zwischenstopp in Pärnu, 2. größte Stadt Estlands, welche im Sommer definitiv bestimmt noch mehr Charme beweisen kann, da es mit der Küste am Meer gute Sommerurlaubqualitäten aufweist. Trotzdem haben wir uns auch gerne Mitte November den Meerwind um die Ohren brausen lassen und sehr gefreut schließlich nach längerem vergeblichem Suchen das offene Wasser zu sehen.

Abends kamen wir dann mit dem Bus in Tallinn, der Hauptstadts Estlands an und wurden von Caro, die mich zuvor ja schon Riga besucht hatte, empfangen. Caro wohnt in Tallinn etwas außerhalb, also nicht in der Altstadt, sondern mit dem Bus ca 25 min entfernt in einem Studentenwohnheim. Allerdings haben die Tallinner Einwohner es ziemlich gut, da sie seit 2011 alle ÖPNV kostenlos benutzen können, weil sie in Tallinn wohnen. Schlussfolgernd war für mich auch zu beobachten, dass die Busse, die auch regelmäßig in alle Richtungen fahren, nie leer waren, sondern im Gegenteil echt gut genutzt werden. Andere Länder, andere Regeln.
Wir verbrachten zu viert ein paar schöne Tage in Tallinn: unter anderem besuchten wir ein Freilichtmuseum, sahen einen deutsch-franz. Film innerhalb der PÖFS (Internationalen Filmfesttage in Estland), ich besuchte Caro in ihrer Schule und ging in das Okkupationsmuseum, welches im Vergleich zum Rigaischen nochmal die Sichtweise auf die Geschichte bisschen verändert, aber trotzdem natürlich große Parallelen zeigt. Eine Free Tour durch die Altstadt (kostenlose Stadtführung) wurde natürlich auch gemacht – insgesamt war der Austausch untereinander natürlich spannend, wie unterschiedlich die Aufgaben in den verschiedenen Einsatzstellen und die Länder an sich sind.

Am Mittwoch begang dann das eigentliche Zwischenseminar, wofür wir nach Estland gereist waren. Halbzeit! Wir trafen die anderen Freiwilligen aus unserer Regionengruppe (Russland,Estland,Lettland,Litauen,Weissrussland) und unseren Trainer am Terminal zum Schiff Richtung Stockholm. Denn unser Seminar hielt sich 2 Nächte auf See ab, wobei am Tag (Donnerstag) Stockholm besichtigt wurde. Insgesamt durften wir den Luxus einer großen Essensauswahl und anderen Möglichkeiten, die ein Schiff so bietet, genießen und uns über unseren bisherigen Verlauf unseres Freiwilligendienstes lange austauschen. Stockholm zeigte sich eher regnerisch und grau, doch trotzdem bekam man eine Idee davon, wie schön die Hauptstadt Schwedens, besonders natürlich Gamla Stan, ist.

Wieder zurück in der anderen Hauptstadt (Tallinn) verbrachten wir noch 2,5 restliche Tage in unserer Gruppe im „Shnelli“ (unserer Unterkunft) und auch auf dem gerade eröffneten Weihnachtsmarkt im Herzen Tallinns.
Auf dem Seminar stand die Kommunikation untereinander und das Besprechen von Problemen und unseren Freiwilligenprojekten im Vordergrund. Am Sonntag hieß es also wieder Abschied nehmen, was nach einer solchen intensiven Zeit einerseits irgendwie wieder erleichternd war, nachdem man die ganze Zeit aufeinander gehockt hatte, andererseits aber natürlich auch traurig, da man manche evtl nicht mehr so schnell wiedersieht, da auch Freiwiilige, die 1 Jahr ihren Dienst machen an diesem teilgenommen haben.
Also ging es wieder Heim, nach Riga, wieder mit Cleo und Katha, da Riga gern als Zwischenstopp für Reisen genutzt wird :). Als wir an dem Freiheitsdenkmal vorbeiführen wurden wir auch direkt daran erinnert was zwischenzeitlich in diesem Land passiert war: es war überhäuft von Blumen.
Das Land befand sich noch in Staatstrauer, was an verschiedenen Stellen immer wieder deutlich wurde und zu spüren war.
Am Montag Abend war ich dann nach 11 Tagen Gesellschaft anderer Freiwilliger wieder alleine in meinem Zimmer. Doch trotzdem wurde es nicht langweilig, denn am Dienstag hatte ich meine erste Chorprobe im Schulchor! Vor dem Seminar hatte ich mich schon dem Dirigenten vorgestellt und musste mit einem Vorsingen (alleine) meine musikalischen Qualitäten beweisen. Nun habe ich 2 mal die Woche 90 min Chorprobe und habe viel Spaß dabei mit den Letten auch lettische Lieder zu singen. Am Freitag war sogar schon das erste kleine Konzert, an welchem ich auch schon mitwirken durfte. Welch ein Glück, dass ich auch schwarze Klamotten mithabe und also evtl nur durch meine Größe ein bisschen aufgefallen bin (so hoffe ich). Wir sangen morgens 3 dziesmas bei einer Schulveranstaltung, was für mich sehr aufregend war. Insgesamt stehen jetzt noch mehr Proben an, da wir in 2 Wochen auch ein Weihnachtskonzert haben werden.
Apropos Weihnachten: wenn ich durch die Stadt gehe sehe ich überall Tannenbäume. Hier wird auch nicht an Lichterketten gesparrt. Natürlich haben auch mittlerweile die Weihnachtsmärkte geöffnet, wobei der Glühwein von mir auch schon getestet wurde. Jetzt fehlt nur noch der Schnee! Ich warte schon drauf, hatte bis jetzt nur ein kurzes Schneeerlebnis, als ich am Samstag mit Freunden um Mitternacht auf dem Weg in die Altstadt war um die Lokalität zu wechseln und überraschend mit dicken Schneeflocken in der Kneipe ankam. Aber bis jetzt war es noch zu kalt, dass der Schnee liegen bleibt. Mal sehen, wann ich morgens das erste Mal im Schnee zur Schule stapfen werde…


