Latgale

Der Oktober neigt sich dem Ende zu. Was auch bedeutet, dass hier die Schulferien (1 Woche) begonnen haben.
Zunächst berichte ich aber noch ein bisschen von meiner letzten Woche:
Die Einzelstunden, die ich manchen Schülern unter der Woche gebe, machen definitiv Spass. Ein Highlight letzte Woche war eine Doppelstunde, die ich mit einem Schüler aus der 11. Klasse verbracht habe. Er lernt erst seit einem Jahr Deutsch, ist somit im Moment dabei die Basic bzw. sich einen Wortschatz anzueignen. Das Problem ist, dass seine Klasse allerdings schon viel länger Deutschunterricht hat, und er somit im Unterricht gar nicht mitkommt bzw. es schwer ist auf ihn Rücksicht zu nehmen. So habe ich die Aufgabe bekommen, mich mit ihm jeweils eine Doppelstunde lang zu beschäftigen und so hoffentlich sein Deutsch zu verbessern, da sich jemand mit ihm individuell beschäftigt und auf seine Kenntnisse eingehen kann.
So haben wir letzte Woche verschiedene Vokabeln besprochen (das 2. Mal, dass wir uns getroffen haben) und ich habe versucht ihm zu erklären, was diese Wörter bedeuten. Im Notfall gehen wir dann über die englische Sprache – doch es gab tatsächlich einige Wörter, wo ich selber das lettische Wort kannte (z.b. Blume – puķe), was mich insgeheim echt ein bisschen stolz gemacht hat – der Sprachkurs zahlt sich definitiv aus! :)
Außerdem wurde ich am Donnerstag von ein paar lettischen Schülern aus der 12. Klasse (sind also in meiner Altersklasse) zum Biertrinken in einen großen Lido (traditionelle Restaurantkette, die es hier in Riga mehrmals gibt und wo auch das Bier selber gebraut wird) etwas weiter draußen von Vecriga („Alt-Riga“) eingeladen. So fuhr ich mit 3 Letten in eine etwas eher nicht so schöne Gegend von Riga – der Lido befindet sich in einer Art Freizeitpark wo im Winter auch eine große Eislaufbahn aufgebaut wird und es sonst auch andere Vergnügungsgeschäfte (Karussell etc) gibt. In diesem Riesenlido tranken wir also Bier auf lettische Art und ich war wirklich angetan von der Freundlichkeit der Letten. Zunächst waren sie über mein Alter erstaunt, da ich ja eigentlich ihre „Lehrerin“ bin (Nein, ich bin keine Lehrerin, ich stehe halt nur manchmal vor ihnen in der Klasse und versuche ein bisschen deutsche Kultur in Lettland zu vermitteln). Doch was mich viel mehr erfreut hat war, dass sie wirklich die ganze Zeit auf englisch geredet haben – dabei war ich die einzige „Ausländerin“ und es hat mich auch nicht gestört, wenn sie dann etwas auf lettisch gesagt haben. Doch wenn einer etwas auf lettisch erzählt hat, hat ein andere direkt gesagt, dass er doch englisch reden soll (ich habe irgendwas mit „runajat angliski“ verstanden = „sprich englisch“).
Eher enttäuschend war es dann, als ich am Freitag in die Schule gegangen bin und keiner von meinen DSD-Schülern gekommen ist. Da DSD- Unterricht fakultativ, also freiwillig ist, kommt es öfters vor, dass manche Schüler fehlen und da diese Gruppe auch klein ist (4 Schüler) ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass ich dann dort alleine sitze. Freitags 8. Stunde vor den Ferien ist natürlich auch eine kritische Zeit, allerdings sind die Schüler am Anfang meiner Zeit hier auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich nicht noch mit ihnen extra Unterricht machen könnte, da sie in der normalen DSD- Zeit montags Sportunterricht haben. So habe ich ihnen dann 2 Einzelstunden unter der Woche angeboten, in denen ich mich mit ihnen extra treffe. Wenn dann keiner erscheint ist das natürlich in dem Moment irgendwie blöd – aber das ist Schule und das sind Schüler, damit muss man sich dann abfinden. Und da ich auch schon von ähnlichen Geschichten in anderen Schulen gehört habe (ne Cleo?), sehe ich es relativ gelassen.
Abends empfing ich dann wieder einmal Cleo in meinem Heim, da wir am Samstag morgen (7.40 Uhr um genau zu sein) den Zug nach Daugavpils nehmen wollten. Daugavpils ist die 2. größte Stadt Lettlands, befindet sich im Süd-Osten Lettlands, in der Region Latgale und ist sehr von Russen geprägt. Nach 4,5 Stunden Fahrt orientierten wir uns erstmal und nach dem Finden des Touristencenters (Ja, das gibt es dort sogar) starteten wir mit unserem Rundgang durch Daugavpils. Wir sahen viele Kirchen (katholisch, orthodox, evangelisch) und Statuen/Denkmäler. Leider war es eher etwas ungemütlich, da es ziemlich stark regnete. Aber nach 3 Stunden Erkunden im Regen fanden wir Unterschlupf in der Autoosta (Busbahnhof) und tauschten unsere Eindrücke von Daugavpils aus:

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Orthodoxe Kirche:

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Universität Daugavpils:

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Gefunden am Busbahnhof – warum sich dieser Bus dort verirrt hat konnten wir nicht herausfinden – Spass, Freude und Erholung!

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Wenn man etwas aus dem „Zentrum“ herausgeht, findet man viele Straßen, die jetzt erst richtig gepflastert werden. Daran merkt man, dass dort doch die Uhren noch anders ticken als in Deutschland.

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Links katholische und rechts evangelische Kirche (Leider hatten wir nie die Gelegenheit hineinzugucken, da sie geschlossen waren):

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Der nächste Stop unserer Tour war Rēzekne (2 Stunden Busfahrt entfernt). Rēzekne hat derzeit ca. 34000 Einwohner, wovon 50 % Russen, 44 % Letten und die restlichen 6 % anderer Nationen sind. Cleo und ich verbrachten die nächsten 2 Nächte bei einem Portugiesen, den wir über Couchsurfing kontaktiert hatten. Er macht in Rēzekne auch einen Freiwilligendienst als Gitarrenlehrer in einem ganz neuen Jugendzentrum (Sept. 2012 eröffnet).
Insgesamt verbrachten wir spannende Tage mit ihm – wir lernten viele internationale Leute kennen, die dort ein Erasmus machen oder auch einen Freiwilligendienst (Slowaken, Georgier, Türken, Franzosen, Spanier). Highlight war der Sonntagabend: an dem Abend zuvor hatte der „bekannteste“ Musiker aus der Stadt Cleo gefragt, ob sie nicht am Sonntag mit ihm ein kleines „Konzert“ in einer Bar geben will. Da Cleo wirklich unglaublich gut singt (was sie vorher schon mit unserem portugiesischen Host an der Gitarre bewiesen hatte) konnten wir sie für diesen Plan gewinnen. Nach anfänglicher Zurückhaltung des lettischen Pianisten sang Cleo also in dieser Bar, was besonders manche Russen, die schon ein oder zwei Wodka zu viel getrunken hatten, erfreute. Diese erfüllten in jeglicher Hinsicht den Stereotyp eines Russens.
Trotz 2 langer Nächte besichtigten wir beide auch noch die kleine Stadt und stellten fest, dass in Rēzekne viel Geld investiert wird für die Erneuerung und Modernisierung der Stadt. Z.B. das frischgebaute, hochmoderne Jugendzentrum; ein Konzerthaus (siehe folgendes Bild) und im Vergleich zu Daugavpils noch mehr im Wandel zu sein scheint :
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Befreiungsdenkmal Māra mit der Inschrift „Vienoti Latvijai“(= vereintes Lettland):

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Zu guter Letzt möchte ich noch eine Entdeckung mit euch teilen:

http://www.lonelyplanet.com/travel-tips-and-articles/lonely-planets-best-in-travel-2014-top-10-cities

Riga ist auf Platz 4 der Liste „Lonely Planet’s Best in Travel 2014 – top 10 cities“ gelandet – also wirklich empfehlenswert für einen Besuch: Kulturhauptstadt Europas 2014 mit der Euroeinführung zuvor in 2 Monaten.

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