Ein Kloster, Sowjetarchitektur und die Eremitage

Hier nun der letzte Blogeintrag über meine Zeit in St. Petersburg.
Am Montag spazierten wir gemütlich zum an der Newa gelegenen barocken Smolnyj-Kloster, das allerdings nie als solches genutzt wurde. Uns ging es aber vielmehr darum, den Turm der Kathedrale zu besteigen und den Blick über St. Petersburg schweifen zu lassen. Das an das Kloster angegliederte Smolnyj-Institut war nach der Oktoberrevolution Regierungssitz der Sowjetunion.

Am nächsten Tag machten wir uns auf die Suche nach Relikten der Sowjetunion und sind am schnurgeraden, 10 km langen Moskowskij Prospekt außerhalb des Stadtzentrums fündig geworden. Er war die geplante neue Hauptverkehrsader der ehemaligen Sowjetmetropole Leningrad und ein bewusster Kontrast zum Newskij Prospekt aus der Zarenzeit. Die gewaltige Straße wird von Fassaden im stalinistisch geprägten Baustil flankiert. Am Moskowskij Ploschtschad sollte der neue Hauptplatz bzw. das neue Zentrum St. Petersburgs entstehen. Geblieben ist eine riesige Statue von Lenin und das Haus der Sowjets. Der Moskauer Platz ist bis heute der größte der Stadt.

Der Tag unserer Rückreise ins Baltikum war total verregnet und weil der Bus erst um 20 Uhr gefahren ist, hatten wir genügend Zeit die Eremitage zu besuchen. Nachdem wir etwa eine halbe Stunde im Regen anstehen mussten, konnten wir endlich das Museum betreten, und dann auch noch kostenlos, weil wir „Studenten“ sind. Da hat sich der »kulturweit«-Ausweis direkt mal gelohnt. Die Eremitage ist eines der größten Kunstmuseen der Welt. Die Sammlungen verteilen sich auf die ursprünglich als Museum errichtete Neue Eremitage und den gesamten Winterpalast, der Hauptresidenz der Zaren von 1741 bis 1881. Wie ihr ja alle wisst, kann ich mich nicht allzu sehr für die Bildende Kunst begeistern. Dafür fand ich es umso toller, während des Rundgangs auch die Räume des einstigen Zarenpalastes zu besichtigen. Ansonsten wird man von der Masse an Bildern verschiedenster Epochen schier erschlagen. Aber immerhin hab ich jetzt z.B. mal einen echten Picasso, da Vinci und Rubens gesehen. Was will man mehr? Es wird behauptet, dass man 8 (!) Jahre brauchen würde um das ganze Museum anzuschauen, wenn man bloß eine Minute an jedem Kunstwerk stehenbliebe. Dabei sind überhaupt nur etwa 5 % der gesamten Werke ausgestellt!

 

Stadtjubiläum

St. Petersburg wurde am 27. Mai 1703 gegründet, was alljährlich für mehrere Tage mit einer Reihe von Konzerten und einer Parade auf dem Newskij Prospekt (Hauptverkehrsader) gefeiert wird. Der Bau der Stadt begann natürlich mit der Peter-Paul-Festung am Ufer der Newa und Zar Peter der Große plante und überwachte persönlich den Bau dieser Anlage. Der Zar wollte mit der Stadtgründung auf Sumpfgelände nahe dem Meer den Anspruch Russlands auf Zugang zur Ostsee durchsetzen.

Eine Bootsfahrt, die ist lustig

Eine Bootstour über die Kanäle und die Newa sollte man unbedingt gemacht haben, hieß es im Reiseführer. Also gut. Und es war wirklich sehr schön, auch wenn die einzelnen Dinge nur auf Russisch erklärt wurden. Dann eben nur von den Bildern beeindrucken lassen. Auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, die wichtigsten Petersburger Sehenswürdigkeiten zu sehen – ohne Schmerzen vom vielen Gehen.

Außerdem sollte auf keiner To-Do-Liste bei einem Petersburgbesuch die Öffnung der Brücken fehlen. Dafür muss man zwar lange wach bleiben, aber es lohnt sich allemal. Noch sind die „Weißen Nächte“ nicht vollständig da und es wird sogar noch dunkel – gegen 1 Uhr nachts – und hell dafür schon wieder ab 3:30 Uhr. Aus diesem Grund übermannte mich irgendwie nie diese krasse Müdigkeitsphase, wie ich sie in Deutschland oft während einer Party etc. habe. Sehr hilfreich für die Mission „Brücken gucken“. Alle Newabrücken (bis auf eine) werden nachts für einige Stunden hochgezogen, damit die großen Schiffe den Fluss passieren können. Wichtig zu wissen ist, dass nachts keine Busse und Metros mehr fahren und man gegebenenfalls bis 5 Uhr morgens auf einer Seite „gefangen“ ist, bis man wieder ans andere Ufer kann! Die meisten Touristen (stellenweise mit Bussen herangekarrt) beobachten zuerst ab kurz nach 1 Uhr die Öffnung der Schlossbrücke und ziehen dann weiter Richtung Westen zur nächsten. Ein tolles Spektakel! 🙂

Peterhof und Petersburg

Letzten Mittwoch besuchten wir geschlossen als Seminargruppe die Zarenresidenz Peterhof (Eröffnung 1723) mit seinem kunstvoll angelegten Park, etwa 30 km außerhalb der Stadt. Beim Anblick des Palastes und der zahlreichen Brunnen und Kaskaden musste ich unweigerlich an Versailles denken.

Am Nachmittag bekamen wir dann noch eine dreistündige Stadtführung durch St. Petersburg (oder Piter). Was ich vorher nicht wusste: Das Stadtgebiet an der Mündung der Newa in den Finnischen Meerbusen besteht aus insgesamt 42 (!) Inseln, die von zahlreichen Kanälen durchschnitten sind. Deshalb hatte ich oft eher das Gefühl in Venedig zu sein. Das Zentrum von St. Petersburg könnte zu jeder anderen europäischen Stadt gehören und hat mit „Restrussland“ so gut wie keine Gemeinsamkeiten. Vielleicht entschieden sich die Petersburger deshalb bei einer Volksabstimmung 1991 für die Rückbennenung der Stadt in St. Petersburg (statt Leningrad)?

Impressionen vom ZWS

Hier einige Fotos von unserer „anstrengenden“ Arbeitszeit beim Zwischenseminar in Strelna und St. Petersburg: