Vilnius und Trakai

Am Freitag bin ich mit dem Bus nach Vilnius gefahren, um die litauische »kulturweit«-Freiwillige Sabrina zu besuchen. Zwar waren zwei Tage nicht wirklich viel, aber ich hab trotzdem Einiges gesehen und feststellen können, dass mir Vilnius fast ein bisschen besser gefällt als Riga. Das Stadtbild wird von über 50 Kirchen bestimmt, weshalb Vilnius auch den Beinamen „Rom des Ostens“ trägt. Besonders gefällt mir die Lage der Stadt an zwei Flüssen in einer bewaldeten Hügellandschaft. So eröffnen sich von zahlreichen Stellen tolle Panoramen über die Dächer, was mir hier in Riga wirklich fehlt.

Gestern sind wir dann nach Trakai gefahren, einer Kleinstadt in der Nähe von Vilnius. Sie ist wegen ihrer mittelalterlichen Wasserburg ein Touristenmagnet und bildet den architektonisch bedeutendsten Verteidigungskomplex in Litauen. Die Gründung der Stadt Trakai im 13. Jahrhundert traf mit der des litauischen Staates zusammen, der 200 Jahre lang Invasionen des christlichen Europas widerstehen musste. Wir haben uns die Burg zwar nicht von innen angeschaut, dafür aber ein Ruderboot gemietet und den See unsicher gemacht. Zurück in Vilnius sind wir in die „Republik“ der Künstler Užupis gegangen, ein bisschen zu vergleichen mit der Kopenhagener Christiana (@Mutti: Du erinnerst dich?). Dann mussten wir aber auch schon bald zurück ins Studentenwohnheim, weil die EM gerufen hat. Das Deutschland-Spiel schauten wir gemeinsam mit Sabrinas internationalen Mitbewohnern u.a. aus Spanien, Griechenland und Kap Verde. Gefachsimpelt wurde meistens auf Englisch, aber geflucht in der Landessprache – ein amüsanter Abend. In der Nacht feierten wir dann ausgiebig den deutschen Sieg in einem Club. Und ich glaube, das letzte Bier muss schlecht gewesen sein. Ich kann mich nur nicht mehr so genau daran erinnern… 😉

Ein Kloster, Sowjetarchitektur und die Eremitage

Hier nun der letzte Blogeintrag über meine Zeit in St. Petersburg.
Am Montag spazierten wir gemütlich zum an der Newa gelegenen barocken Smolnyj-Kloster, das allerdings nie als solches genutzt wurde. Uns ging es aber vielmehr darum, den Turm der Kathedrale zu besteigen und den Blick über St. Petersburg schweifen zu lassen. Das an das Kloster angegliederte Smolnyj-Institut war nach der Oktoberrevolution Regierungssitz der Sowjetunion.

Am nächsten Tag machten wir uns auf die Suche nach Relikten der Sowjetunion und sind am schnurgeraden, 10 km langen Moskowskij Prospekt außerhalb des Stadtzentrums fündig geworden. Er war die geplante neue Hauptverkehrsader der ehemaligen Sowjetmetropole Leningrad und ein bewusster Kontrast zum Newskij Prospekt aus der Zarenzeit. Die gewaltige Straße wird von Fassaden im stalinistisch geprägten Baustil flankiert. Am Moskowskij Ploschtschad sollte der neue Hauptplatz bzw. das neue Zentrum St. Petersburgs entstehen. Geblieben ist eine riesige Statue von Lenin und das Haus der Sowjets. Der Moskauer Platz ist bis heute der größte der Stadt.

Der Tag unserer Rückreise ins Baltikum war total verregnet und weil der Bus erst um 20 Uhr gefahren ist, hatten wir genügend Zeit die Eremitage zu besuchen. Nachdem wir etwa eine halbe Stunde im Regen anstehen mussten, konnten wir endlich das Museum betreten, und dann auch noch kostenlos, weil wir „Studenten“ sind. Da hat sich der »kulturweit«-Ausweis direkt mal gelohnt. Die Eremitage ist eines der größten Kunstmuseen der Welt. Die Sammlungen verteilen sich auf die ursprünglich als Museum errichtete Neue Eremitage und den gesamten Winterpalast, der Hauptresidenz der Zaren von 1741 bis 1881. Wie ihr ja alle wisst, kann ich mich nicht allzu sehr für die Bildende Kunst begeistern. Dafür fand ich es umso toller, während des Rundgangs auch die Räume des einstigen Zarenpalastes zu besichtigen. Ansonsten wird man von der Masse an Bildern verschiedenster Epochen schier erschlagen. Aber immerhin hab ich jetzt z.B. mal einen echten Picasso, da Vinci und Rubens gesehen. Was will man mehr? Es wird behauptet, dass man 8 (!) Jahre brauchen würde um das ganze Museum anzuschauen, wenn man bloß eine Minute an jedem Kunstwerk stehenbliebe. Dabei sind überhaupt nur etwa 5 % der gesamten Werke ausgestellt!

 

Stadtjubiläum

St. Petersburg wurde am 27. Mai 1703 gegründet, was alljährlich für mehrere Tage mit einer Reihe von Konzerten und einer Parade auf dem Newskij Prospekt (Hauptverkehrsader) gefeiert wird. Der Bau der Stadt begann natürlich mit der Peter-Paul-Festung am Ufer der Newa und Zar Peter der Große plante und überwachte persönlich den Bau dieser Anlage. Der Zar wollte mit der Stadtgründung auf Sumpfgelände nahe dem Meer den Anspruch Russlands auf Zugang zur Ostsee durchsetzen.

Eine Bootsfahrt, die ist lustig

Eine Bootstour über die Kanäle und die Newa sollte man unbedingt gemacht haben, hieß es im Reiseführer. Also gut. Und es war wirklich sehr schön, auch wenn die einzelnen Dinge nur auf Russisch erklärt wurden. Dann eben nur von den Bildern beeindrucken lassen. Auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, die wichtigsten Petersburger Sehenswürdigkeiten zu sehen – ohne Schmerzen vom vielen Gehen.

Außerdem sollte auf keiner To-Do-Liste bei einem Petersburgbesuch die Öffnung der Brücken fehlen. Dafür muss man zwar lange wach bleiben, aber es lohnt sich allemal. Noch sind die „Weißen Nächte“ nicht vollständig da und es wird sogar noch dunkel – gegen 1 Uhr nachts – und hell dafür schon wieder ab 3:30 Uhr. Aus diesem Grund übermannte mich irgendwie nie diese krasse Müdigkeitsphase, wie ich sie in Deutschland oft während einer Party etc. habe. Sehr hilfreich für die Mission „Brücken gucken“. Alle Newabrücken (bis auf eine) werden nachts für einige Stunden hochgezogen, damit die großen Schiffe den Fluss passieren können. Wichtig zu wissen ist, dass nachts keine Busse und Metros mehr fahren und man gegebenenfalls bis 5 Uhr morgens auf einer Seite „gefangen“ ist, bis man wieder ans andere Ufer kann! Die meisten Touristen (stellenweise mit Bussen herangekarrt) beobachten zuerst ab kurz nach 1 Uhr die Öffnung der Schlossbrücke und ziehen dann weiter Richtung Westen zur nächsten. Ein tolles Spektakel! 🙂

Peterhof und Petersburg

Letzten Mittwoch besuchten wir geschlossen als Seminargruppe die Zarenresidenz Peterhof (Eröffnung 1723) mit seinem kunstvoll angelegten Park, etwa 30 km außerhalb der Stadt. Beim Anblick des Palastes und der zahlreichen Brunnen und Kaskaden musste ich unweigerlich an Versailles denken.

Am Nachmittag bekamen wir dann noch eine dreistündige Stadtführung durch St. Petersburg (oder Piter). Was ich vorher nicht wusste: Das Stadtgebiet an der Mündung der Newa in den Finnischen Meerbusen besteht aus insgesamt 42 (!) Inseln, die von zahlreichen Kanälen durchschnitten sind. Deshalb hatte ich oft eher das Gefühl in Venedig zu sein. Das Zentrum von St. Petersburg könnte zu jeder anderen europäischen Stadt gehören und hat mit „Restrussland“ so gut wie keine Gemeinsamkeiten. Vielleicht entschieden sich die Petersburger deshalb bei einer Volksabstimmung 1991 für die Rückbennenung der Stadt in St. Petersburg (statt Leningrad)?