Klaipėda und die Kurische Nehrung

Zur Info:
Die Kurische Nehrung schneidet sich wie ein riesiger Säbel, fast 100 km lang und im Schnitt weniger als 1 km schmal, durch die Ostsee. Dabei trennt sie das Meer vom Kurischen Haff, einer Süßwasserlagune, dreimal so groß wie der Bodensee. Berüchtigt und gefürchtet war sie jahrhundertelang für ihre Wanderdünen, den höchsten Europas, denn nach Abholzungen in der frühen Neuzeit begrub der Treibsand ganze Dörfer unter sich. Heute ist die Kurische Nehrung ziemlich genau in der Mitte geteilt: Der nördliche Teil gehört zu Litauen, der südliche zu Russland.

Wie sich vielleicht einige von euch erinnern können, haben Mutti und ich vor knapp zwei Jahren die russische Seite der Nehrung erkundet und nun folgte der litauische. Wir mieteten uns für zwei Tage ein Auto um flexibler zu sein und unterwegs anhalten zu können, wo wir wollten. Der erste Tag unserer Reise führte uns zunächst über den Berg der Kreuze und Orvydas Garten bis nach Klaipėda, wo wir günstig im 4-Sterne-Hotel übernachteten. Der Berg der Kreuze ist eines der wichtigsten nationalen Denkmäler Litauens und ein bekannter Wallfahrtsort. Er ist mit tausenden von Kreuzen jeglicher Art und Größe bedeckt (geschätzt ~200.000). Klaipėda (dt. Memel) bildete bis zum Ersten Weltkrieg den Nordostzipfel von Ostpreußen und liegt gegenüber dem nördlichen Ende der Kurischen Nehrung. So setzten wir am zweiten Tag unserer Reise früh morgens mit der Autofähre auf die Landzunge über. Vom Fähranleger ging es dann, immer wieder von kurzen Zwischenstopps unterbrochen, auf der alten nach Königsberg führenden Poststraße Richtung Nida (dt. Nidden), wo Thomas Mann von 1929-1932 ein Sommerhaus besaß.

Nachdem wir nun die gesamte Kurische Nehrung gesehen haben, bleibt zu sagen, dass der litauische Teil für unser Empfinden stellenweise zu touristisch ist. Auf der russischen Seite ist man fast allein unterwegs und kann die Ursprünglichkeit der Landschaft noch mehr genießen – ohne das stänidige Gesabbel v.a. anderer Deutscher hören zu müssen. Die litauische Nehrungsseite wirkt schon fast wie aus einem Bilderbuch und irgendwie etwas zu perfekt. Vermutlich wird sich der Tourismus in den kommenden Jahren aber auch im russischen Teil der Nehrung weiterentwickeln und die Zahl der Touristen stark zunehmen.

Stadtrundgänge

Seit Freitag ist meine Mutti zu Besuch, aber ausruhen kann sie sich hier nicht. Gleich am nächsten Tag sind wir nach Cēsis gefahren, einer kleinen mittelalterlichen Stadt im Gauja-Nationalpark. Hauptattraktion ist zweifelsohne die gut erhaltene Ruine der Ordensburg, die 1209-1224 vom Schwertbrüderorden errichtet wurde. Mehr als drei Jahrhunderte zählte sie zu den stärksten Festungen in Livland und galt als uneinnehmbar – bis Iwan der Schreckliche 1577 kam. Der im 14. Jahrhundert errichtete Westturm ist das beherrschende Gebäude der Anlage, in dem bis heute die inneren Räume und Treppen erhalten sind. Mit einer Laterne (mit Kerze) ausgestattet, konnten wir uns in die Dunkelheit der Burg wagen und sogar ins Verließ hinabsteigen, was in Deutschland rein sicherheitstechnisch nicht denkbar gewesen wäre. 😉

Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Rigaer Altstadt. Jede noch so kleine Gasse haben wir erkundet und sogar für mich war noch etwas Neues dabei. Nach knapp sechs Monaten habe ich es endlich geschafft, vom Turm der Petrikirche den Blick über Riga zu genießen. Faszienierend, vor allem jetzt, wo ich weiß, was ich da eigentlich sehe. Am Abend stand der Besuch des Sting-Konzerts in der Arena Riga auf dem Programm. Der Mann ist echt charismatisch und Gott sei Dank hat er auch einige alte Lieder (auch von The Police) gespielt, die wir dann wenigstens kannten und lauthals mitsingen konnten.

Zu meinem Geburtstag wollten wir gemütlich Pārdaugava (Stadtteile auf der anderen Seite der Daugava) erkunden und dann essen gehen. Leider fiel der Spaziergang buchstäblich ins Wasser und ging mit heftigem Donner zu Ende. Völlig durchnässt zogen wir den Restaurantbesuch im kleinen, aber feinen „Vīnoga“ vor.