Seit meinem Ausflug am Samstag nach Liepāja ist schon wieder einiges passiert. Sonntagabend war ich mit meiner polnischen Mitbewohnerin Aga und ihren Freunden auf dem Konzert von „SunSay“, einer ukrainischen Fusion-Funk-Reggae-Band (laut russischem Wikipedia). Der Sänger Andrey Zaporozhets war Mitglied der ehemaligen Band „5’nizza“ (sprich: Pjatniza = Freitag), die v.a. in Polen und anderen osteuropäischen Ländern sehr bekannt gewesen sein muss. Das Konzert hat mir sehr gut gefallen und auch die Vorbands waren total in Ordnung! Da hat es sich mal gelohnt, auf den „Tatort“ zu verzichten.
Leider musste ich am Montag schon kurz vor fünf Uhr in der Früh aufstehen, weil ich wieder als Freiwillige bei zwei von der Botschaft organisierten „Tagen der deutschen Sprache“ teilgenommen habe – diesmal in Rēzekne (Montag) und Daugavpils (Dienstag) mit Übernachtung in einem top Schullandheim in Daugavpils. Diesmal war die Organisation viel besser als in Talsi vor einigen Wochen. Wir hatten gestern sogar etwas Zeit, um uns Daugavpils anzuschauen. Daugavpils liegt genau wie Rēzekne in Latgale im Südosten Lettlands. Es ist mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes, wobei dort nur etwa 16% (!) ethnische Letten leben. Der Rest sind Russen (ca. 60%), Weißrussen, Ukrainer und Polen, die während der Sowjetherrschaft aus allen Gebieten der UdSSR angesiedelt wurden, um in den damals neu errichteten Fabriken zu arbeiten. Ich habe gestern also fast ausschließlich russischsprachige Menschen gehört – außer vielleicht an dem lettischen Staatsgymnasium. Die Stadt wäre also für mich besser geeignet, um mein Russisch zu verbessern, aber mit Rīga habe ich trotzdem Glück gehabt. Daugavpils ist eine triste Industriestadt, fast nur grau in grau, wie ihr auf meinen Bildern sehen könnt. Dennoch würde ich sie nicht als hässlich, sondern eher als anders bezeichnen! Ich plane auf jeden Fall, nochmal wiederzukommen, um die Stadt und ihre Umgebung etwas besser kennenlernen zu können. Es gibt nämlich in Daugavpils eine Zitadelle aus dem 19. Jahrhundert, die die einzige erhaltene Anlage ihrer Art in Osteuropa sein soll. Eine Stunde war dafür einfach zu wenig; wir haben uns eigentlich nur schnell von einem Hochhaus aus einen Überblick über Daugavpils verschafft.
Tja, und heute ist mein Namenstag (vārda diena), der im Leben der Letten traditionsgemäß eine wichtige Rolle spielt. Man könnte sogar meinen, dass der Namenstag als Festtag eine größere Bedeutung hat als der Geburtstag. Und so kam es, dass ich nach fast 24 gelebten Jahren zum ersten Mal Namenstag gefeiert habe – mit zahlreichen Geschenken (u.a. ein Bildband über das unentdeckte Lettland und Bernsteinschmuck) und kleiner Feier im Büro. Eigentlich müsste man das von jetzt an jedes Jahr machen… 😉 Allerdings war die Feier nicht nur für mich, denn unsere Ortskraft Ieva und auch mein Chef Markus hatten vor Kurzem Geburtstag. Wir haben also alles miteinander verbunden.