Zugegeben, ich hab nicht wirklich viel von den Feierlichkeiten der Lettlandrussen am Siegesdenkmal auf der anderen Flussseite mitbekommen, aber ich habe zumindest sehr viele alte und junge Menschen mit schwarz-orangenen Bändchen (Sankt-Georgs-Band), dem Symbol militärischer Tapferkeit im Großen Vaterländischen Krieg (= 2. WK), gesehen. Einige Autos hatten sogar riesige Aufkleber an den Türen, die auf den День Победы (dt. Tag des Sieges) hinweisen sollten. Und es ist nicht verwunderlich, dass der 9. Mai mal wieder die lettische Bevölkerung spaltet…
Ich war gestern auf dem Großen Friedhof, der nicht weit von meiner Wohnung ist, um nochmal genauer nach den Gräbern zweier bekannter Letten zu suchen. Obwohl ich alle zwei Tage durch den heutigen Memorialpark jogge, konnte ich die nämlich noch nicht entdecken. Das lag daran, dass sie an einem Kopfsteinpflasterweg liegen, auf dem ich aus Sicherheitsgründen nie laufe. Gestern habe ich die recht unspektakulären Gräber aber endlich entdeckt, mein Reiseführer hatte also doch nicht gelogen. Relativ in der Mitte vom Großen Friedhof befindet sich also das Grab von Krišjānis Barons (1835-1923), der als Sammler zahlreicher Dainas bekannt wurde. Direkt daneben liegt das Grab von Krišjānis Valdemārs (1835-1891), der als geistiger Vater des lettischen nationalen Erwachens zwischen 1850 und 1890 gilt.
Gegenüber des Großen Friedhofs auf der anderen Straßenseite grenzt der russisch-orthodoxe Pokrowfriedhof mit einem relativ großen Gräberfeld der Roten Armee an. Auf jeder Grabplatte und natürlich vor dem Denkmal für die gefallenen Soldaten des Großen Vaterländischen Kriegs liegen seit gestern zahlreiche Blumen, v.a. Nelken. Und ich habe mehrere Leute gesehen, die mit Klein- und Kleinstkindern dort hingegangen sind, um Blumen niederzulegen. So wird das doch irgendwie fragwürdige Andenken an den Tag des Sieges also noch an die nächste Generation weitergegeben. Sollte nicht irgendwann mal Schluss damit sein, besonders in Lettland, einem Land der EU?
Hier sind die Menschen mit Nelken in der Hand herumgelaufen und haben sie den alten Veteranen (und anderen alten Leuten) überreicht. Hier sind Autos dekoriert herumgejagt, bei denen man naiv an Fußballmeisterschaften denken konnte. Hier gab es ein Feuerwerk – bei fast vollständigem Tageslich um 22 Uhr… Ich bin irritiert darin spazieren gegangen. Zu ersten Mal musste ich mich sehr über die Russen wunden.
Waren bei dir in Riga auch ständig Sichel und Hammer abgebildet? Das war überhaupt die krönung.
Das mit dem Nelken überreichen an die Veteranen kenne ich aus Kaliningrad. Hier in Lettland habe ich das wie gesagt nicht wirklich mitbekommen. Vielleicht haben die das ja auch gemacht. Hammer und Sichel hab ich jetzt nicht explizit am 9.5. gesehen, aber es gibt zumindest einige Gebäude, an denen man das noch sieht. Feuerwerk war abends auch, aber es war zumindest nicht mehr hell draußen. Da bin ich echt schon sehr gespannt auf die nächste Woche, wenn ich das dann auch live erleben darf… 🙂