Der 16. März wird als Leģionāru piemiņas diena (Gedenktag der Legionäre) begangen, doch was hat es überhaupt damit auf sich? Ich möchte versuchen, es zu erklären.
Geschichte
Im Sommer 1941 eroberte die Wehrmacht das Gebiet der „Lettischen Sowjetrepublik“, wie Lettland unter der 1. Okkupation durch die UdSSR genannt wurde (s. Bericht Im Okkupationsmuseum). In vielen Städten bildete man zunächst Polizei-, Selbstschutz- und Ordnungsdienst-Bataillone als Hilfstruppen und für Polizeiaufgaben im Hinterland. Doch nach der Niederlage in der Schlacht von Stalingrad wurde beschlossen, die militärische Kapazität Lettlands zu nutzen. Im Februar 1943 befahl Hitler die Aufstellung einer lettischen SS-Freiwilligenlegion. Letten wurden aufgerufen, sich dem deutschen Krieg gegen die Sowjetunion anzuschließen und viele kamen dieser Aufforderung gern nach. Sie hatten die Hoffnung, mithilfe der Deutschen die Sowjetunion endgültig von Lettland fernzuhalten und nach dem Krieg ihre Unabhängigkeit wieder herstellen zu können und zu dürfen. Später handelte es bei den Angehörigen der Freiwilligenlegion aber nicht mehr nur um Freiwillige, denn dann unterlagen alle lettischen Männer der Wehr- und Arbeitsdienstpflicht. Zur Kennzeichnung trugen die lettischen SS-Männer ein Hakenkreuz am rechten Kragenspiegel sowie die lettische Fahne am linken Ärmel.
Insgesamt standen ca. 160.000 Letten während des Krieges in deutschen Diensten. Die meisten von ihnen gehörten zu eben dieser Freiwilligenlegion der Waffen-SS, ob freiwillig oder zwangsverpflichtet. Zwei lettische Divisionen, die 15. Waffen-Grenadier-Division der SS (lettische Nr. 1) und die 19. Waffen-Grenadier-Division der SS (lettische Nr. 2) waren am Nordflügel der Ostfront eingesetzt. Die 15. Division wurde im Juli 1944 zerschlagen, wieder neu aufgestellt und in Pommern vernichtet. Die 19. Division kapitulierte im Kurlandkessel und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo etwa 25 Prozent von ihnen umkamen. Den Überlebenden wurde nach der Strafe oder Amnestie die Rückkehr nach Lettland erlaubt, allerdings galt eine ehemalige SS-Zugehörigkeit als Makel, der einem beruflichen Aufstieg im Weg stand.
Die „Lettische Legion“ war für zahlreiche Operationen der Vernichtung der Bevölkerung auf den Territorien Lettlands, Russlands und Weißrusslands berüchtigt. Die Einheiten wurden für Massenerschießungen und zur Bewachung von Todeslagern und des Konzentrationslagers in Salaspils eingesetzt.
Gegenwart
Seit der Erneuerung der Unabhängigkeit Lettlands 1991 werden die „Legionäre“ von vielen als Freiheitskämpfer (gegen die UdSSR) angesehen und geehrt. Der 16. März, an dem 1944 die beiden lettischen Divisionen im selben Frontbereich kämpften, wird nun als Leģionāru piemiņas diena (Gedenktag der Legionäre) begangen. 1998/1999 war er sogar offizieller Gedenktag, musste aber auf Druck Russlands aufgehoben werden (man beachte schließlich die Gräueltaten der lettischen Legion gegen die russische Bevölkerung). Obwohl der 16. März kein offizieller Gedenktag mehr ist, zogen heute dennoch zahlreiche lettische Veteranen der Waffen-SS trotz internationaler Proteste durch Riga. Mit dem Marsch und einer Kranzniederlegung gedenken sie der rund 140.000 Letten, die im Zweiten Weltkrieg an der Seite Hitler-Deutschlands gegen die Sowjetunion kämpften. Erst gestern hat ein Gericht die umstrittene Kundgebung erlaubt. Damit hoben die Richter das von der Stadtverwaltung verhängte Verbot wieder auf (Zur Information: Der Bürgermeister Rigas ist Lettlandrusse.).
Was ich heute und in den letzten Tagen hauptsächlich mitbekommen habe, ist die Tatsache, dass dieser Gedenktag die lettische Bevölkerung spaltet. So waren auch heute entlang des Gedenkmarsches vom Dom zum Freiheitsdenkmal unzählige Gegendemonstranten mit teilweise sogar recht fragwürdigen Symbolen und Fahnen. Ein riesiges Polizeiaufgebot schützte beide Seiten voreinander. Doch ich hatte das Gefühl, dass die meisten Rigaer auch nur von außen das Geschehen beobachteten, so wie ich mit Kamera bewaffnet.
Interessant zu diesem Thema ist ein Artikel aus der Lettischen Presseschau.
Voll krasse Bilder. Sieht irgendwie auch ziemlich gefährlich aus – pass blos auf dich auf!!!